Pleasure is not Happiness
Gefangen im Wix-Kiff-Kontinuum. Von Pleasure zu Pleasure – das scheint gar nicht nur mein Thema zu sein, sondern das einer ganzen Generation. Wir scheinen nicht mehr zwischen Befriedigung und Glück unterscheiden zu können, rennen von einem kleinen Lustgefühl zum nächsten, ohne zu bemerken, das das Glück auf der Strecke geblieben ist.
Franz Paffka ist zurück, leider
Im Februar 2014 habe ich diesen Blog für mich ins Leben gerufen. Weil meines im Sack war: mein Führerschein war weg, der Job war scheiße und meine Partnerschaft zerbrochen. Und daran zerbrach der kleine Franz. Ich rauchte 10 Joints am Tag und vergrub mich in Selbstmitleid.
Absolute Ehrlichkeit war die einzige Regel, die ich mir fürs Schreiben auferlegte. Und ich hielt mich dran, bis ich mich nicht mehr dran hielt und das Projekt erst verebbte und dann verschwand.
Was in der Zwischenzeit passierte
Ich war ein Jahr absolut kifffrei, bis zu diesem Tag. Ein Joint ist kein Joint. Ich war wieder frei, also ohne amtliche Auflagen zum Nachweis der Abstinenz. Es dauerte bestimmt 2 Jahre, aber seither kiffe ich wieder regelmäßig. Nix war’s mit dem Abschied für Immer. Das habe ich hier nicht in der Offenheit kundgetan, wie es angebracht wäre. Ich glaube, ihr versteht: Ich habe mich geschämt.
Ein Jahr ohne Kiffen, dann ein Jahr immer nur in kiffiger Gesellschaft, dann ein Jahr der Einschleichung und Boing: Franz war Back im Jeden Tag Kiffen Business.
Nunja, nochmal 3 Jahre später schreibe ich diese Zeilen. Ich kiffe gerne, aber ich kiffe nicht gesund. Ich rauche um des Rauchens willen und 90% der Joints, die ich rauche machen überhaupt keinen Sinn.
Mehr Business, weniger Eichhörnchen
Als ich Kapitel 1 schrieb war ich grade mit meinem ersten wirklich Job durch. 4 Jahre im gleichen Betrieb und ich hatte genug, ging mit meiner Freundin auf Reise und danach zog ich zu ihr, was dann passierte habe ich aufgeschrieben. Das Eichhörnchen war groß in dieser Zeit, das Business noch sehr klein.
Heute ist das Business größer, im wahrsten Sinne. Ich hatte viel Energie als ich nicht mehr kiffte. Viel Sport und gute Ernährung haben mich leistungsfähiger gemacht und ich habe mich konzentriert und an meiner Zukunft gearbeitet. Da bin ich heute: Unternehmer mit einem Dutzend angestellten, verheiratet, Vater. Ich habe es geschafft, sagt Mama. Und ich bin stolz auf das Erreichte.
Aber bin ich glücklich? Das ist die große Frage. Kann ich es rausfinden, wenn ich die freien Wochenende dazu nutze so viel zu kiffen und zu wixxen, bis ich ins Delirium falle? Ist das das Paradies? Ich hoffe nicht.
Einer Freundin habe ich gesagt, dass ich einen Arschtritt brauche. Damals habe ich ihn verdientermaßen bekommen, als ich mehrfach mit Joint zwischen den Fingern Auto fuhr. Die Cops haben es gesehen und ich musste den Preis dafür zahlen. Nicht eine Sekunde bereue ich, was damals passierte. Niemand wurde verletzt und ich habe den Anstoß bekommen, den ich offenbar brauchte.
Ich habe Alles. Und mehr. Mein Kind ist gesund und meine berufliche Perspektive mindestens gut. Ich will keinen Arschtritt bekommen, also muss ich was tun.
Here we Go again!
Wilhelm’s Kiff-Keller
„Was geht? Englisch oder kiffen?“ – die Antwort kam einhellig und so fuhren wir zu viert im alten Escord Kombi die 15 Kilometer in Wilhelms Kiff-Keller, anstatt den Englischkurs zu besuchen. Zwei Stunden hatten wir schließlich schon im Leistungskurs gesessen und das musste, wie so oft, für diesen Tag reichen. Natürlich fiel damit auch der Rest des Schultages durch, aber schice drauf. Wir waren eh Rebellen und so fuhren wir ganz rebellenartig in Mutters weißem Kombi in einer halbwegs noblen Kölner Vorort in die Residenz Busch. Ein wirklich schönes und großes Haus zweier fleißiger Eltern, die zwei fleißig kiffende Söhne darin großzogen. Der eine wohnte im ausgebauten Dachgeschoß und der andere eben im Keller, der mal ein Poolraum werden sollte. Dieser stand nun im Garten, ordentlich angelegt – nicht so ein blauen Planschbecken, was heute schon als Pool durchgeht.
Ich konnte bereits kiffen an diesem Tag, aber die Pfeife hatte ich bislang im umschifft. Keine Ahnung warum. Die 3er-Runde heizte Kopf um Kopf und ich rauchte meinen Selbstgebastelten, bis die Frage kam: „Soll ich dir nicht auch mal einen Kopf klarmachen, Franzl?“ „Hau halt raus“, oder irgendwas in der richtung muss meine Antwort gelautet haben, denn ich hatte kurz danach die Pfeife im Gesicht und wurde in die physikalische Logik des Kicklochs eingeführt. Feuer an den Kopf, ziehen bis der Kopp alle ist und dann den Finger vom Loch und leer machen die Bong. Easypeasy.
Ich dachte ich falle direkt hintenüber, als ich den Kopf im Hirn hatte. Ich war immer gerne stoned, auch mal so richtig breit, aber was sich da in meinem Gehirn ausbreitete war die absolute Dichtheit. Ich war für die kommenden fünf Stunden an diesen Sessel geklebt. Nichts ging mehr. Ich musste nicht kotzen und auch die Erdrotation konnte ich gut ertragen, aber ich konnte weder sprechen, noch etwas essen, oder mich gar bewegen. Ich war einfach superweggeballert. Das war mir neu. Ich wurde geweckt, als die Jungs den Heimweg antreten wollten. Herr Busch fuhr uns netterweise auch wieder zurück und brachte mich heim zu Mama, wo ich direkt ins Bett ging. So gegen 17 Uhr.
Am nächsten Morgen um 8 saß ich in der Schule über einer fünfstündigen Physik-LK-Klausur. Ich füllte 20 Seiten mit irgendwelchen Berechnungen, gab ab und ging wieder heim, wo nochmal 7 Stunden schlief, um mitten in der Nacht halbwegs klar das erste mal wieder klarzukommen. Also diese Bongkifferei muss man echt üben – der erste Kopf hat mich echt umgehauen und für 48 Stunden etwas schmierig im Kopf gemacht. Danach habe ich vielleicht noch vier- fünfmal eine Bong geraucht. Immer vorsichtig und nie wirklich mit Vergnügen. Ich bin bei der leichten Stonedheit geblieben, die mir Joints geliefert haben. So etwa zehn Jahre lang.
5 Punkte war das Ergebnis der Klausur. Es hat gerade gereicht. Die Notwendigkeit hatte mich wieder einmal gerettet. Selbst mit zugekleistertem Hirn habe ich es noch auf die Reihe gekriegt die Klausur ausreichend zu gestalten. Das Argument – „Kiffen schadet mir nicht, ich bekomme doch alles geregelt“ – höre ich oft. Ich habe es auch selbst schon gebracht, aber heute weiß ich es besser. Es hinzubekommen und wirklich zu leben sind zwei ganz verschiedene Dinge.
Kiffen in der Partnerschaft
Eins vorweg: Ich mag Mädchen, schätze Frauen bin pro Emanzipation aber contra Alice Schwarzer’s Version davon. Die folgenden Zeilen sind aus meiner männlichen Sicht geschrieben, nicht zu verallgemeinern und keineswegs abschätzig gemeint.
Kiffen in der Partnerschaft, oder der Abstieg eines fröhlichen Kiffers
Meine letzte Beziehung sollte meine Rettung sein. Das Bewusstsein über meine Sucht war schon sehr ausgeprägt, aber es ging mir gut. Der Job lief gut, ich bin jede Woche locker 150 Kilometer Rad gefahren und es ging mir körperlich und emotional wunderbar. Süchtig war ich wohl, ja – aber das hat mich augenscheinlich nicht belastet. Ich hatte eine Hochphase in meinem Leben und ein toller Sommer lag hinter mir, als ich im Dezember die Einladung zu einem Winterurlaub bekam. Es waren noch Plätze in einem Haus in Triol frei, ich sagte zu, rief meinen besten Kumpel an und er brachte noch eine Freundin von ihm mit ins Spiel und wir belegten zu dritt die freien Betten.
Diese Freundin sollte später meine Freundin werden. Ich wusste wer sie war, aber wir kannten uns nicht wirklich. Meine Fresse hab ich gekifft in diesem Urlaub. Schon auf der A3 Richtung Süden haben wir in der Nacht der Anfahrt 3, 4 dicke Tüten weggedampft. Also mein Homie und ich, sie ist Vegetarierin und Nichtraucherin. Die ganze Woche hab ich abgekifft, als spielte ich die Hauptrolle in einem Rapvideo. In der Gondel, im Sessellift, auf die langsamen Mädchen wartend mitten auf der Piste, in der Aprés Ski Hütte und natürlich abends in der Sauna. In der Gruppe war ich schon immer als „der Kiffer“ bekannt. Für sie, nennen wir sie Felice B., war das wohl neu. Aber offensichtlich habe ich sie beeindruckt, wohl nicht mit der Menge Gras, die ich so wegheizen konnte, aber sicher mit der Art und Weise, wie ich diesen Lifestyle lebte. Ich habe mich nicht versteckt. Im Gegenteil, ich habe den Lebemann raushängen lassen, mich aufgeführt wie Snoop Dogg auf Promotour.
Wir waren eine Gruppe von 10 und ich hatte Spaß daran den Casper zu spielen. Morgens als erster aufzustehen, den ersten Joint auf dem Klo beim kacken zu rauchen und danach Kaffee für die nichtkiffenden Schlafmützen zu kochen und Stimmung zu machen. Das hat ihr gefallen. Ich war locker und wirkte selbstbewusst. „Frauen stehen auf Arschlöcher!“ – Das ist ja die allgemeine These und wie immer bei solchen Weisheiten steckt, meines Erachtens, auch hier ein Funken Wahrheit drin. Ein Arschloch war ich nicht. Aber ich habe in dieser Woche kein Interesse signalisiert, ich wusste auch noch gar nicht, das ich welches habe. Hinter „Arschloch“ steckt eher das grundlegende Desinteresse an der Meinung aller und speziell der Meinung der Frau. Es kommt einfach nicht gut an sein Verlangen, seine Sehnsucht nach Liebe, Schüchternheit und vor allem Schwäche offen vor sich her zu tragen. Männlichkeit ist Härte, und Gleichgültigkeit, und Alphatiergehabe.
Ein zweiter Einschub zwischendurch: ich fange jetzt nicht an meine Version davon rauszuhauen, wie man am Besten eine Frau für sich gewinnt. Ich denke nicht, dass es dafür ein Patentrezept gibt. (An dieser Stelle ein Hallo an alle, die über www.der-anna-code.com hier landen. Irgendwie landen täglich ein paar, ich tippe, Jungs von dieser Seite auf diesem Blog. Schön, auch wenn ich nicht weiß, wie und wieseo. Aber willkommen!) Ich war nie der Typ, der Mädchen des Aufreissens willen anspricht. Ich suchte immer eine Partnerin, die zu mir und meinem Leben passt. Trotzdem habe ich meine Erfahrungen gemacht und verstehe, dass es Do’s und Don’ts gibt. Weiter im Programm.
Ich war nicht schüchtern auf dieser Reise. Ich war der beste Skifahrer der Gruppe und ich habe den Ansager gespielt, wenn die Gruppe sich nicht auf eine Richtung einigen konnte. Easypeasy. Nur deshalb hat Felice mich als potenziellen Partner gesehen. Ich habe nicht mit ihr geflirtet. Als sie abends auf einer Party mit einem Spanier knutschte, der sich mit seinen Freunden unserer Runde anschloss, habe ich ihr nachgesehen, um zu prüfen ob er cool ist. Beide knutschten und er war ein Gentleman. Für mich war die Sache damit auch cool. Und wir feierten alle zusammen. Vielleicht habe ich sogar auch mit einem der Spanier geknutscht. Ein wilder Abend. Ein wilder Urlaub. Auf dem Weg in die Heimat haben die beiden mich auf halbem Weg in meiner Exilheimat rausgelassen und ich sagte ihr einen Satz, der alles anschieben sollte. „Dein Lächeln wird mir fehlen.“ Das war ehrlich und ernst gemeint. Ernster als ich zu diesem Zeitpunkt begreifen konnte.
Wir waren unterschiedliche Menschen und trotzdem begannen wir uns zu treffen und wurden schließlich ein Paar. Getrennt durch einige Hundert Kilometer Autobahn. Und plötzlich war ich nicht mehr Alphamann. Nach vielen Jahren des Singleseins fühlte ich Geborgenheit. Das erste Mal so richtig. Ich ließ meine Fassade bröcken und mich in die Beziehung fallen. Es begann damit, dass ich ihre Sorgen und Ängste annahm und dagegenwirkte. Sie sollte bei mir keine Sorge haben, betrogen zu werden. All die Dinge, die ihr in der Vergangenheit widerfuhren versuchte ich zu korrigieren. Doch auf der anderen Seite legte ich, überwältigt von den Gefühl der Zweisamkeit, all meine Sorgen und Ängste offen. Ich weinte unfassbar viel, schon in der ersten Monaten. Nicht weil wir uns stritten, oder weil ich Angst hatte verlassen zu werden, sondern weil ich bemerkte, dass ich alleine zwar gut funktionierte aber lange kein kompletter Mann/Mensch war. Der Sex war merkwürdig. Und ich benahm mich merkwürdig. Schnell driftete ich vom Alphatier in die Rolle des Teenager-Mädchens in der Beziehung. Ich genoss es mit dem Kopf auf ihrem Schoß zu liegen und ich war es, der nachts einen Hand halten wollte. Ich hatte Zweisamkeit sehr vermisst und für mich war diese Partnerschaft eine Art Rettung in letzter Not. Eine Not, von der ich bis dahin gar nicht wusste, dass sie existierte.
Sie gab mir Kraft und redete mir gut zu. Doch der Wechsel von stark zu schwach war für Felice sicher nicht einfach zu begreifen und letztendlich war es natürlich der Grund, dass sie mich für einen stabileren, älteren, anderen Mann verließ. Watt ’ne Bitch.
Plötzlich war ich nicht mehr der lockere, fröhliche Kiffer, der zum Bier halt noch einen Dübel dreht. Ich war ein Kiffer, der sich hinter dem High versteckt. Der mit dem Nebel des Rausches seine inneren Brüche verdeckt. Das war mir damals natürlich nicht bewusst. Heute ist das klar für mich. Sie lernte mein inneres Ich kennen, einen kleinen Jungen, der noch etliche Baustellen in seinem Köpfchen zu lösen hatte. Und sie lernte das quasi live und parallel mit mir selbst kennen. Ich war selbst überrascht von dieser Kleinheit, in die es mich warf. Ich kann sie heute verstehen. Ich war ein Häufchen Elend. Nach der Trennung bin ich erst richtig zusammengebrochen. Ich wollte viele Jahre eine Freundin haben und ich dachte diese Beziehung könnte meinem Leben eine neue Richtung geben. Letztendlich ist das auch so passiert – allerdings auf eine andere Art, als ich das damals erwartete.
Das Kiffen war nicht das Problem in unserer Partnerschaft. Es war mein Schutzwall. Und nicht die Abstinenz hat ihn aufgebrochen, sondern die emotionale Bindung zu ihr. Aber es gab sie trotzdem, die Situationen in denen sie das klassische Mädchen raushingen ließ. Wenn ich im Sommer mit den Jungs in der Stadt war und nachts völlig hacke und megastoned in die (mittlerweile) gemeinsame Wohnung kam und sie dann ihre Standpauke raushaute, mir ein schlechtes Gewissen machte. Völlig Unnötig dieses Mamagetue. Wofür, dass ich Spaß hatte? Die Beziehung war furchtbar anstrengend für mich. Ich hatte mich nie so intensiv mit meinem Inneren beschäftigt und da kann so ein Abend mit den Jungs und ein paar konischen Seelenkleistern helfen, die Sorgen vertreiben. Mädchen machen das gern – Jungs ein schlechtes Gewissen einzutrichtern dafür, dass sie Jungskram machen. Wie Mütter halt: warum spielst du schon wieder Playstation? Musst du schon wieder mit den Jungs saufen gehen? Jeden Samstag diese Bundesliga! Muss das sein? – Halt die Goschen und fahr halt mal samstags nachmittags alleine in die Stadt, um Schuhe zu kaufen! Jungs und Mädchen – das hat noch nie funktioniert. Und trotzdem macht es Sinn.
So in etwa ist das gelaufen: meine Verwandlung vom Happykiffer zum deprimierten, grasvernichtenden Einsiedler. Nach der Trennung habe ich noch ein halbes Jahr weitergekifft, mich zurückgezogen und wurde noch kleiner, als ich es eh schon war. Aber es fühlte sich anders an. Ich merkte plötzlich, dass ich rauchte, um zu verdrängen. Die lustigen Tüten wurden zur Ausnahme. Früher waren die traurigen, nachdenklichen Tüten die Seltenheit. Mit meiner eigenen Verwandlung wandelte sich auch das und schließlich gelang mir der wichtige Schritt zum Ausstieg. Ich wollte wieder Erfolge einfahren, glücklich sein und an mir arbeiten und die Kifferei behinderte mich dabei. Ganz einfach diese Erkenntnis, aber sie musste eben aus mir selbst entspringen.
Sie hätte mir gerne das Kiffen verboten – aber Mädels – so einfach ist das nicht. Wenn der Junge ab und zu einen rollt oder auch ein Bier zuviel trinkt, dann ist das Verbot nicht zielführend. Es hat einen Grund, dass es so ist. Und wenn ihr ihm ein schlechtes Gewissen einredetet, weil er was Dummes macht, dann habt ihr nicht begriffen, wen ihr euch da angelacht habt. Jungs machen Dummheiten, dafür sind wir da. Ihr seid nicht so Weise, wie ihr immer tut. Nur selten könnt ihr selbst entscheiden, welche Schuhe ihr zu welchem Shirt anziehen sollt und wir müssen uns eine Antwort aus den Rippen leiern, jedes Mal wenn ihr uns fragt: Nimmst du mich so mit?
Sie hatte auch Probleme und ich hoffe, dass sie ebenfalls reflektiert, was da zwischen uns gelaufen bin. Ich erinnere mich, dass ich zu Beginn der Beziehung einen Satz gesagt habe, der auch heute für der richtige Ansatz für eine Partnerschaft ist: „Ich möchte, dass wir beide, egal wie sich diese Sache zwischen entwickelt, jeweils stärker aus dieser Beziehung gehen, als wir eingetreten sind.“ Das war mir wichtig. Es gilt heute nicht mehr: „bis das der Tod euch scheidet“. Für meinen Teil kann ich heute sagen: ich bin stärker als vor ihr. Ich hoffe, dass gilt auch für sie. Danke Felice. Danke, dass du mir einen Arschtritt feinster Güte gegeben hast. Ich habe ihn gebraucht.
Kiffen konserviert.
Mit 32 bin ich aufgewacht. Nach vielen melancholischen Träumen habe ich endlich die vermottete Decke weggeschoben, mich aufgerichtet und bin aufgestanden, um mein Leben anzugehen, wie einen frischen Tag. Zehn Jahre lang hab ich schwierige Situationen einfach weggeraucht. Anstatt nachzudenken und eine Lösung zu suchen, habe ich mein Gehirn ausgeschaltet und die Situation hat sich als gegeben festgesetzt. die Gefühle waren immer die gleichen: Einsamkeit, Unzulänglichkeit und Unzufriedenheit. Und die Lösung war ebenso immer die selbe. Ein Joint. Und wenn der nicht half, dann halt noch ein dickerer Joint. Dabei war ich nichtmal wirklich einsam, unzulänglich oder unzufrieden. Ausbrechen konnte ich aus dieser Spirale nicht. Das Kiffen hat meinen Status konserviert. Ich habe mich zehn Jahre nicht wirklich weiterentwickelt. Natürlich habe sich in der Zeit viele Dinge verändert, ich habe dazugelernt, habe neue Dinge erfahren und bin „weiser“ geworden. Aber ich der selbe Junge geblieben, der damals aus Rebellentum und Spaß am Rausch begonnen hatte Gras zu rauchen. Die kindlichen Ängste und normalen Sorgen eines 20-jährigen haben sich über zehn Jahre zu einem ernsthaften Problem entwickelt. In einem halben Jahr habe ich diese Erkenntnis gewonnen und ich das ist für mich der beste Grund weiter dran zu bleiben.
Oft denke ich beim schreiben dieser Beiträge, ob ich da wirklich die Wahrheit schreibe. Es ist nichts gelogen, aber ich habe Schwierigkeiten mit dieser schwarz/weiß-Betrachtung. Es ist eben nicht so einfach, wie sich das oft liest. Es ist vor allem nicht so einschichtig. Und es ist es irgendwie doch. Junger Mann mit den üblichen Komplexen fängt an zu viel zu kiffen, vernachlässigt die wesentlichen Dinge des Erwachsenwerdens, wird traurig und driftet in die Melancholie ab. Für mich selbst kann ich sagen, dass ich einige dieser jugendlichen Sorgen wirklich verschleppt habe. Dinge, die ich in sieben Monaten Klarheit so nebenbei aussortiert habe. Es spielt dabei wahrscheinlich keine Rolle, welche Dimension diese Probleme haben. Bei mir waren es Kleinigkeiten, die mich aber sehr wohl beieinträchtigt haben. Scheiße, ich bin 32. Wo sind nur meine 20er hin? Naja, hätte – hätte – Fahrradkette. Es geht mir besser und ich habe jetzt die Kraft mich um all die Dinge zu kümmern, die mich so betrüben. Und ganz langsam lege ich den Rytmus ab, der sich über die zhen Jahre so eingespielt hat.
Ich bin auf dieses Thema „Konservierung“ gekommen, weil ich mich mit einem neuen Sucht-Berater getroffen habe. An dieser Stelle möchte ich Allen raten, die mit irgendeiner Suchtproblematik kämpfen: Sucht das Gespräch. Es ist erstmal egal mit wem. Aber Menschen, die sich täglich mit dem Thema an sich beschäftigen, haben ein paar Wahrheiten parat, die Euch wirklich die Augen öffnen können. Ich kann Euch auch die Diakonien empfehlen. Es ist keine Schande dorthin zu gehen. Es hilft. Aber zurück zum Thema Konservierung. Drogensüchtige entwickeln sich nciht weiter. Herr Friedrich Schiller, den ich hier schon mal erwähnte, hat eine ähnliche Laufbahn, wie ich hinter sich. Nach zehn Jahren Konsum, von denen er 8 Jahre in einer Beziehung war und vier Jahre seine Wohnung mit dieser Partnerin teilte, hörte auch er auf zu kiffen. Und was passierte? Die Beziehung krieselt. Die Konflikte und Meinungsverschiedenheiten blieben die gleichen, aber seine Wahrnehmung verändert sich. Er entwickelt sich weiter und stellt in Frage. Sich, und auch seine Partnerwahl. Ich fand das erstmal bizarr. Ich hatte das Gegenteil erwartet. Das er mehr Zeit für gemeinsame Aktivitäten aufbringt und sich die Beziehung stärkt. Ich war natürlich nie dabei, aber ich kann mir lebhaft vorstellen, wie er nach einer „Auseinandersetzung“ um eine Nichtigkeit die Tür seines Zimmer zumachte, drehte, inhalierte und die Situation einfach aussaß. Danach wütender Sex und nach einer Woche, oder acht ging das gleiche Thema von vorne los. Egal, er hatte ja seine Lösung gefunden. Jetzt diskuttiert er so einen Streit auch mal gerne aus, argumentiert und er erkennt, was er vorher nie erkennen konnte.
Ein anderer Bekannter kiffte durch. Ich kenne ihn seit der 5. Klasse und er lachte mich damals aus, als ich mit 13 meine erste Freundin hatte und Verabredungen zum Rumstreunern absagen musste, weil die „Alte“ dann grimmig wurde. Mit 13. Er ist heute ebenso 32, Mediziner. Sie ist ist Lehrerin. Die Bezihung seine erste und mehr als ein Dutzend Jahre alt. Und er steht richtig unterm Scheffel. Treffen wir uns und gehen irgendwo was essen, dauert es (keine Übertreibung) maximal zehn Minuten bis die erste von 40 SMS kommt, in denen sie um Aufmerksamkeit bettelt. Sie hat eindeutig Probleme mit Eifersucht, mit Ihrem Selbstbewusstsein und was weiß ich noch. Und er muss darunter leiden. Er spricht das auch aus, aber er hat sich irgendwie festgefahren in dieser Situation. Er darf Kiffen, obwohl sie es nicht tut. Und irgendiwe „funktioniert“ das Ding. Aber ich wette hiermit 100$, dass die Beziehung ein schnelles Ende findet, sobald er aufhört täglich zu kiffen. Erkenntnis ist ein Wort, dass ich hier oft gebrauche. Er erkennt, aber er versteht nicht. Oder er ignoriert, oder verdrängt. Was auch immer. Kiffen konserviert.
Das ist alles Westentaschenpsychologie. Aber schaut Euch in Eurem Bekanntenkreis um. Blickt auf Euch selbst. Ich werde das zukünftig noch aufmerksamer verfolgen und die Geschichten aufschreiben, die ich so beobachte. Süchtlinge können die klügsten, angenehmsten, offensten, freundlichsten und erfolgreichsten Menschen sein. Nur eine charakterliche Entwicklung – die geht Ihnen meist ab. Dabei geht es ja gar nicht darum ein anderer Mensch zu werden. Es geht eben nicht um VEränderung, sondern um Entwicklung. Schwächen zu Stärken machen. Weisheit über Klugscheißerei. Erwachsenenzeug halt.
Ich will mich entwickeln. Es geht weiter.
Franzl dealt Gras.
Ama Gangta! Zwei 300 Gramm Beutel feinstes Holland Weed lagen auf dem gefliessten Couchtisch. Wilhelm Busch und ich saßen auf seiner schwarzen Ledercouch, unten in seiner Gaunerhöhle. Im Keller des Elternhauses, der eigentlich mal einen Pool beherbergen sollte. Das Kraut brachte uns der Türke, ein Freund, unser steter Versorger und nun unser Partner in Crime. Wir wollten eine Sprosse auf der Leiter dieses Businesses nach oben steigen. Statt 20, oder auch mal 50 Gramm für den Eigenbedarf, kauften wir also mehr als ein halbes Kilo Dope und fühlten uns dabei wie Toni Montana und Pablo Escobar. Aufs Gramm bezahlten wir 4 Mark 30. Heute unfassbar, damals ein okayer Tarif. Wir waren jetzt Dealer – keine billigen Kleinkiffer mehr. Wir hatte mehr als wir rauchen konnten, fingen an Purjoints zu basteln und uns wie richtige Gangster zu fühlen. Scheisse, wir waren gerade einmal zwanzig Jahre alt und wussten nicht einmal wie man richtig fickt. Und beim Anblick einer schwarzen Glock, wie sie die richtigen Gangster in Compton bei sich trugen, hätten wir uns in die Hosen geschissen.
Es dauerte nicht lange bis wir im Geschäft waren. Unsere Nokia-Handys vibrierten ununterbrochen und plötzlich war das ein richtiger Job. Yo Franzl, ist der Günter bei dir? Ich schulde ihm noch einen Zwacki. – Klar, ich bin um 3 am toom-Parkplatz. Ich weiß heute nicht mehr, ob diese Code-Sprache Teil unserer Jugendkultur war, oder ob wir dachten es gehöre zum Business. Wir waren nicht unvorsichtig, aber dennoch sehr amateurhaft. Es war aufregend. Wir waren reich, hatten ständig mehrere 100 Mark in der Tasche und kauften uns unnötiges Zeug ohne Ende: DVDs, Air-Max 90 und anderen „coolen“ Kram des frühen Jahrtausends. Essen gehen ist mit Anfang Zwanzig echt aufregend, ebenso Volltanken oder bei der Party ein Zehnliter-Fass Kölsch für die Jungs zu spendieren. Es war das Leben der Rockstars, nur mussten zwischendurch noch in die Schule. Naja, zumindest zu den Leistungskursen.
Das Gras war wirklich gut damals. Sauber erzeugt und gut geerntet kam das Dope über Umwege aus Holland, versehen mit Namen für die Ewigkeit. WW, mit Edding auf den Beutel geschrieben, stand für White Widow. Oder PH für Purple Haze, wobei man diese Sorte auch so direkt erkennen konnte. Wenn mal SS auf einem Beutel stand sind wir vor Freude ausgerastet. Es war Super Skunk im Haus. Es waren goldene Zeiten für zwei Jungs, die ihren Platz im Leben noch nicht gefunden hatten. Wir wollten high sein und wir wollten das High Life. Von Sucht waren wir beide noch weit entfernt. Wir kifften aus Spaß und um uns abzugrenzen. Wir wollten das Leben leben, dass wir aus Hollywood und vom 90er HipHop kannten.
Das Ende der Geschichte ist so kleinbürgerlich, wie wir selbst es waren. Die ganze Eskapade dauerte nicht länger als ein Jahr. In meinem Fall war Mama der Grund. Sie fand meine Ration im innerern meines PCs. Nach einer Weile machte ich mir nicht einmal mehr die Mühe den Gehäusedeckel richtig anzubringen, sondern lehnte das Ding nur noch dagegen. Sie konfrontierte mich mit dem Beutel in der Hand, als ich nach Hause kam. Es waren Drogen. Welche, davon hatte sie keine Ahnung. Wahrscheinlich dachte sie, es wird gespritzt. Die Geschichte mit Christiane und dem Bahnhof spukte noch durch ihren Kopf. Ich erklärte ihr, dass es Gras war und fragte, ob sie in den 70ern nie damit in Berührung gekommen wäre. Ich dachte in der Zeit hätte alle dauernd gekifft. Mama war nicht an der Uni, protestierte nicht, praktizierte auch keine freie Liebe und was sie auf keinen wollte war einen Sohn, der Drogen verkauft. Ich musste ihr versprechen, dass ich damit aufhöre, zumindest mit dem Verkauf. Ich war kein Gangster. Und ich hielt mein Versprechen. Als Gauner war ich jämmerlich, als Sohn bin ich ne Eins. Mein Partner und Freund machte noch ein bisschen weiter und ließ es dann auch irgendwann sein. Einfach zu viel Stress.
Übrig sind Erinnerungen: Ein ganzer Tisch voller Gras. Feinwagen, staubig von Pollen und völlig verklebt vom ganzen Harz. Wiegen und Verpacken. Telefonate,Treffen auf Parkplätzen und der obligatorische geteilte Joint, mit dem der Deal besiegelt wurde. Bargeld in Rollen, zusammengehalten von bunten Gummibändern. Aufregung und Adrenalin. Das Gefühl von Übermut.
Beim Kiffen blieben wir jedoch beide sehr lange. Als ich ihn das letzte Mal sah, fragte er mich: Darfst Du noch kiffen? Ich muss bald aufhören – die Frau will Kinder. Ich war damals auch in einer Beziehung und ich durfte noch, unter Vorbehalt. Aber das hatte sich dann auch irgendwann erledigt. Die Gangsterkarriere war rasch vorbei, aber meine Kiffer-Karriere hatte gerade erst begonnen. Bis zum Studium blieb es bei ein paar Tüten die Woche. Erst mit der ersten eigenen Wohnung geriet ich den Strudel, der mich auf lange Sicht dazu brachte diesen Blog hier zu starten. Ich war wieder Käufer. Dealer folgte auf Dealer, das Gras wurde immer schlechter und die Beutel, die ich so monatlich durchbrachte, wurden immer größer. Zuletzt waren es so in etwa 250 Euro pro Monat, die ich in Tüten verdrehte. Es war eine monatliche Ausgabe, wie die Miete oder die Prämie für meine Auto-Versicherung. Gras wurde zu einem Grundnahrungsmittel. Es ging einfach nicht mehr ohne. Heute weiß ich: es geht ganz prima ohne den ständigen Rausch. Warum zur Hölle habe ich für diese Erkenntnis bloß so lange gebraucht?
Egal, es hat ebenso so lange gedauert, wie es gedauert hat. Ich bin kein Missionar. Ich möchte niemanden von meinen Idealen überzeugen, denn ich möchte auch nicht überzeugt werden. Ich habe mir schon immer mein eigenes Urteil gebildet. Mich konnte niemand davon überzeugen, dass mein Konsum nicht gesund ist. Dennoch möchte ich Jedem, der sich schon einmal geärgert hat, dass sein Dealer nicht ans Telefon geht, raten sich wirklich intensiv mit seinem Konsummuster auseinanderzusetzen. Sucht ist ein schleichender Prozess – man realisiert die Auswirkungen erst wirklich, wenn man sich rausgekämpft hat.