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Versuchung.

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Es ist ein bisschen still geworden hier. Mein Ziel einen Beitrag pro Woche zu schreiben, erreiche ich momentan irgendwie nicht.

Nunja, die Stimmungsschwankungen legen sich immer mehr. Meine Woche war zwar wenig produktiv, aber ich ich habe viel Sport getrieben und fühle mich fit. Wie das Bild zeigt, genieße ich den aufkommenden Sommer. Heute habe ich einer großen Versuchung widerstanden. Eine sehr hübsche, mir bisher unbekannte Lehrerin saß mit uns am Strand und drehte sich nach ein bisschen BBQ und zwei drei Bier einen Joint. Ich mochte sie gleich und im letzten Sommer wäre diese Situation für mich das Paradies. Ihre Frage, ob ich den Joint mit ihr teilen möchte, konnte ich allerdings sehr leicht mit nein beantworten. Es ist nicht mehr meine Welt.

Es fällt mir nicht schwer dieser Versuchung zu widerstehen. Es war ganz leicht. Das ist gut.

Schönheit fehlt mir viel mehr als ein kurzer Rausch. Danach suche ich auch wieder aktiv. Auch das ist gut. Während meiner Kiffzeit habe ich diese Suche aus den Augen verloren. Ich wache langsam wieder auf.

Ich wünsche Euch ein schönes Pfingstwochenende. Bleibt stark,
Euer Franzl.

Statusbericht: 4 Monate

Puffpuffpass

Puffpuffpass

So. Vier Monate sind auch rum. Die Zeit vergeht auf jeden Fall immer schneller. Bei meinem letzten Statusbericht habe ich noch geschrieben, dass ich mich mit dem Wort „Depression“ auseinandergesetzt habe. Ich hatte Angst, dass sich diese Traurigkeit weiter manifestiert und ich abdrifte. In einen Strudel gerate, der mich in einen Abgrund zieht, dem ich nicht entfliehen kann. Das ist ja unter Kiffern kein unbekanntes Phänomen. Und Stimmungsschwankungen gehören wohl einfach zum Entzug dazu. Allerdings kann ich heute, nur einen Monat später, sagen, dass diese Angst erstmal unbegründet war. Diese Woche hatte ich einen Moment, der mich aufatmen lässt: ich setze mich auf die Couch und spürte diesen Rhytmus, der mich seit meiner Abstinez verfolgt. Ich atme tief, beginne mich schlapp zu fühlen und meine Gedanken driften richten Selbstmitleid. In diesem Moment jedoch wurde ich nicht traurig. Ich war klar und mir wurde klar, dass zwar nicht alles wunderbar ist, ich aber auch nicht traurig sein muss. Es fühlte sich einfach nicht mehr so schwer an wie sonst. Ich glaube, ich komme langsam wieder zu Kräften.

Aus kleinen Zielen werden jetzt wieder Größere. Das ist prima. Ich kiffe nicht mehr. Das Vorhaben wandelt sich in einen Status. So langsam verblassen die ganzen Erinnerungen an diese lange Phase des Kiffens. Die vielen Joints und die ganze Lebensweise, die damit einhergeht, verschwinden im Dunst der Vergangenheit. Abstand ist ganz wichtig. Die Zeit vergeht, ob ich nun täglich kiffe, oder nicht. Ich bin nur vier Monate kifffrei und die körperlichen und geistigen Veränderungen sind wirklich marginal. Aber ich gewinne Abstand zu diesem ganzen Zirkus. Ich sehe keine Kiffer mehr. Dabei kann ich gar nicht sagen, ob ich mich bewusst fernhalte, oder es sich einfach so entwickelt hat. Ein guter Freund von mir hat etwa zur gleichen Zeit aufgehört täglich zu kiffen. Er nimmt die ganze Sache etwas lockerer, hat in den vier Monate drei/vier Joints geraucht und überhaupt keine Probleme mit dem Verzicht.  Wir sprechen ab und an über unserer Eindrücke. Das hilft wirklich. Ich merke auch, dass meine Blog-Frequez abnimmt. Das möchte ich eigentlich nicht, aber es vergeht mittlerweile einfach auch mal eine Woche, ohne dass ich mich mit dem Thema auseinandersetze.

Thema Schlaf. Das hat sich immer noch nicht richtig eingependelt. Aber es stellt kein Problem mehr da. Einmal pro Nacht wache ich noch auf, so etwa zur Halbzeit. Und wenn ich keinen Termin hab, bleibe ich unter der Woche gern mal ne Stunde länger liegen. Aber ich denke, dass liegt auch daran, dass ich beruflich momentan nicht wirklich gefordert bin. Ich wünsche mir fast wieder einen blöden 40-Stunden-Job mit Anwesenheitspflicht. Aber das ist eine eigene Geschichte. Finanziell komme ich gut klar. Meine berufliche Situation werde ich ändern, aber ich will erstmal wieder happy und stark werden. Mein Job darf nie die Definition meines Ichs werden.

Aus innerer Freude kommt positive Austrahlung und daraus folgt Glück/Erfolg – je nachdem. Für mich ist es so einfach. Glückliche Menschen erkennen Gelegenheiten einfach besser und haben mehr Kraft sie zu ergreifen und festzuhalten.

Für alle Mitstreiter und Abstinenzler: Haltet durch. Ich dachte meine Welt bricht zusammen. Ich war zu Tode betrübt, im wahrsten Sinne. In dieser Zeit hatte ich Gedanken, die ich gar nicht ausprechen möchte. Ich hielt mein Dasein für sinnlos und dachte mir geht die Kraft verloren weiterzumachen. Ich zweifelte an mir, an allem was ich kann und darstelle. Traurigkeit bestimmte meine Tage und Abende. Einsamkeit erdrückte mich. Hoffnung war nur ein Schimmer. Sucht war Alles. Das Gehirn ist ein fragiles Gebilde, ich hab mich immer für stark gehalten und dennoch hat mir dieser Zustand die Kraft genommen. Bei mir war es eine Trennung, der Bruch mit meinem Vater und die Erkenntnis der Sucht, die kombiniert diesen Zustand ausgelöst haben. Es ist immer ein individuelles Problem, aber ich glaube die Auswirkungen sind immer sehr ähnlich. Ich befinde mich noch immer in dieser Phase der Neuerfindung und ich gebe mir alle Zeit der Welt. Aber ich möchte Euch sagen: die kleinen Erfolge werden kommen und ihr werde sie erkennen und Euch ehrlich darüber freuen. Diese kleinen Momente der ehrlichen Freunde sind wunderbar und sie nehmen mir die Angst vor allem, was noch kommt.

Vier Monate sind für mich heute nur noch eine kleiner Zwischenerfolg und mein Ziel erstmal ein Jahr kifffrei zu bleiben fühl sich schon lange nicht mehr so groß an, wie zu Beginn. Ich erinnere mich noch gut an die Anfangsphase, in der 12 Monate nicht mehr als ein Wunsch waren. An einen Rückfall denke ich schon nicht mehr. Jetzt habe ich andere Ziele und das macht mir Mut. Kiffen und die Sucht bestimmen nicht mehr mein Leben. Ich bestimme.

Ich habe die Sucht noch lange nicht ausgestanden, aber ich bin auf einem Weg. Einem Weg, der mich hoffentlich zu dem Glück führt, das wir uns alle so sehr wünschen. Es geht weiter, ich bleibe meinem Vorsatz treu und das fühlt sich gut an.

THC und OCB ist was ich dreh‘.

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Ich habe zur Studienzeit begonnen, professionell zu kiffen. Nach dem Abi bin ich zu Hause ausgezogen, habe für meinen Lebensunterhalt weitgehend selbst gesorgt und fühlte mich frei. Kiffen war Teil dieser Freiheit. Ich kenne es gar nicht anders. Daheim wird gekifft, auf der Couch gehörte der Joint einfach dazu. Leere Päckchen Papers habe ich in einer Box gesammelt. Anfangs aus Spaß , später im Gedanken an das Mahnmal, das diese Kiste heute für mich darstellt.

Zuletzt hab ich vor etwa zwei Jahren durchgezählt. Da war die Zahl der Joints, die diese Pakete repräsentieren schon deutlich fünfstellig. Eine unfassbare Zahl. Mehr als 10000 mal Rausch. Zehntausend mal klebrige Finger. Ebensoviele gerollte Tips. Meist die perforierten OCB-Tips. Nur im Notfall benutzte ich Laschen aus Kippenpackungen, geschnittene Kartei- oder Visitenkarten, oder andere unwürdige Alternativen. Zehntausend mal bröseln, Blättchen anfeuchten, zudrehen und anhauen.

Die Kiste ist Definition und Beweis meiner Sucht. Ich weiß gar nicht, wie man normal lebt, ohne in den eigenen vier Wänden ständig das gleiche Ritual zu vollführen. Kiffen war Definition von Heimat, Ersatz für Normalität und Entwicklung, die Verdrängung meiner Suche nach familiärer Wärme. Ich funktioniere gut allein. Aber das ist kaum eine Leistung, eher Gewohnheit.

All die kleinen und großen Erkenntnisse der letzten Monate überwältigen mich momentan. Ich bin froh, Vieles davon hier niederzuschreiben und hoffe, dass ich irgendwann Ordnung in den Wust der damit verbundenen Emotionen bringen zu können. Ich fühle mich noch immer zu schwach dafür.

Gemeinsamkeiten. Glück. Und Shit.

Fuck, heute habe ich mal wieder einen gemischten Tag. Ich hab mich extra in Schale geworfen heute: neue Schuhe helfen mir ungemein mich wohler zu fühlen. Trotzdem hatte ich heute Mittag einen üblen Durchhänger und musste mal zwanzig Minuten die Augen zu machen. So langsam schlafe ich besser, aber meist montags mittags überfällt mich regelmäßig eine nervende Schlaffheit. Ich fühle mich dann körperlich ausgezerrt, zittere leicht und mache mir große Sorgen um meine Konstitution. An Konzentration ist nicht zu denken. Nach einer Stunde und einem ekligen Mittagessen ging es dann wieder.

Jetzt ist es vier und ich habe meine Pflicht-ToDos für heute abgehakt. Die Bonus-ToDos auf meiner Liste verschiebe ich mal getrost auf wannauchimmer. Grund für diesen Eintrag ist ein Bericht, den ich heute mittag während meiner Mattheit gelesen habe. Es war ein Forum-Thread eines promovierten Wissenschaftlers, der mit 45 Jahren seine Kiff-Sucht erkannt hat und vier Monate Tagebuch über seinen Entzug geschrieben hat. Erst mit 45 Jahren hat er entdeckt, dass er wirklich süchtig ist. Er beschreibt in seinen Beiträgen, wie er den Kampf angenommen hat und man erkennt über einen Zeitraum von vier Monaten genau, wie sich seine Einstellung verändert. Er entfernt sich immer mehr von dem Glauben an eine harmlose Gewohnheit hin zu einer Überzeugung, dass Cannabis Auslöser vieler verdrängter Probleme ist. Sehr spannend. Wer sich dafür interessiert, kann die Texte hier nachlesen. Der Thread endet abrupt im Januar 2010. Simon, ich hoffe es geht Dir gut und Du bist stark geblieben. Falls Du zufällig auf diesen Blog stößt, melde Dich mal kurz. Gerade in dieser Geschichte habe ich viele Parallelen zu meiner eigenen entdeckt. Erst nach mehr als drei Monaten entdeckt er seine Traurigkeit, so ging es mir auch. Leider endet die Geschichte auch zu dieser Zeit. Naja, ich schreibe nun meine auf und hoffe weiterhin Menschen zu inspirieren sich mit Ihrer Sucht auseinanderzusetzen. Mir hilft es ungemein von Erfahrungen zu lesen und meine eigenen aufzuschreiben.

Ich habe mittlerweile viele dieser Forenbeiträge gelesen und bin immer wieder erstaunt über die Gemeinsamkeiten, die uns Abstinenzler verbinden.

1. Schlafen und Träume

Es beginnt mit Schlafstörungen, die mal nach einer Woche vorbei sind oder sich auch mal Monate lang ziehen. Einschlafen ist bei den meisten schnell kein Problem mehr. Durchschlafen können wohl nur die wenigsten in dieser Phase. Ich habe ja bereits beschrieben, dass ich oft nachts aufgestanden bin, um im Wohnzimmer eine Kippe zu rauchen. Und das oft mehrfach. Das mache ich übrigens noch immer, aber meist nur noch einmal pro Nacht.

In dieser Zeit kommen dann auch die Träume wieder und mit Ihnen die Auseinandersetzung mit der eigenen Gedankenwelt. Wirre Träume, Albträume und Träume in denen die Abstinenz gebrochen wird wechseln sich ab. Diese Phase geht zu Ende, wann scheint individuell verschieden.

2. Traurigkeit und die Frage nach der eigenen Identität

Ist die erste Phase überwunden, kommt oft die Frage nach der eigenen Identität und Reue. Ich frage mich seit Wochen, warum ich so lange am Gras festgehalten habe. Ich habe viele schöne Erinnerungen aus dieser Zeit, aber die hätte ich natürlich auch, wenn ich nicht dauerstoned durch die Welt gelaufen wäre. Das Gefühl, so viel verpasst zu haben und mich nicht wirklich weiterentwickelt zu haben wurde immer stärker. All das führte zu einer tiefen Traurigkeit. Selbstmitleid hat mich oft geplagt. Ich armer Franzl. Warum habe ich es so schwer?

3. Wendung der eigenen Argumentation

Einhergehend mit der Reflexion des Selbst kommt meist auch ein Turnaround in der Argumentation. Der Glaube an die Harmlosigkeit von Gras schwindet und weicht der Erkenntnis, dass der langjährige Konsum doch Spuren hinterlassen hat. Ich bin immernoch der Meinung, dass Cannabis eine eher weiche Droge ist, aber ich rate jedem zur Vorsicht. Sucht ist übel und es ist ein langer und harter Prozess sich davon zu lösen. Es gibt sie, die Genuss-Kiffer. Aber auf jeden verantwortungsbewussten Kiffer kommen sicher 10 Süchtlinge, wie ich es bin.

Wie oft ich schon gesagt habe: Morgen ist Schluss und trotzdem habe ich mir tags drauf ein neues Paket Verdrängungskraut besorgt und den Verzicht auf wannauchimmer verschoben. Es geht mir noch schwer über die Tasten, aber ich glaube: nur komplette Abstinenz funktioniert für mich. Fuck. Werde ich nie wieder kiffen? So soll es sein!

4. Erkenntnis

Wie gesagt, ich habe mittlerweile viele Geschichte gelesen. Darunter Kids, die sich schon mit 15 alle Perspektiven verkifft haben. Sich den Schulabschluss verbaut haben, die erste Liebe verpassten und mit Anfang 20 sehr verzweifelt den Ausstieg versuchen. Viele Geschichten sind darunter gewesen, die sehr meiner eigenen gleichen. Jungs oder Mädels, die relativ spät anfingen und nach jahrelangem Konsum plötzlich merken, dass sie süchtig sind, Probleme haben und irgendwie traurig sind. Oder eben Erwachsene, die nach mehr als 20 Jahren die Erkenntnis überfällt, dass ihr Leben so irgendwie nicht funktioniert. Eins verbindet uns alle: eben diese Erkenntnis, dass wir ein bisschen aus der Spur geraten sind. Dabei spielen Alter, Geschlecht und Erfolg offenbar keine Rolle.

5. ? 

Ich weiß nicht, was jetzt noch kommt. Ich bin froh, nicht stolz, dass ich soweit gekommen bin und werde weitermachen.

Life is a bitch. Wir alle haben Tagträume und Erwartungen an unser eigenes Dasein, die meist nicht erfüllbar sind. Heute finde ich das okay. Ich bin bescheidener und realistischer geworden. Träume sind schön, aber die Erkenntnis, dass das Leben eben auch mal Scheiße ist darf uns nicht betrüben. Meine Reise durch Asien hat mir sehr die Augen geöffnet. Ich habe viele Vorteile genossen, allein dadurch, dass ich in Deutschland aufgewachsen sind. Viele Probleme, die viele Menschen auf der Welt jeden Tag erleben, habe ich nie kennenlernen müssen.

Auf der anderen Seite steht folgender Satz: Jemandem zu sagen, dass er nicht traurig sein soll, weil es viele Menschen auf der Welt schlechter haben ist genauso, als würde man argumentieren: du kannst auch nicht Glücklich sein, weil es viele Menschen besser haben.

Probleme und Traurigkeit sind real, egal welche Ausprägung sie haben. Meine Traurigkeit ist real. Ich kann sie nicht einfach abschalten. Trotzdem ist sie nicht unheilbar. Ich nehme mir viele Dinge vor. Einige Punkte auf dieser ToDo-Liste werde ich irgendwann abhaken können. Andere nicht. Shice drauf. Dann soll es eben nicht sein. Ich muss weiter nach meinem persönlichen Glück suchen.

An dieser Stelle mal was persönliches: Ich wünsche Euch allen von Herzen alles Gute. Kämpft Euren Kampf. Ich hoffe ihr findet, wonach ihr sucht. Ohne Sucht. Findet Glück und friede mit Euch selbst. Und Danke. Danke für Euer Feedback. Danke, dass ihr Eure Gedanken mit mir teilt. Danke.

Franzl, der Kiffer!

Wer bin ich eigentlich? Ich hatte immer ein klares Selbstverständnis. Als Kiffer war ich offen, hatte keine Schwierigkeit mit großen Gruppen. Habe ungehemmt fremde Leute angesprochen und stand oft im Mittelpunkt der Gruppe. Die letzten zehn Jahre war ich überall einfach der Kiffer. Der lustige Typ, der immer eine Idee im Kopf hat und halt zu jeder Gelegenheit seinen Utensilienbeutel rausholt und einen dreht.

Es gab wirklich keine Aktivität, die ohne Kiffen auskam. Vor dem Kino wurde selbstverständlich einer geraucht. Selbst im Kino habe ich schon gekifft. Auf Konzerten habe ich immer gekifft. Mitten in der Menge: wen stört das schon. Wer freundlich guckte, mit dem teilte ich den J auch immer gern. Ich kann mich an ein Fanta 4 Konzert erinnern. Vor der Halle in Halle fragte ich jemanden nach einem Blättchen. Meine waren schon aus. Und was passiert? Er machte eine Kippenpackung auf. Darin waren statt Kippen zehn Vorgedrehte und er bot mir einen an. Kiffer sind doch alle homies dachte ich damals und genoss den geschenkten Joint.

Ich war nie ein „Gamer“. Doch auf GTA Online bin ich mit meinen Kifferjungs eine zeitlang richtig hängengeblieben. Wir haben den ganzen Sonntag damit verbracht in Liberty City abzuhängen. An diesen Sonntagen habe ich oft mehr als zehn Tüten mehr oder weniger am Stück geraucht. Die ganze Zockerei war nur einen Rahmenprogramm für den sonntäglichen Kiffmarathon.

Jede Aktivität war nur „richtig“, wenn zwischendurch Zeit für einen Tüte war. Selbst als ich einmal mit dem Rad von Frankfurt nach Köln gefahren bin, zwei Tage à 120 Kilometer am Rhein entlang. Selbst auf dieser wunderbaren Tour habe ich unterwegs halt gemacht und gemütlich gekifft. Skiurlaube waren Kiffexzesse. Schon im Auto auf der Hinfahrt haben wir mehrere Tüten geraucht. Selbst im Sessellift habe ich gebastelt. Basketball im Sommer auf dem Freiplatz: klar kiffe ich zwischendurch einen. Besser gespielt habe ich dadurch sicher nicht.

Mein Leben bewegte sich von Joint zu Joint. Und ich merkte dabei überhaupt nicht, dass es sich im Kreis drehte. Ich habe mich keinen Millimeter weiterentwickelt. Unfassbar. Heute, nach drei Monate Abstinenz und intensiver Auseinandersetzung mit meinen Schwächen und Ängsten habe ich das Gefühl kein Selbstbewusstsein mehr zu haben. All diese oben beschriebenen Aktionen habe ich mit einem Lächeln auf dem Gesicht erlebt – mich gut und sicher dabei gefühlt.  Ich fühlte mich stets ein bisschen erhaben. Vom „gewöhnlichen Pöbel“ abgehoben. Sollten sie doch ihr steriles Leben führen.

Jetzt fühle ich mich schwach und allein. Traurigkeit bestimmt mich. Sie nimmt mich auch körperlich ein, ich fühle mich schwach und klein. Ich versuche meinen Körper zu kräftigen. Gesund zu essen. Viel Sport zu treiben. Ich bin ein starker 30-jähriger, doch ein Mann bin ich noch nicht. Die vielen Joints habe ich mich in meiner Entwicklung behindert, soviel ist klar. Ich bin finde mich auf einem Scheideweg, möchte nicht in Melancholie versinken, sondern wieder beginnen zu leben. Jetzt einen Joint zu rauchen, würde diese Traurigkeit manifestieren. Ich bleibe clean, aber ich muss einen Weg heraus finden. Ich muss mich neu erfinden. Nur: wer will ich sein? Ich weiß es noch nicht.

 

7 Stunden REM-Schlaf

Ostern ist durch und tat mir gut. Den Feiern meiner kläglichen Familie bin ich aus dem Weg gegangen. Dafür bin ich viel gelaufen und hoffe den Rhythmus jetzt wieder beibehalten zu können. Sport tut wirklich gut. Außerdem war ich viel mit Freunden unterwegs, was auch die Stimmung aufhellt.

Heute morgen bin ich allerdings wieder im Alltag und muss sagen, dass ich immer noch nicht ordentlich schlafe. Ich habe das Gefühl, dass mein Schlaf ausschliesslich aus REM-Phasen besteht. Die Träume sind noch immer sehr lebendig und beschäftigen mich schon sehr. Es passiert auch noch immer, dass ich davon Träume zu kiffen und im Traum Ausreden entwickele, warum ich in diesem Moment einen Joint brauche. Sehr merkwürdig. Am Tag habe ich diese Gedanken nicht und bin sehr happy mit der Abstinenz.

Ich bin morgens echt müde und komme nur sehr schwer aus dem Bett. Bin ich einmal aufgestanden und geduscht, ist alles in Ordnung. Es kommt mir einfach vor, als käme ich nicht in den Tiefschlaf und bewege mich nachts von Traum zu Traum, ohne wirklich erholsam zu schlafen.

Hat Jemand von Euch da ähnliche Erfahrungen gemacht?

Ich werde das aussitzen. Irgendwann wird sich mein Körper wohl auch wieder einpendeln, aber es ist schon erschreckend. Für mich ist das ein klares Zeichen, dass die vielen Jahre des Konsums ihre Spuren hinterlassen haben. Und ein sehr guter Grund nicht wieder in alte Konsummuster zu verfallen.

Zeit heilt alle Wunden. Also verrinne, Zeit, verrinne. Ich möchte mich weiterentwickeln, und ich möchte Ziele erreichen und eigentlich keine Zeit vertrödeln. Aber momentan fühle ich noch Gefangen und sehr schwach. Ich brauche neues Selbstbewusstsein und das muss ich mir erarbeiten. In kleinen Schritten. Durchhalten ist wichtig. Kleine Erfolge muss ich auch mal wieder feiern.

Früher habe ich mich von Joint zu Joint durchgeschlagen. Die Zeit dazwischen war Notwendigkeit. Heute fühlt es sich an, als würde ich mich von Ruhephase zu Ruhephase kämpfen.

Den Moment zu leben, dass muss ich wieder neu lernen.

 

Statusbericht: 3 Monate

Jeder Kiffer hat sein Behältnis.

So. 3 Monate sind also rum und ich will kurz einen Statusbericht abgeben. Vor allem für mich. Ich kann noch immer nicht durchschlafen und fühle mich seit Wochen schlapp. Ich mache weniger Sport, als ich es von mir gewohnt bin und rauche, wie ein alte Dampflok am Hang. Ostern steht vor der Tür und ich werde mir grad sehr meiner Einsamkeit bewusst. Ich habe keine Lust auf meine Familie und meine Freunde. Alleine sein möchte ich allerdings noch weniger. Wertlos. Die letzten Wochen habe ich mich um das Wort Depression gedreht. Ich möchte niemandem zu Nahe treten, der diese Krankheit hat, aber für mich wäre das eine Ausrede – ich empfinde oft genug wahre Freude. Ich muss sie nur wieder wecken, diese Freude. Sport machen, Menschen zum Lachen bringen. Dumme Gedanken denken, dann aber auch vergessen und positive Gedanken sammeln und verwerten. Dafür mache ich das Gras nicht mehr verantwortlich. 2011 war ich auf dem Weg zum Glück, ich erinnere mich genau. Ich kiffte viel, aber ich hatte ein Ziel vor Augen und habe darauf hin gearbeitet, war happy und das Glück kam mir zugeflogen. Das Ziel war eine lange Reise und ich habe es erreicht. Danach habe ich kein neues Ziel gefunden und den Mut verloren.

Nicht zu kiffen ist echt nicht die Leistung. Ich träume regelmäßig, dass ich einen dicken Joint im Mund habe und mir eine Ausrede ausdenke, warum ich diesen gerade dampfe. Dann wache ich auf, wundere mich und brauche einen Moment, um zu begreifen, dass ich meine Abstinenz gar nicht wirklich unterbrochen habe. In den wachen Momenten, in denen ich normalerweise in meine Box gegriffen habe, um mit dem Geschick eines Experten eine schöne Tüte zu drehen, denke ich noch ans Kiffen, aber es kommt mir fremd vor. Suchtdruck verspüre ich eigentlich nicht. „Jetzt ein schöner Joint“, dieser Gedanke kommt nicht. Ich suche nach Spaß, nicht nach Verdrängung. Wenn ich die Leichtigkeit des Lebens wieder gefunden habe, da bin ich mir sicher, dann wird auch die Sehnsucht nach dem High wieder kommen und ich muss mich einfach dagegen wehren aus Spaß zu kiffen, wenn ich eh schon fröhlich bin. Wir werden sehen, wie das klappt.

Das waren drei Monate der Melancholie. Das Momentum umzudrehen ist jetzt entscheidend. Ich weiß, was ich zu tun habe: Kräfte sammeln und es anpacken. Das Leben organisieren, eine Baustelle nach der Anderen angehen und abarbeiten. Ich muss wieder ein konkretes Ziel vor Augen haben. 12 Wochen habe ich mich jetzt zurückgelehnt und abgewartet, dass es besser wird. Wer soll es denn besser machen, wenn ich die Füße hochlege und mich zudecke?! Mama vielleicht?

Erkenntnis ist so ein Wort, das sich durch diesen Blog zieht. Ich schreibe diese Zeilen und halte mich für schlau, dass ich erkenne. Es ist nicht einfach aus Gedanken einen Impuls zu generieren, aber ich werde es versuchen. Es ist jetzt an der Zeit.

Dieser Feierabend-Joint: warum war der denn so wichtig und heilig? Was hat er verändert? Jetzt lege ich mich zu der Zeit auf die Couch und bin verwirrt und nachdenklich, scrolle ne Stunde schwachsinnig durch den Taschencomputer während im TV Quatsch läuft. Zeit ist doch wertvoll. Ich rede mir ein kraftlos zu sein und schlafe oft mehr als zehn Stunden. Damit muss jetzt Schluss sein.

Weiter geht’s zu Phase 2.

Heimlich kiffen!

Der einsame Joint zu Hause auf der Couch ist ein starkes Anzeichen dafür, dass aus dem genüsslichen High ein Problem entsteht. Das ist keine allgemeingültige Tatsache, aber es zählt zu den Anzeichen. Noch deutlicher wird es in meinen Augen, wenn heimlich gekifft wird.

Vor Kurzem habe ich in meinem Kulturbeutel, den ich zuletzt in der gemeinsamen Bude mit meiner Ex-Freundin genutzt hatte, eine ganze Sammlung Feuerzeuge gefunden. Ich musste darüber lachen, aber eigentlich ist es eine traurige Geschichte. Wie kamen Feuerzeuge im Kulturbeutel? Nunja, es war Winter und meine Ex-Freundin raucht(e) nicht. Die Feuerzeuge kamen von den unzähligen heimlichen Joints, die ich morgens, nachdem sie zur Arbeit gefahren ist, auf dem Klo geraucht habe. Wir kamen grad von unserer Reise und ich hatte noch keinen Job und nur wenig Aufträge und habe viele Vormittage verdöst. Und das gern high. Draußen war es mir zu ungemütlich und so habe ich halt heimlich im Bad geraucht. Nach dem duschen und einer guten Lüftung war nichts mehr davon zu riechen. Und die verwendeten Feuerzeuge habe ich wohl in meinen Kulturbeutel gesteckt. 7 Stück habe ich darin gefunden. Da hat sich in kurzer Zeit eine richtige Routine eingespielt. Freundin aus dem Haus, abrollen und ab ins Bad – endlich kiffen. Das sind wirklich diese junkiehaften Abgründe, die mir heute sagen: Franzl, du hast/hattest das echt nicht im Griff. Lass das kiffen sein und mach dich frei von allen Zwängen. Ich kiffe nicht mehr und die Momente unbedingt einen bauen zu wollen gibt es eigentlich schon nicht mehr. Trotzdem fühle ich mich noch immer beeinträchtigt und bin sehr achtsam, was alle anderen Zwänge angeht.

An die verlorenen Partnerschaft denke ich noch oft. Auch in meinen Träumen zeigt sich deutlich, dass ich traurig über den Verlust bin. Wir haben uns in einer Phase getroffen, in der ich sehr happy und voller Tatendrang war. Und in einer Phase, in der ich exzessiv gekifft habe. Es war im Urlaub in einer Gruppe von einem Dutzend Leute und ich habe konstant durchgedreht. Es war mein Rebellentum und meine Selbstsicherheit, die der Grund dafür waren, dass sie sich in mich verliebt hat. Und es waren meine Schwäche und die Sucht, die sie diese Liebe verlieren ließen. Es ist unfassbar und unbegreiflich für mich, wie nah Stärke und Schwäche bei mir zusammenliegen. Erst stehe ich mit Joint im Mundwinkel beim Aprés Ski in der Menge und tanze ausgelassen zu beknackter Musik und etwa ein Jahr später sitze ich in auf dem Klo ihrer Wohnung und kiffe heimlich.

Ich habe mich lange sehr bemitleidet als sie mich verließ. Und habe noch mehr gekifft als eh schon. Ich hatte mich ihr anvertraut. Das erste Mal in meinem Leben habe ich die harte Schale abgelegt und das schwache Bewusstsein meiner Selbst offengelegt. Mir tat das gut und hat mich letztendlich einen Schritt weitergebracht, aber für sie war es eine zu große Aufgabe. Und ich kann sie heute verstehen. Sie hat die Stärke gesucht, und war einfach enttäuscht Schwäche zu entdecken.

Aber auch das ist eigentlich eine andere Geschichte. Heimlich kiffen ist traurig und schwach und für mich ein klares Zeichen der Sucht. Ich will wieder stark werden. Stärker als all die Impulse, die mich so heimsuchen. Weiter geht’s!

Kippen und Bier.

„Lecker Rooche“. Ich hab immer gerne geraucht. Als wir als Kids mit 14 oder so den Alkohol endeckten kamen auch schnell die Kippen dazu. Es wohl dieses Gruppending, dass mich dazu gebracht hat. Und es war irgendwie cool. Alle „coolen“ Leute haben geraucht. In den 90ern war es ja noch Allgegenwärtig. In Kneipen, im Zug und sogar im Flieger wurde schön abgedampft. So bis 19 habe ich durchgeraucht, dann zwei Jahre Abstinent gelebt und dann viele Jahre ausschliesslich Tüten gepafft. Das fand ich irgendwie logisch. Vielleicht mal ein paar geschnorrte Kippen auf Parties, wo kiffen kein Thema war. Jetzt, wo ich entschieden habe kein Gras mehr zu rauchen und die Dumpfheit zu überwinden, rauche ich wie Helmut Schmidt. Ekelhaft. Ich treibe Sport und ernähre mich halbwegs ausgewogen, aber diese Schmacht scheint momentan unüberwindbar.

Nachts, wenn ich mal wieder von einem Traum geweckt werde, stehe ich auf und rauche ne Zigarette im dunklen Wohnzimmer. Auf dem Weg zum Training rauche ich noch einen auf dem Fahrrad. Morgens eine beim kacken und abends noch eine nachdem Zähne putzen. Was soll das? Momentan habe ich noch die Ausrede, dass die Kiffbaustelle erstmal oberste Priorität hat und das ich mich die Kippen-Problematik kümmere, wenn ich mich ein bisschen stabiler fühle. Nicht vergessen, Franzl – Kippen sind ekelig.

Seitdem ich nicht mehr jeden Tag high bin, setze ich mich auch mit dem Trinken auseinander. Das kam ganz von selbst nach einem harten Saufabend. Der Anlass dazu war ein positives Erfolgserlebnis im Sport. Nach sehr guter Leistung wurde ich von der Mannschaft gefeiert und wir sind ein bisschen ausgerastet. Ist ja auch nix dabei. Trotzdem habe ich mich am nächsten Tag gefragt, ob das denn sein muss? Gestern lief es ähnlich. Exzess ist das Stichwort. Schon beim Kiffen habe ich es gerne und absichtlich übertrieben. Ich muss auch das im Auge behalten.

Ich trinke nur selten allein und habe es von Beginn meiner Kiff-Abstinenz bewusst vermieden das abendliche High durch ein, zwei Bier zu ersetzen. Ich habe es jetzt schon ein paar Mal geschrieben. Es geht bei uns Süchtlingen wohl häufig nicht um das Gras selbst, sodern um diese Suchtmechanik. Jeder Kopf ist anders, und Obacht das erste Gebot.

Sucht ist Schwäche und ich möchte stark werden. Stärker als jede Substanz.

Kleine Schritte. Große Schritte. Eine Sache der Perspektive.

Kurzer Zwischenbericht. Momentan hänge ich ein bisschen durch und mir fehlt ein bisschen die Motivation. Stagnation. Beruflich plätschert es so daher und privat ziehe ich mich momentan ein bisschen zurück. Etwas mehr als acht Wochen bin ich nun clean. Es fällt mir schwer stolz auf mich zu sein. Für mich ist das noch keine Leistung und ich würde die Zeit gerne ein Jahr nach vorne drehen. Die Fortschritte fühlen sich klein an.

Gestern Abend war ich sehr down, doch heute morgen hat mich ein Termin bei meiner Suchthilfe-Beraterin ein bisschen aufgepeppelt. Ich nehme die kostenlose Hilfe der örtlichen Diakonie in Anspruch und das kann ich allen Leidensgenossen nur empfehlen. Es war bereits der fünfte Termin, jedoch erst der zweite seitdem ich wirklich den Entschluß gefasst habe aufzuhören. Für meine Beraterin sind die Schritte größer als für mich und dieses Feedback tut gut.

Ich arbeite daran die Baustellen zu enttarnen, an denen ich in Zukunft arbeiten muss. Das ist zum Teil wirklich schmerzhaft. Konzentration ist ein Thema: ich wollte es nie wahrhaben, aber meine Leistungsfähigkeit ist durch den langjährigen Konsum eingeschränkt. Ich habe schlicht nicht die Kraft acht Stunden am Stück konzentriert zu arbeiten. Selbstbewusstsein ist auch ein Thema. Ich bin groß, sportlich und relativ redegewandt – dennoch plagen mich Zweifel. Ich wünsche mir eine Partnerschaft. Doch ich merke, dass ich für eine gesunde Beziehung nicht fit und nicht leistungsfähig genug bin. Was kann ich momentan schon bieten? Wenn ich das so schreibe, sage ich zu mir selbst: sei nicht so eine traurige Heulboje. Aber so ist es momentan und ich muss abwarten und weiter arbeiten, verarbeiten und Perspektive schaffen. Kleine Schritte machen. Weiter clean bleiben.

Ich verarbeite eine Sucht und das auch wenn sie mich nicht runiert hat, ich körperlich gesund bin und mein Kopf noch „halbwegs“ funktioniert, darf ich den Ernst der Lage nicht vergessen. Es waren zehn Jahre, in denen ich mich selbst belogen habe. Eine unbequeme Wahrheit.

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