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Das Eichhörnchen und die Stilfrage.

Heute bin ich über einen Blog-Beitrag vom MC Winkel gestoßen. Seine Geschichte beschreibt er ein bisschen anders, aber ich bin sicher, dass auch der Winkel ein paar der Auswirkungen kennt, die ich hier bereits angesprochen habe: Kiffer für die Rebellion zum Beispiel und vielleicht stellt er auch seine Identität in Frage, so wie es viele unter uns getan haben. Winkel ist ein Blogger der ersten Stunde und ich verfolge sein Zeug schon eine ganze Weile. Er ist in seiner zweiten Woche und verspricht seine Leser auf dem Laufenden zu halten. Ich bin gespannt. Er geht, anders als ich, ganz offen mit seiner Geschichte um. Gut so – vielleicht lüfte ich irgendwann auch mal meine Identität und stehe zu meiner Geschichte. Bislang habe ich das Thema, vor allem im beruflichen Umfeld eher inkognito gehalten. Ich wollte einfach nicht in diese Kiffer-Schublade gesteckt werden. Schließlich war ich ja Business-Kiffer und nicht einer dieser zotteligen, dreadlockigen Verpeilten. Das ist keineswegs beleidigend gemeint, nur meine Interpretation der allgemeinen Wahrnehmung eines „Kiffers“.

Scheiße, es geht mir gut. Mehr als acht Monate sind seit meinem Einstieg in die Abstinenz vergangen und ich fühle mich mit jeder Woche besser. Für mich war der Joint zu Feierabend ein so elementares Ritual und ich war sicher, dass er mir gut tut. Für mich war das der richtige Weg den Stress des Alltags abzuschalten und in den Ruhemodus zu wechseln, quasi auf Knopfdruck. Eher auf Dreh am Rädchen, da ich stets BIC-Feuerzeuge mit Rädchen bevorzugte. Stil war immer ein Thema. Wenn ich billige Tokai-Feuerzeuge in Benutzung sehe, verdrehe ich noch heute die Augen. Stil war mir wichtig. Ich hatte auch nie mehr als drei Stummel im Aschenbecher. Hatte ich Besuch, aber ich Kippenrauchern stets einen eigenen Aschenbecher hingestellt. Ich wollte meinen Joint einfach ablegen können, ohne das gleich der Geruch stinkender, angesengter Filter in der Luft liegt. Ich hab Pfeifenraucher auch nie verstanden, die ihre Köpfchen einfach auf dem Tisch ausgeklopft haben, so dass der nach ein paar Pfeifendurchläufen aussah, wie bei Hempels. Nein Nein, bei mir war immer alles Tutti. Auch meine Joints sahen aus, als kämen sie aus der Fabrik: kein Knick und vor allem keine überlangen braunen Schamlippen, die entstehen, wenn das Papier über den Tipp ragt. Kann man doch abbrennen, oder besser einfach so basteln, dass der Tipp ein bisschen unten aus dem Joint rausguckt. Stil halt. Krümel, die beim bauen entstehen, habe ich nach dem Bauen mit der Blättchenpackung in eine kleine Schale gekehrt und nicht einfach auf dem Tisch gelassen. Aus dem Inhalt ließen sich fantastische Reste-Tüten bauen, die richtig geknallt haben. Keine Ahnung warum.

Heute kann ich über diese Interpretation von Stil, und mein Verständnis davon, schon gut lachen. Was war ich doch für eine Laberbacke. Süchtig war ich. All diese Ordnung und Einbildung von Sorgfalt und Klasse war nur die Stimme des Eichhörnchens, dass mir den Konsum schöngeredet hat. Klar, als Instrument hat das Gras seine Wirkung vollbracht. Mit dem ersten Zug war der Ruhemodus angeklickt und ich hab mich nicht mehr mit den Aufgaben des Tages, der Woche und des Lebens auseinandergesetzt. Für den Rest des Abends war Ruhe. Am nächsten Morgen habe ich dann mehr schlecht als Recht die wichtigsten Tasks abgearbeitet und mich zur nächsten Ruhephase durchgeschlagen. Abschalten ist wichtig und ich bin immernoch auf der Suche nach einer guten Möglichkeit dazu. Sport klappt perfekt. Wenn ich einen Ball in der Hand habe, ist alles andere ausgeblendet. Aber das ist eben keine Möglichkeit für den Abend auf der Couch, um das Gehirn ein bisschen zu beruhigen und die Gedanken langsam auf Schaf zu polen. Of mache ich abends ein Hörbuch, oder WDR5 an um ein bisschen Ablenkung zu haben und häufig erwische ich mich dabei, dass mein Gehirn trotzdem weiter die offenen Punkte meiner ToDo-Liste bearbeitet. Gras hat diesen Prozess einfach gestoppt. Ein Zug und es herrschte Stille.

Meine Lösung ist Organisation. Ich schreibe viel auf. Mache mir Listen mit Aufgaben für den nächsten Tag und versuche sie der Reihe nach abzuarbeiten. Das scheint zu helfen. Oft stehe ich Abends noch mal aus dem Bett auf und schreibe ein, zwei Dinge auf ein Post-It. Danach kehrt dann oft Ruhe ein, denn ich weiß, dass ich die Aufgabe notiert hab und nicht vergesse. Nach 8 Monaten Abstinenz beschäftige ich mich mit solch einfachen Lösungen. Aber Lösungen sind eben besser als Sorge über Unzulänglichkeit. Die hat nämlich in meiner Kifferzeit die Oberhand gehabt. Ich bin viel entspannter geworden und Sorge mich deutlich weniger. Kleine Schritte, große Schritte – schon am Anfang war mir klar, dass Arbeit auf mich wartet.

8 Monate sind ein Riesenerfolg, dass muss und darf ich für mich selbst anerkennen. Auch ein bisschen Stolz ist okay. Ich muss das Wort Stil neu definieren. Am Wochenende war ich seit langem mal wieder ernsthaft Klamotten kaufen, keine Sneaker, North-Face-Jacken oder bunte kurze Hosen, sondern Business-Outfits. Das hab ich nie gemocht, aber diesmal hatte ich Spaß dran. Mein Selbstverständnis wird besser. Business-Kiffer hab ich mich geschimpft. Der Kiffer ist Vergangenheit und jetzt bastele ich am Mann. In kleinen Schritten. Besser spät als nie.

Ich bin ein bisschen geheilt. Ich hab keine Angst vor einem Rückfall, wenn es passiert, stehen schon in diesem Blog viele Gründe, die mir sagen, dass der tägliche Joint am Abend eine enorme Bremse ist. Nein, ich fühle ich mit gut und freue mich auf Alles, was kommt. Weiter so.

Bleibt dran. Es lohnt sich. Euer Franzl.

Regeln sind für Pussies.

Zwischendurch hab ich schon Lust mal wieder richtig einen durchzuknallen. Ein bisschen Kraut in Tütenform drehen und schön abdampfen. Kein billiges Gras von der Ecke, sondern schönes, sauber angebautes holländisches White Widow oder Superskunk. Paffedipaff und ein bisschen Pass. Klebrige Finger. Dummes Gelächter. Abgefahren leckerer Kakao. Das ganze Programm.

Sorry, aber so ist das. Ich habe mich dagegen entschieden und bis froh und auch ein bisschen stolz, dass ich jetzt acht Monate durchgehalten habe. Und ich werde dieses Verlangen auch weiterhin unterdrücken. Aber ich will nicht verheimlichen, dass ich noch immer ab und zu Lust auf einen Joint verspüre. Ich kann gar nicht sagen, ob es die Lust auf den Rausch, oder die gewohnte Prozedur des Drehens ist, nach der ich mich sehne. Das Eichhörnchen sitzt also noch auf meiner Schulter, wie Towely das Handtuch. Komm, lass ma‘ kiffen! Soll es halt da hocken. Wahrscheinlich wird das blöde Hörnchen mein ewiges Maskottchen bleiben. Damit werde ich mich arrangieren müssen. Irgendwann wird der Versuch kommen: ein kleiner Joint und ein geselliger Abend und am nächsten Morgen der große Test. Reagieren Körper und Kopf dann, wie sie es so langen taten? Wird er mich zurückwerfen in alte Muster und gibt es doch die Chance die Sucht zu besiegen? Wir werden sehen. Irgendwann in ferner Zukunft. Noch sehe ich diesen Tag, diesen riskanten, aber notwendigen Versuch nicht. Ich bin noch viel zu nah dran an dieser ewigen Kreislauf zwischen dem letzten und dem ersten Joint. Ich will die Sucht besiegen, möchte wieder komplett unabhängig sein und selbst entscheiden wann ich mir was in die Birne zimmer.

Die allgemeine Meinung dazu ist, dass Süchtige wohl immer süchtig bleiben. Momentan ist das auch meine Meinung. Ich glaube nicht, dass ich „verantwortungsvoll“ kiffen kann. Ich tendiere dazu dem verfluchten Eichhörnchen einen Käfig zu bauen und mir eine Decke zu kaufen, die ich drüberwerfe, wenn das blöde Hörnchen zu laut und zu aufdringlich wird.

Denn für mich ist es klar: mir geht es schon nach so „kurzer“ Zeit deutlich besser. Besonders emotional fühle ich mich wesentlich ausgeglichener. Ich fühle mich leistungsfähiger, kompetenter und wacher. Es ist ein Dilemma. Zurück in den täglichen Konsum will ich auf keinen Fall. Bloß nicht noch einmal zehn Jahre verlieren. Nicht mal eine Woche will ich nochmal in diesem ewigen Halbrausch verbringen. Auf der anderen Seite schwebt da dieses ekelhaft konservative Gefühl des Verbots über mir. Wer bin ich denn, dass ich mir was verbiete? Was bilde ich mir ein? Ein Rebell bin ich doch. Regeln sind für Pussies.

Doch dieses Verbot bleibt aktiv. Für die gute Sache. Für ein gutes Leben. Ein Verbot für die Freiheit. Es ist paradox.

Statusbericht: 8 Monate.

Ich kann es kaum fassen. Es begann mit der ersten überstandenen Nacht, dann die erste Woche, der erste Monat, ein halbes Jahr und jetzt sind es also 8 Monate. Unfassbar. Jetzt bin ich so weit gekommen und eins weiß ich genau: ich möchte nicht zurück. Ich habe ein Leben als Kiffer geführt und bin endlich ausgebrochen aus diesem Zwang. Auch die Identitätskriese ist überwunden. Ich bin noch nicht fertig mit meiner Neuorientierung, aber ich bin halt kein Kiffer mehr. Und das fühlt sich ausgezeichnet an. Ich habe die Kraft mich neu zu orientieren und fühle mich stark genug neue Wege zu gehen – härter zu arbeiten als je zuvor und optimistisch in die Zukunft zu blicken.

Es fällt mir von mal zu mal schwerer in diesen Statusberichten Bezug zur Abstinenz zu nehmen. die Auswirkungen sind verschwunden. Die Stimmungsschwankungen sind weg. Ich bin nicht immer happy, aber definitiv zufriedenen. Ich schlafe gut, Träume regelmäßig, aber die Träume verwirren mich nicht mehr und die Erinnerung an die nächtlichen Eskapaden verschwindet spätestens nach der morgendlichen Dusche. Die Melancholie ist überstanden. Ich habe immernoch Sorgen und Ängste, aber die sind fass- und lösbar und sehr konkret. Ich kann mich ihnen stellen und auf eine Lösung hinarbeiten. Die Konzentration ist ebenfalls deutlich verbessert und ich habe das Gefühl, es wird wöchentlich besser.

Es fällt mir schwer allein die Abstinenz als Grund für meine Entwicklung über das letzte halbe Jahr zu sehen, aber es ist wohl so. Das sollte Euch allen Mut machen. Die Abstinenz ist nicht die Rettung, aber sie setzt neue Kräfte frei und kann der Wegbereiter für ein neues Leben sein. Das gilt wahrscheinlich für jede Art von Sucht. Es ist unglaublich befreiend nicht mehr an diesem Kraut zu hängen und ich denke oft daran, warum ich so eisern an meinem täglich High festgehalten haben. Es ist mir ein Rätsel. Für mich habe ich nun einen Weg gefunden, aber wenn ich nach einem allgemeinen Tipp gefragt werde, habe ich keine Antwort parat. Was hätte ich meinem 2007er Ich sagen können, um es von einem Ende zu überzeugen? Ich weiß es nicht. Ich hätte mich verprügeln können und trotzdem hätte ich danach einen Joint in mein verbeultes Gesicht gesteckt und hätte mich der Erbärmlichkeit dieser Szene hingegeben. Ganz sicher. Warum ich? Das war auch nach dem Ende der letzten Partnerschaft mein beherrschender Gedanke. Anstatt meine offenkundige Unfähigkeit, Schwäche und Unsicherheit zu erkennen und konkret zu bearbeiten, habe ich mich eingeigelt und klein gemacht. Habe mich selbst betrauert und die gemeine Welt verflucht.

Heute mache ich das anders. Und das gibt mir viel Mut. Ein kleines Beispiel vom letzten Wochenende. Aus dem Spiel statt aus der Liebe, aber ich finde es sehr passend. Die Situation ist folgende: Das erste Spiel der neuen Saison. Auswärts beim ärgsten Konkurrenten um den Aufstieg. Basketball ist auch so eine Art Liebe. Wir sind neun Punkte hinten, die letzten zwei, einfachen Würfe habe ich vergeben. Außer zwei Freiwürfen habe ich keine Punkte erzielt. Ich weiß genau, dass ich noch vor drei Jahren nicht das Selbstbewusstsein hatte, mich aus dieser Situation zu befreien. Doch in diesem Spiel hatte ich einen Moment. Nach dem zweiten Fehlwurf aus meiner Lieblingsposition laufe ich zurück in die Defense und fühle die Unsicherheit in mir. Scham. Angst vor dem Versagen. Aber heute kann ich die Scheiße für mich benutzen, mich zusammenreißen und mich darauf besinnen was ich kann. Ich klatsche also in die Hände, schüttele mich und konzentriere mich. Und was passiert? Ich fange direkt im kommenden Angriff des Gegners einen Pass ab, laufe nach vorn –  Pass – Korb für uns. Danach macht der Gegner drei Minuten keinen Korb und ich versenke vier Jumper in Folge. Wir führen und gewinnen schließlich. Meine Moral aus dieser kleinen Geschichte: Versteck Dich nicht hinter bedrückenden Emotionen. Du kannst spielen. Du kannst lieben. Du weißt, was zu tun ist. Nichts zu tun und die Unsicherheit gewinnen lassen führt nur noch tiefer in die Traurigkeit. Fehler passieren ständig. Nach jedem Fehler will ich mich schütteln und es erneut versuchen, mutig und selbstbewusst. Zweifel sind der Tod der Chance. Lieber versage ich aufrecht, voller Überzeugung als jemals wieder gebückt und bedrückt zu scheitern.

Schon wieder klinge ich wie eine billige Version eines Motivationskünstlers. Sorry. Tschakka, du schaffst es. Aber es ist leider so einfach: Es kommt eben doch auf die Haltung an. Warum sagt man über Frauen, dass sie immer die Arschlöcher bevorzugen? Weil Arschlöcher, unabhängig von IQ, Statur, Dichtheit des Haarschopfes und Penisgröße, selbstbewusst ihr Ziel verfolgen. Zweifler wirken immer kleiner als sie sind. Im ersten Eindruck misst sich Attraktivität eben durch Lautstärke und Sichtbarkeit. Wer sich selbst am liebsten unter der Decke versteckt, wird auch so wahrgenommen. Noch ein Beispiel? Egal, ich hau es raus. Auf Fotos habe ich wegen meiner Zahnlücke immer gern den Mund geschlossen gehalten. Schieß drauf. Seit diesem Sommer halte ich die Lücke madonnaesk in jede Kamera. Shice drauf. So sieht Franzl’s Fresse halt aus. Ich bin cool damit und das möchte ich auch ausstrahlen.

Also: Haut raus. Seid stolz auf Euch. Auf jeden kleinen Erfolg. Prahlt nicht, aber versteckt Euch auch nicht.

Meine Kifferei hat mir den Mut geraubt. 8 Monate haben viel davon zurück gebracht und ich will weiter daran arbeiten. Ich will nicht zum Arschloch werden, aber ab und zu will ich wie eins auftreten und zwar wie ein richtig Großes. Selbstbewusst und angstfrei! Vier Monate sind es jetzt noch bis ich mein Ziel von einem Jahr Kifffreiheit erreicht habe. Ich bin gespannt, welches Ziel ich mir dann setze. Bleib stark. Werdet stark. Seid stark.

Der Königsweg zum Glück.

Ich mag diese ganze Kiffer-Subkultur noch immer. Ich habe mich für einen grasfreien Weg entschieden und das ist für mich auch erstmal gut so. Aber ich bin weit davon entfernt, jedem vom Kiffen abzuraten. Ich will hier ehrlich sein – und dazu gehört es einzugestehen, dass ich tiefergehende emotionale Probleme über Jahre mit mir rumgeschleppt habe, ohne sie anzugehen. Und mit meiner Sucht habe ich die Verdrängung forciert. Ich habe auf morgen verschoben. Heute ist das alles für mich ganz eindeutig und ich habe keine Scham zuzugeben, dass ich belastet war und es auch noch bin. Ich habe mich für sehr stabil gehalten – emotional ausgeglichen und frei. Aber erst eine gescheiterte Beziehung und eine berufliche Unsicherheit, zusammen mit dem Stopp der Zufuhr meiner täglichen Dosis Medical Marihuana, haben die Wahrheit ans Licht gebracht. Ganz langsam und Stück für Stück wurde mir bewusst, dass ich mir etwas vorgemacht habe. Es war nicht das Gras, das mich emotional beschädigt hat – nein es war die Zeit der Verdrängung, die kleine Päckchen in große Lasten verwandelt hat. Unbemerkt in einem stillen Eckchen meines Kopfes. Meine Fresse bin ich froh, dass das letzte Jahr so gelaufen ist wie es eben gelaufen ist. Es hat mir die Augen geöffnet. Ich habe mehr als genug Zeit die Lasten langsam aber sicher abzuladen.

Ich möchte Euch ansprechen, ihr da draußen, die diesen Blog findet in einer Phase in der ich mich befand, als ich ihn startete: Scheiße, mein Leben gerät irgendwie aus den Fugen. Ich war fertig. Nach der ersten kifffreien Woche war ich nicht stolz, sondern völlig down. Desillusioniert. Verwirrt. Ich hatte Angst.

Seid aufmerksam. Unsere Geschichten sind alle unterschiedlich. Unsere Biografien ebenso. Und auch die Gründe, warum wir aufhören wollen zu kiffen variieren. Es gibt ihn nicht, den allgemeingültigen Königsweg für den Weg aus der Sucht. Sucht Euch Vertraute, denen ihr sagen könnt, was Euch belastet. Seid ehrlich zu ihnen und zu Euch selbst. Meist hat die Sucht einen tieferen Grund. Das klingt nach einer ganz schlimmen Floskel, aber es ist wahr. Der tiefere Grund kann auch nur eine kleine Pfütze sein – einmal feste reingetreten und die Welt ist wieder in Ordnung. Oder ist ein tiefer Graben und es muss erst eine Brücke darüber gebaut werden, ohne das man wüsste wie so etwas geht. Scheitern. Neu versuchen. Scheitern. Erfolg. Profis können helfen. Es gibt Menschen, die haben schon viele dieser Brücken gebaut und verfügen über Pläne, Material und Erfahrung. Vertraut Euch an. Vertraut Euch und Eurem Instinkt.

Wenn ich so zurückschaue wusste eigentlich immer, was mit mir los ist. Hätte mich jemand ins Gesicht darauf angesprochen, hätte ich es von mir gewiesen und als lächerlich abgetan. 7 Monate haben viel verändert. Es ist wahr. Und es soll Euch Mut machen. Packt die Scheiße an. Traurigkeit, Wut, Melancholie, Angst – lasst all diese Gefühle zu und hört genau hin. Hinter diesen Emotionen stecken die Probleme und auch die Lösungen. Wie oft bin ich in den ersten Wochen von dieser tiefen Trauer übermannt worden, die mich richtig gelähmt hat. Statt der Wohligkeit, wie nach dem ersten tiefen Zug an an der Tüte  zog eine dichte Wolke aus Traurigkeit durch meinen Kopf. Ganz plötzlich und doppelt so intensiv. Ich fühlte mich schwach, schlecht und nutzlos. Ich war ein kleines Häufchen Elend, von der Freundin verlassen und nahezu pleite. Ich armer kleiner Trottel. Ich hab mich extra klein gemacht. Ich wollte klein sein, zurück in Mamas Schoß. (Dabei muss ich wieder an Siggi Freud denken. Nie hab ich verstanden, was das für eine Theorie sein soll von wegen Mutter heiraten und Vater töten. Heute halte ich den Mann für den Superdenker überhaupt. Aber das nur am Rande.)

Kiffen oder nicht kiffen? Ihr wisst ganz genau, was der richtige Weg für Euch ist. Und wenn der Joint oder die Bong zum Instrument wird und ihr darauf spielt, um die Stimmen Eures Gewissens zu überspielen, dann – ja dann sollte die Antwort auf der Hand liegen. Ich hab so kraftvoll in die Trompete geblasen, dass ich jahrelang gar nichts mehr gehört hab. Ich hatte einen grünen Tinitus.

Kifft, oder hört damit auf. Beides ist der richtige Weg. Kiffen hilft und es schadet. Es ist Medizin und Droge. Freundin und Hure. Problem und Lösung. Ihr wisst alle ganz genau, was richtig für Euch ist. Tut es. Sammelt Kraft und legt los. Ich glaub an Euch. Euer Franzl.

Stress ist gut.

Ich sitze im Zug auf dem Weg nach Hause. Die ganze Woche schon wollte ich einen Text hier reinhacken, aber ich kam einfach nicht dazu. Ich hab den Arsch voll Arbeit. Und das ist großartig. Seit Jahren schon hoffe ich auf diese Situation. Sieben Monate bin ich clean und plötzlich ist es soweit. Und ich fühle mich bereit. Auf meinem Wecker hab ich die Zeit zurückgedreht, damit mein Tag länger wird.

Ist es Zufall, dass sich nun auch Erfolg einstellt? Hätte ich diesen Auftrag auch als Kiffer geholt? Und wäre ich überhaupt in der Lage gewesen das Ding auch durchzuführen? Ich weiß es nicht. Es ist zumindest fraglich. Meine Konzentrationskapazität hat sich definitiv verbessert. Meine Stimmung ebenso. Ich verspüre eine große Euphorie, wenn ich an den nahenden Start „meines“ Projekts denke. Ich hab richtig Bock. Lust zu arbeiten. Das ist auf jeden Fall neu.

Dabei denke ich zurück an vergebene Chancen. Kennt ihr die Zeile von Samy Deluxe: „Sollt‘ ich jemals wieder kiffen, hau ich mir ne Axt ins Bein!“? Ich mochte den Song, aber diese Zeile hab ich nie gerafft. War ich so blind? Hab ich mein Potenzial mit der Kifferei so sehr gebremst, dass ich keine Kraft mehr für Fortschritt hatte? Und jetzt bin ich entfesselt, oder was? So einfach kann es doch nicht sein.

Mein Kopf rattert. Ideen. Möglichkeiten. Ich werde mutiger und beginne ernsthaft an meiner Zukunft zu planen. Und irgendwie mache ich kleine Schritte in die richtige Richtung. Damals habe ich tagsüber viel geträumt: von Erfolg und Geld, von Liebe und Glück, von Möglichem. Jetzt tagträume ich viel weniger und plane mehr. Ich lege mir kleine Schritte zurecht und gehe die Dinger auch vorwärts. Ich war ne Ewigkeit nicht mehr richtig broke, also so am 21. mit dem letzten 50er in der Tasche broke.

Vielleicht wird das ja wirklich noch was mit mir. Wir werden sehen. Sollt‘ ich jemals wieder kiffen, dann weil ich ein Versager bin. Ja, so sehe ich das heute. Verpetzt mich nicht. Unfassbar, dass diese Worte aus meinem Mund kommen. Franzl der Kiffer ist voll anti geworden. Was’n Lappen.

Übrigens. Der Sommer ist zurück für seine letzte Etappe. Genießt den shit aus den letzten Sonnenstrahlen. Ich mach dieses WE nochmal einen kleinen Ausflug. Ich wünsch Euch ein Tolles.

Drücker,
Franzl.

Ein Abschiedsbrief.

Im Zuge der meiner Suchtberatung wurde ich gebeten einen Abschiedsbrief zu verfassen. Ich finde das eigentlich ein bisschen sehr theatralisch, dennoch möchte ich meine Version mit Euch teilen:

Liebe Mary Jane,

zehn Jahre waren wir ein Paar. Unzertrennlich wie Bonny und Clyde. Ich war der gute Junge mit den ehrlichsten Intentionen, war verliebt und grünäugig. Du warst meine Gaunerbraut. Eine kleine Rebellin, die meinem Leben ein bisschen Aufregung versprochen hat, ein bisschen Verruchtheit. Dein Geruch nach Hinterhof und hat mich fasziniert. Ich bin bürgerlich aufgewachsen, doch mit Dir an meiner Seite war ich plötzlich auch ein bisschen Ghetto. Ich mochte das sehr. Wir waren die zwei Geflippten und schwammen gemeinsam die Strömung. Wir haben Parties aufgemischt, Rentner verwirrt, Unruhe gestiftet und Regeln gebrochen. Ich habe die verstörten Blicke der Leute geliebt, wenn du inmitten der Meute auf Konzerten an meinen Lippen hingst und wir uns gemeinsam der Musik hingegeben haben. Für uns war das Alles ganz lockere Action, doch für die waren das gleich Skandale. Ohne mich warst Du eine stinknormale Blume und ohne Dich war ich nur einer dieser Spießer.

Meine „wilden Jahre“ habe ich mit Dir geteilt. Sicher werde ich meinen Enkeln irgendwann von Dir erzählen. Von den vielen Nächten, die wir uns um die Ohren geschlagen haben. Von den Geschichten, die wir erlebt haben. Es war, wie ein ewiger Rausch. Ich hab Dich verehrt und gegen jede Argumentation verteidigt. Mama mochte Dich nicht. Im Berufsleben habe ich unserer Beziehung sogar geleugnet. Es war eine wilde Zeit mit Dir und ich kann nicht beurteilen, wo ich ohne die Jahre mit Dir heute stünde. Erfolgreicher? Erwachsener? Glücklicher? Fuck it! Ich habe Dich verlassen. Ich bin Dir nicht dankbar und erwarte ebenso keinen Dank von Dir. Ich werde Dich nie vergessen, aber ich werde keine Träne vergießen, weil Du nicht mehr da bist. Wir sehen uns in der Hölle, Du Miststück. Ich bereue unsere Liaison nicht, aber sie war zu lang. Vielleicht hätte es als Fernbeziehung funktioniert. Als aber es ging bergab, als Du bei mir eingezogen bist. Jeden Tag konnte ich Dich einfach nicht ertragen. Ein intensiver Tanz alle paar Wochen – das hätte eine Lösung sein können. Die tägliche Dosis Mary, jeden Abend gemeinsam auf der Couch hocken und nix tun – das war unser Ende. Aus der wilden Tanzerei wurde in kürzester Zeit eine ermüdende Choreografie der Langeweile.

Wir hätten viel früher auseinander gehen sollen. Die letzten Jahre waren ein ewiger Krieg. Ich wollte weiterziehen, mich entwickeln und langsam erwachsen werden. Du wolltest immer nur tanzen, Spaß war alles was dich interessierte. Dabei waren unsere Tänze schon lange kein wilder Ritt mehr – eher eine Schlittenfahrt im späten März: matschig und stotternd. Veränderung hast du abgeblockt. Probleme waren Dir zuwider. Anstatt sie zu lösen haben wir uns verkrochen, sind den ganzen Sonntag im Bett geblieben und haben getan, was wir immer taten. Und wenn es brenzlig wurde haben wir den Kopf in den Sand gesteckt und abgewartet bis der Sturm vorbeigezogen war. Ich hätte früher gehen sollen, aber die gemeinsamen Stunden unter dem Bettlaken haben mich auch getröstet. Ich bin einfach nicht davon losgekommen.

Jetzt ist es also soweit. Ich gehe. Endgültig. Wir hatten unsere On/Off-Phase – aber auch das ist nun vorbei. Sieben Monate haben wir uns nicht mehr berührt. Ab und zu habe ich Dich mit Freunden tanzen sehen. Ich empfinde keine Eifersucht dabei. Es ist ihr Leben und vielleicht können Sie einfach besser mit Deiner Art zu leben umgehen. Es ist mir egal, ob sie das Bett mit Dir teilen, oder den Sonntagsblues. Ich will das nicht mehr. Und ich brauche es auch nicht mehr. Der Abschied war hart. Schlaflose Nächte und Albträume haben mich viele Wochen verfolgt, aber auch diese Zeit ging vorbei. Ich habe andere Mädchen getroffen und sogar einige Frauen. Ich war so fixiert auf Dich, dass ich gar nicht mehr wusste, was mir entgeht. Es geht mir gut und ich bin weitergezogen.

Mach’s gut. Du hast genug Freunde und wirst nicht lange alleine bleiben. Unsere Geschichten werde ich bestimmt noch häufiger erzählen, nur erleben möchte ich sie nicht mehr. Es ist bizarr: ich blicke mit Freude auf unsere gemeinsame Zeit zurück. Viele schöne kleine Erinnerungen verbinde ich mit Dir. Und dennoch verfluche ich Dich. Du hast meine Schwäche ausgenutzt und mich gefickt, im wahrsten Sinne. Obwohl ich wusste, dass unsere Verbindung zwecklos ist, habe ich daran festgehalten und bin immer wieder bei Dir gelandet. Thanks a lot, but now: go fuck yourself.

In Liebe und ewiger Verachtung,
Dein Franzl.

 

Kiffen konserviert.

Mit 32 bin ich aufgewacht. Nach vielen melancholischen Träumen habe ich endlich die vermottete Decke weggeschoben, mich aufgerichtet und bin aufgestanden, um mein Leben anzugehen, wie einen frischen Tag. Zehn Jahre lang hab ich schwierige Situationen einfach weggeraucht. Anstatt nachzudenken und eine Lösung zu suchen, habe ich mein Gehirn ausgeschaltet und die Situation hat sich als gegeben festgesetzt. die Gefühle waren immer die gleichen: Einsamkeit, Unzulänglichkeit und Unzufriedenheit. Und die Lösung war ebenso immer die selbe. Ein Joint. Und wenn der nicht half, dann halt noch ein dickerer Joint. Dabei war ich nichtmal wirklich einsam, unzulänglich oder unzufrieden. Ausbrechen konnte ich aus dieser Spirale nicht. Das Kiffen hat meinen Status konserviert. Ich habe mich zehn Jahre nicht wirklich weiterentwickelt. Natürlich habe sich in der Zeit viele Dinge verändert, ich habe dazugelernt, habe neue Dinge erfahren und bin „weiser“ geworden. Aber ich der selbe Junge geblieben, der damals aus Rebellentum und Spaß am Rausch begonnen hatte Gras zu rauchen. Die kindlichen Ängste und normalen Sorgen eines 20-jährigen haben sich über zehn Jahre zu einem ernsthaften Problem entwickelt. In einem halben Jahr habe ich diese Erkenntnis gewonnen und ich das ist für mich der beste Grund weiter dran zu bleiben.

Oft denke ich beim schreiben dieser Beiträge, ob ich da wirklich die Wahrheit schreibe. Es ist nichts gelogen, aber ich habe Schwierigkeiten mit dieser schwarz/weiß-Betrachtung. Es ist eben nicht so einfach, wie sich das oft liest. Es ist vor allem nicht so einschichtig. Und es ist es irgendwie doch. Junger Mann mit den üblichen Komplexen fängt an zu viel zu kiffen, vernachlässigt die wesentlichen Dinge des Erwachsenwerdens, wird traurig und driftet in die Melancholie ab. Für mich selbst kann ich sagen, dass ich einige dieser jugendlichen Sorgen wirklich verschleppt habe. Dinge, die ich in sieben Monaten Klarheit so nebenbei aussortiert habe. Es spielt dabei wahrscheinlich keine Rolle, welche Dimension diese Probleme haben. Bei mir waren es Kleinigkeiten, die mich aber sehr wohl beieinträchtigt haben. Scheiße, ich bin 32. Wo sind nur meine 20er hin? Naja, hätte – hätte – Fahrradkette. Es geht mir besser und ich habe jetzt die Kraft mich um all die Dinge zu kümmern, die mich so betrüben. Und ganz langsam lege ich den Rytmus ab, der sich über die zhen Jahre so eingespielt hat.

Ich bin auf dieses Thema „Konservierung“ gekommen, weil ich mich mit einem neuen Sucht-Berater getroffen habe. An dieser Stelle möchte ich Allen raten, die mit irgendeiner Suchtproblematik kämpfen: Sucht das Gespräch. Es ist erstmal egal mit wem. Aber Menschen, die sich täglich mit dem Thema an sich beschäftigen, haben ein paar Wahrheiten parat, die Euch wirklich die Augen öffnen können. Ich kann Euch auch die Diakonien empfehlen. Es ist keine Schande dorthin zu gehen. Es hilft. Aber zurück zum Thema Konservierung. Drogensüchtige entwickeln sich nciht weiter. Herr Friedrich Schiller, den ich hier schon mal erwähnte, hat eine ähnliche Laufbahn, wie ich hinter sich. Nach zehn Jahren Konsum, von denen er 8 Jahre in einer Beziehung war und vier Jahre seine Wohnung mit dieser Partnerin teilte, hörte auch er auf zu kiffen. Und was passierte? Die Beziehung krieselt. Die Konflikte und Meinungsverschiedenheiten blieben die gleichen, aber seine Wahrnehmung verändert sich. Er entwickelt sich weiter und stellt in Frage. Sich, und auch seine Partnerwahl. Ich fand das erstmal bizarr. Ich hatte das Gegenteil erwartet. Das er mehr Zeit für gemeinsame Aktivitäten aufbringt und sich die Beziehung stärkt. Ich war natürlich nie dabei, aber ich kann mir lebhaft vorstellen, wie er nach einer „Auseinandersetzung“ um eine Nichtigkeit die Tür seines Zimmer zumachte, drehte, inhalierte und die Situation einfach aussaß. Danach wütender Sex und nach einer Woche, oder acht ging das gleiche Thema von vorne los. Egal, er hatte ja seine Lösung gefunden. Jetzt diskuttiert er so einen Streit auch mal gerne aus, argumentiert und er erkennt, was er vorher nie erkennen konnte.

Ein anderer Bekannter kiffte durch. Ich kenne ihn seit der 5. Klasse und er lachte mich damals aus, als ich mit 13 meine erste Freundin hatte und Verabredungen zum Rumstreunern absagen musste, weil die „Alte“ dann grimmig wurde. Mit 13. Er ist heute ebenso 32, Mediziner. Sie ist ist Lehrerin. Die Bezihung seine erste und mehr als ein Dutzend Jahre alt. Und er steht richtig unterm Scheffel. Treffen wir uns und gehen irgendwo was essen, dauert es (keine Übertreibung) maximal zehn Minuten bis die erste von 40 SMS kommt, in denen sie um Aufmerksamkeit bettelt. Sie hat eindeutig Probleme mit Eifersucht, mit Ihrem Selbstbewusstsein und was weiß ich noch. Und er muss darunter leiden. Er spricht das auch aus, aber er hat sich irgendwie festgefahren in dieser Situation. Er darf Kiffen, obwohl sie es nicht tut. Und irgendiwe „funktioniert“ das Ding. Aber ich wette hiermit 100$, dass die Beziehung ein schnelles Ende findet, sobald er aufhört täglich zu kiffen. Erkenntnis ist ein Wort, dass ich hier oft gebrauche. Er erkennt, aber er versteht nicht. Oder er ignoriert, oder verdrängt. Was auch immer. Kiffen konserviert.

Das ist alles Westentaschenpsychologie. Aber schaut Euch in Eurem Bekanntenkreis um. Blickt auf Euch selbst. Ich werde das zukünftig noch aufmerksamer verfolgen und die Geschichten aufschreiben, die ich so beobachte. Süchtlinge können die klügsten, angenehmsten, offensten, freundlichsten und erfolgreichsten Menschen sein. Nur eine charakterliche Entwicklung – die geht Ihnen meist ab. Dabei geht es ja gar nicht darum ein anderer Mensch zu werden. Es geht eben nicht um VEränderung, sondern um Entwicklung. Schwächen zu Stärken machen. Weisheit über Klugscheißerei. Erwachsenenzeug halt.

Ich will mich entwickeln. Es geht weiter.

Statusbericht: 7 Monate.

So. Nun führe ich also schon 7 Monate ein kifffreies Leben. Die Zeit verfliegt und ich bin wirklich froh diesen Schritt gemacht zu haben. Die ersten drei Monate waren wohl auch die Härtesten. Melancholie, Schlafstörungen und wilde Träume haben die Anfangsphase bestimmt und ich musste mich wirklich durchquälen. Danach ging es stetig, aber langsam bergauf. Noch heute morgen habe ich in der Bahn auf dem Weg ins Büro an diese erste Zeit gedacht und viel schlapp und antriebslos ich mich gefühlt habe. Ich hatte wirklich keine Kraft mein Leben von jetzt auf gleich umzukrämpeln. Obwohl ich zu gern getan hätte. Mit jedem Monat wurde es dann ein bisschen besser und langsam konnte und bin ich die kleinen Dinge angegangen, die mich belasteten. Damit bin ich auch heute noch nicht fertig, aber ich blicke mutig nach vorn. Ich falle nicht mehr in diese Schwere, sondern schüttele mich kurz und weiter geht es.

Unter den treuen Mitstreitern hier gab es in der letzten Zeit ein paar kleine Rückfälle, genossene Tüten oder wie man es eben nennen mag. Ich finde es sehrt stark von Euch, dass ihr dazu steht und weitermacht. Weiter so. Das ist kein Beinbruch. Im letzten Monat schwebten mir auch ein paar Gedanken an dicke Tüten und einen wohligen Rausch durch den Kopf. Ich habe mich sogar gefragt, warum ich nicht mal Koks oder gar die Höchstform des Downers – Opium – probiert habe. Ob ich es mal probieren sollte. Ich bin ja nur ein Leichtmatrose von Rebell mit meinem bisschen Kifferei. Nein, es waren keine konkreten Pläne, eher Gedankenspiele. Wie ich schon mal sagte, ich lese viel momentan. Es ist manchmal noch anstrengend – besonders wenn ich gute Autoren lese, die lange das Geschichten erzählen übten und schlaue Sätze schrieben, die mein Gehirn aufreiben. Aber auch daran merke ich, dass mein Gehirn wacher wird. Ich bin aufmerksamer, kann Worte besser in Bilder in meinem Kopf verwandeln. Das Kiffen hat mich langsamer gemacht. Das muss ich heute eingestehen. Damals, als Kiffer hätte ich es mit einer wilden Handfuchtelei als Gruselmärchen abgetan. Aber es ist wohl so. Auf der anderen Seite ist die Quote der Süchtlinge, gerade unter Literaten besonders hoch. Seine Heroinjahre in Istanbul haben Jörg Fauer vielleicht erst zu dem Menschen/Schriftsteller gemacht, den ich heute so sehr schätze. Er hat die Sucht nach dem Harten Zeug hinter sich gelassen und plötzlich lief es. Ich will nicht ernsthadt eine Parallele ziehen, aber zumindest feststellen das Sucht auf keinen Fall ein Ende bedeutet. Es kann ebenso ein Anfang sein und möchte meine neue Situation sehen. Mein Anfang.

Es hat viele Wochen gedauert, aber ich bin jetzt stärker als die Sucht nach dem täglichen High. Ich will nie wieder in diesen Kreislauf zurück. Jeder Joint birgt die Gefahr, dass das Eichhörnchen wieder die Machtergreifung anstrebt. Das ist mir klar. Die Jungs, die heute noch kiffen, wie ich zu meiner Zeit, für die ist das letzte halbe Jahr einfach durchgerattert. Nichts hat sich verändert. Ich will jeden Tag Veränderung und dafür fehlt mir dauerangebreitet einfach die Power. Ich darf nicht mehr kiffen. Bislang habe ich es gut durchgehalten, aber irgendwann wird er wohl in meinem Mundwinkel stecken, der Rückfall. Hunderte gescheiterte Versuche habe ich schon hinter mir. Ich bin nicht besonders stark, nur weil ich es diesmal hinbekomme. Es sind auch diese Zeilen, die mir ein gewisses Maß an Verantwortung auferlegen. Ich bin so oft gescheitert, diesmal war die Zeit einfach reif. Das Jahr mache ich voll, da bin ich mir heute sicher. Danach höre ich mal in mich rein und werde sehen, was mein Kopf mir sagt. Heute kann ich mir den Moment gar nicht vorstellen, in dem ich an einer Tüte ziehe, so sehr habe ich mich angestrengt dieses Verlangen zu verdrängen. Vielleicht bleibt es ein Verbot auf Lebenszeit.

Wir werden sehen. Das ist alles Zukunftsmusik. Erstmal auf in den nächsten Monat.

 

Wie soll ich bloß mit dem Kiffen aufhören?

Sommer 2011. Morgens halb neun, ziemlich verknittert mache ich die Augen auf. Festival, ich liege in meinem Zelt und neben mir sagt mein Kumpel: Ey Franzl, du Freak, heute nacht bin ich zweimal von dem Klicken Deines Feuerzeugs aufgewacht. Ein Bier zum Morgenkaffee gehört auf Festivals allgemein zum guten Ton. Mein Kiffverhalten allerdings war auch in diesem Umfeld eher extrem. Stoned sein war für mich kein Rausch. Ich habe das hier schon oft geschildert, dieses dumpfes Gefühl war für mich eher medizinisch als berauschend. Auch zu Hause wurde es zu einem Ritual den letzten Joint am Abend nur anzurauchen und ihn dann neben dem Bett im Aschenbecher zu bunkern, damitich , wenn ich nachts aufwachte, einfach zugreifen brauchte, um drei vier tiefe Züge zu nehmen und direkt wieder einzuschlafen. Tiefer, komatöser Schlaf war das Ergebnis. Keine Träume und keine Zeit für Reflexion. Diese nächtlichen Joints sind heute für mich der größte Indikator für mein Suchtverhalten. Ich wollte sogar im Schlaf so richtig breit sein, könnte nicht einmal den nächsten Morgen abwarten.

Wie oft habe ich mir geschworen diese Kifferei einzustellen? Wie viele „letzte“ Tüten habe ich wohl geraucht? Und doch habe ich meist schon am nächsten Tag wieder den Dealer angerufen und ein bisschen Gras gekauft. Ich erinnere mich gut an diese Situationen. Ich komme zurück nach Hause, setze mich auf die Couch, packe meine Utensilienkiste wieder hervor und baue. Grinden, bröseln, rollen – und dann der erste Zug. Es knistert und ich lehne mich zurück und lasse die Dumpfheit zu. Der Druck der Selbstkontrolle geht in Dampf auf und wird in die Ungewissheit verschoben. Es war hoffnungslos, die Lage schien ausweglos und die Monate verstrichen. Immer wieder selbst auferlegter Druck und immer wieder Verrat an mir selbst. Ich wollte die Veränderung unbedingt, aber ich war zu schwach, meiner Identität nicht sicher und habe mich mit wirrer Argumentation selbst belogen. Scheiße ja, ich war unbelehrbar, habe die wohlwollenden, kritischen Stimmen aus meinem Umfeld mit Geschwätz abgetan und lapidar geantwortet: Was wollt ihr denn? Ich mache doch meinen Job, halte meine Wohnung sauber, lebe. Nur meinen engsten Freunden, die meist ebenso süchtig waren, habe ich meine wirkliche Lege geschildert.

Zwischen diesen Druckphasen hatte ich auch sehr positive Phasen, in denen es mir gut ging. Ich kiffte und ich schob meine Probleme vor mir her. Doch die Melancholie holte mich immer wieder ein. Ein neuer Versuch, erneutes scheitern – gefolgt von einer neuen Phase des Verdrängens. Das war mein Weg. Stur verfolgte ich diesen Kreislauf. Bis zu dem Tag, an dem ich ausbrach. Ich habe nichts anders gemacht. Wieder habe ich mir einen letzten Joint gebaut und gehofft, dass ich es dieses Mal durchziehe. Und statt am nächsten Tag wieder einen durchzuziehen blieb ich eisern. Ein Tag verging, die Nächte wurden hart und ich viel in ein unfassbar tiefes Loch. Ich war viel zu Hause in dieser Zeit. Die ersten zwei Monate war ich ein Wrack. Schweiß, Träume, die mir meine vergebenen Chance vor Augen hielten und tiefe Trauer bestimmten meine Welt.

Ich startete diesen Blog und begann mich mit meinen Gefühlen, Wünschen und Zielen auseinanderzusetzen. Und rubbeldiekatz ist heute. Ich will Euch Rat geben. Ich wünschte ich ein Rezept für den Ausstieg: einen kleinen Trick, der es einfacher macht aus der Sucht zu flüchten, den Kreislauf zu durchbrechen. Es ist ein Kampf, Euer Kampf. Ich war ein euphorischer, offener Extremkiffer ohne Gefühl für Illegalität, der das Kiffen zum lebensbejahenden Rebellentum deklarierte. Süchtig war ich auch, aber das erkenne ich erst heute. Gestern war ich stur und für morgen muss ich mir noch einen Plan machen. Es gibt kein Allheilmittel, ich kann nicht einmal sagen, wie ich es selbst geschafft habe. Ich habe gekämpft, viele Jahre als Kiffer und jetzt kämpfe ich als Abstinenzler. Ich kämpfe momentan nicht mehr gegen den Rückfall, sondern eher gegen meine Dämonen. Es geht mir sehr gut und ich habe Kraft für die kleinen Hürden des Alltags, blicke nach vorn, sehe Chancen und habe den Mut sie zu ergreifen. Ein Rezept habe ich nicht, aber ich kann Euch Hoffnung anbieten. Der Kampf lohnt sich. Ich habe viel über mich gelernt in dem letzten halben Jahr. Meine Sicht auf die Zukunft ist positiver geworden. Meine Gefühle sind deutlich klarer, in beide Richtungen empfinde ich deutlich bewusster.

Wenn es sich nach Verzicht anfühlt einen Joint nicht zu rauchen, dann kämpft. Verlieren ist keine große Sache. Jede Sekunde wird irgendwo auf der Welt eine kleine Schlacht verloren. Ein Sieg reicht und macht die vielen kleinen Niederlagen vergessen. Ich drücke Euch die Daumen,

Euer Franzl.

Suchbegriffe.

Ab und zu verirren sich Menschen auf diesen Blog, die wohl eigentlich ein anderes Ziel im Sinn hatten. Vielleicht habt ihr ähnlich viel Spaß daran, wie ich. Deshalb gibt es heute meine Top 3 der besten Suchbegriffe, über die Leute auf diesen Blog gestoßen sind:

  1. eichhörnchen wir gefickt
  2. der fünfer weed muss her
  3. nach bong kopf kacken

Ich fürchte für diese Suchanfragen konnte ich hier keine Ergebnisse liefern. Die Kombination Eichhörnchen und gefickt führt allerdings gleich zu vier Beiträgen. Ich muss meine Sprache wohl ein bisschen kontrollieren, oder mir zumindest mehr Synonyme fürs „ficken“ ausdenken. Nunja. Das halbe Jahr bis hier her hat mir sehr geholfen und zwischendurch gab es auch was zu lachen. Auf das nächste halbe Jahr. 

Grüße,

Franzl

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