Stoned auf der BAB.
Vier Monate kifffrei bin ich heute auf den Tag. Die letzte Woche habe ich hier kein Tagebuch geführt. Mein Status hat sich auch nicht verändert. Schlafen klappt ganz gut. Gedanken an einen Joint habe ich nach wie vor selten und die Stimmungsschwankungen halten sich in Grenzen.
Es ist Montag und ich trinke abwechselnd Kaffee und Red Bull. Das Wochenende war kurz und ich bin müde. Egal. Heute erzähle ich Euch eine kleine Geschichte, die Teil meines Abschiedes vom Dope war. Es war Ende letzen Jahres und ich folgte einer Hochzeitseinladung nach Bayern. 3 Stunden Autofahrt. Ohne mir wirklich etwas dabei zu denken, drehte ich mir zwei kleine Tüten vor und setze mich in meinen alten Automatik-Benz. Auf der Autobahn stellte ich den Tempomat auf 110 und zündete mir den ersten Spliff an und fuhr gemächlich auf der rechten Spur Richtung Süden. Es war schon dunkel, die Autobahn war leer und aus im Autoradio schwappte ein ruhiger Indie-Beat. Ich fahre gern Auto, achte das Rechtsfahrgebot und bin ein gelassener Verkehrsteilnehmer. Roadrage kenne ich nicht, eher wundere ich mich über den Hass, der täglich auf deutschen Straßen herrscht. Während der Fahrt zu kiffen war für mich in dieser Zeit nicht völlig Ordnung, aber irgendwie okay. So richtig stoned wurde ich ja eh nicht mehr. Heute sehe ich die ganze Angelegenheit etwas anders und habe mir geschworen mich nur noch völlig klar ins Auto zu setzen. Ich will dieses Verhalten hier auf keinen Fall verharmlosen, aber ich erzähle die folgenden Ereignisse so, wie sie sich zugetragen haben.
Geschmeidig glitt ich durch Hessen und zündete mir kurz vor der bayrischen Grenze den zweiten Joint an. Der Benz ist mit mehr 300 Tausend Kilometer auf der Uhr und trotz seinem stolzen Alter ein wunderbares Reisemobil. Ich rollte so dahin und hing meinen Gedanken nach. Es war bereits die dritte Hochzeit des Jahres und irgendwie beneidete ich die Jungs, um ihre soliden Partnerschaften und Lebenswandel. Sie heiraten, kaufen Häuser, machen süße Kinder und machen Pärchenurlaub, anstatt mit Rucksack und Oneway-Ticket nach Übersee zu fliegen. Während ich mal wieder ins Selbstmitleid abdriftete bemerkte ich plötzlich einen silbernen 5er im Rückspiegel. Oh shit, die fragen sich wohl grad, was der alte Benz mit dem NRW-Kennzeichen hier macht. Am nächsten Autobahnkreuz überholte der Fünfer mich schließlich und die roten Buchstaben wiesen mich an ihm zu folgen. Ich lüftete also nochmal kurz durch und sammelte mich ein wenig.
„Guten Abend, einmal Führerschein und Fahrzeugpapiere bitte,“ begrüßte mich der bayrische Beamte in Zivil. „Servus, aber natürlich“, antwortete ich freundlich und gab ihm die Papiere. Ich erkundigte mich, warum die Beamten mich denn kontrollieren würden und deutete mit einem Verweis auf mein Outfit (Ordentliche Hose, weißes Hemd und Sakko am Haken im Fond) an, dass ich auf dem Weg zu einer Hochzeit war. Verrückterweise trug der Beamte den gleichen Nachnamen, wie der Bräutigam, verwandt waren die beiden jedoch nicht. Es ginge um eine Routinekontrolle und der Suche nach Drogen. Ob ich denn schon einmal in dieser Sache auffällig geworden sei, fragte er und logischerweise log ich ihn in nettem Ton an. Natürlich sagte ich auch, dass ich weder Drogen bei mir führen würde, noch in letzter Zeit welche konsumiert hätte.
Als kleiner Einschub zwischendurch: Lügen ist nicht strafbar. Ich kenne meine Rechte. Ich bin kein Fan der Polizei, hege aber auch kein Gräuel gegenüber Beamten. Sie sind Teil unseres Rechtsstaates und das ist auch gut so. Ich bin froh, dass ich in Deutschland geboren bin, denn ich genoss bislang gerne alle Privilegien, die unseren Staat ausmachen. Die Autobahnen sind gut, die Krankenversicherung exzellent und ich konnte nahezu kostenfrei studieren, obwohl ich aus einer Arbeiterfamilie komme. Aber das nur am Rande.
Ob ich denn einverstanden wäre ein paar Test zu durchlaufen, um meine Aussagen zu belegen. Aber Klar, Herr Kommissar. Die meisten von Euch kennen den Drill wahrscheinlich aus eigener Erfahrung. Erstmal Pupillencheck: Normale Reaktion. Keine Ahnung, ich hatte nie die typischen Klatschaugen. Als nächstes Augen zu, Finger auf die Nasenspitze. Easy. Auf einem Bein stehen. Ich bin sportlich und auch das war für mich keine unlösbare Aufgabe. Zwei, drei Meter Pisspott erledigte ich mit einem lächeln und freundlichem Smalltalk mit der Kollegin des Beamten. Jetzt kam was Neues: Bitte schließen Sie die Augen und schätzen Sie dreißig Sekunden ab. Augen zu und 21, 22, 23 … Als ich Stopp sagte, blickte die hübsche Blonde und ich auf ihr iPhone und was zeigte das Display. 30,34 Sekunden. Innerlich hob ich die Hand zum imaginären High-Five. Das Ding war gelaufen. Für die Bayern-Cops war klar: der Junge ist okay. Der ist nett und clean. So clean, wie Mutters Küche.
Dürfen wir uns denn in Ihrem Wagen einmal umsehen? Mir war klar, dass das nicht gut gehen würde, aber naja. Das gehört eben zu den Rechten der Polizei. Verneinen würde nur Stress bedeuten, also ließ ich den Beamten suchen. Es dauerte nicht einmal zwei Minuten, da fand er meinen Reisebeutel mit OCBs, Tipps und einem kleinen Döschen Weed. Was haben wir denn hier? Sie sagten doch, dass Sie keine Drogen mit sich führen würden. Immernoch freundlich sagte ich ihm, dass ich meine Rechte kennen würde und wir kamen überein, dass es okay sei davon gebrauch zu machen. Naja, das sei in Bayern nicht in Ordnung sagte er. Sprach von Strafanzeige und „Konfizage“. Ich erklärte ihm, dass ich beabsichtigte das ganze Wochenende in Bayern zu bleiben und es doch nicht gegen das Gesetz sei eine Party mit einem kleinen Joint zu beschließen.
Wir müssten dann jetzt zum Revier und die Anzeige zu Papier bringen. Ich solle den Beamten doch hinterherfahren. Ich konnte es nicht fassen. Ich fuhr den Beamten also hinterher. Die hübsche Blonde kümmerte sich um alles weitere. In Bayern wird man erkennungsdienstlich behandelt, wenn man mit Drogen erwischt wird. Also erstmal Fotos machen: zum Glück hatte ich einen Anzug an. Das müssen wohl die solidesten Fotos eines Gras-Konsumenten in der Geschichte Bayerns sein. Danach digitale Fingerabdrücke. Zum Glück benutzten die zu der Zeit schon keine Tinte mehr. Hätte die älteren Hochzeitsgäste sicher irritiert. Ich führe nebenbei ein sehr nettes Gespräch über die Gesetzeslage rund um Cannabis mit der Bayerin. Ich konnte nicht fassen, dass noch immer niemand meine Pisse oder auch nur meine klebrigen Fingerkuppen nach Gras untersuchen wollte. Ich versuchte also das Bild vom soliden Hochzeitsgast, der nur ein bisschen Kraut dabei hat, zu festigen und offenbar gelang mir das. Denn nachdem der Papierkram erledigt war, wünschten mir die Beamten, dass ich trotz dieser Eskapade die Feier genießen solle. Ich entschuldigte mich für den Papierkram, den ich Ihnen aufbrockte und durfte gehen, fahren, feiern. Unfassbares Glück.
Ich setze mich ins Auto, machte mir erst einmal eine Kippe an. Es war nicht das einzige Mal, dass ich ungeschoren davon gekommen bin. Aber zu der Zeit hatte sich in mir schon etwas verändert. Es war natürlich ein bisschen aufregend, ich hatte die Obrigkeit überlistet. Trotzdem, es musste sich was ändern. Ich konnte die Fete nicht richtig genießen. Es war eine tolle Party voller toller Menschen, die sich ehrlich mit und für ein tolles Paar freuten. Das tat ich auch, aber ich konnte nicht verdrängen, dass mein Leben zwar aufregend war, aber doch auch traurig. Ich war traurig. All die Spannung war doch unnötig. Ich trank ein halbes Helles mit den Jungs und stahl mich irgendwann gegen zwei Uhr morgens davon, um wieder heimzufahren. Mir wurden drei Couchen angeboten, ich habe ein angeregtes Gespräch mit der wunderschönen Portugiesin geführt, die ich immer nur auf Hochzeiten und anderen Events dieser Bayerntruppe sehe und dennoch fühlte ich mich beschissen.
Ich setzte mich also wieder in den Benz und fuhr die drei Stunden zurück. Das Gras hatten mir die Cops ja genommen und so hatte ich nichtmal Sorge, dass ich irgendwie illegal unterwegs war. Dabei war der letzte Joint ja erst sechs, sieben Stunden her. Ich hatte wahrscheinlich zehn Jahre ständig aktives THC im Blut. Zu Hause angekommen, dreht ich mir erstmal eine fette Tüte und legte mich mit ihr ins Bett. Mary und ich, wir waren kein Paar, dem andere zu ihrem Glück gratulierten, auf das sie neidisch schielten und bewunderten. Wir waren ein trauriges Paar. Es war höchste Zeit für eine Trennung. Heute bin ich nicht froh, dass ich damals nicht von den Cops gefickt wurde, sondern, dass ich Mary dann irgendwann endlich den Laufpass gab.
Was ist die Moral von dieser Geschichte? Kein Plan. Ich kiffe nicht mehr. Ich habe mich von einer Sucht befreit, die mein Leben bestimmte. So sehr, dass ich nicht einmal für eine Autofahrt zu einer Hochzeitsfeier klar bleiben wollte. Bekifft sein war einfacher, als mich damit auseinanderzusetzen, dass ich traurig über den Ausgang meiner letzten Partnerschaft war. Das ist alles Westentaschen-Psychologie, aber ist dennoch irgendwie logisch. Ich kiffte, um einfache Zusammenhänge zu verdrängen und das machte mich zum Süchtling. Jetzt bin ich clean und nur ganz langsam kann ich diese ganzen kleinen Zusammenhänge aufdröseln. Vier Monate bin ich jetzt dabei, in kleinen Schritten wieder zu einem glücklichen Franzl zu werden.
Weiter geht’s! Bleibt dran und bleibt sauber.
Gras kaufen: Legal, Illegal, Scheißegal.
Gerade wird wieder heftig diskutiert: Soll die Abgabe von Cannabis legalisiert werden? Ich war immer dafür. Heute bin ich unschlüssig, aber noch immer eher positiv dazu eingestellt. Ich bin über die Jahre auch mit dem Gesetz in Konflikt geraten, aber der Besitz wird in Deutschland ja nur in Einzelfällen bestraft. Das beste Argument für die Legalisierung ist wohl der unnötige Aufwand für die Justiz und die damit verbunden Kosten für den Staat. Aber egal: Gras gibt es an jeder Ecke. Zu Beginn hat uns Willi versorgt. Der hat es vom Türken in Hunderterpakete gekauft. Als ich in eine andere Statdt kam, hat meine Arbeitskollegin mich mitversorgt. Und ich hatte einen Deal mit meinem Nachbarn. Der hat mir jeden Monat ein Gramm in den Briefkasten geworfen, dafür dass er über mein W-LAN Fifa zocken durfte. In Bonn gibt es die Hofgartenwiese, wo man beim freundlichen Afrikaner einen Zehner auf die Faust kaufen kann. Die Versorgung in Deutschland ist wohl ziemlich lückenlos. Und jeder Kiffer aus NRW hat wohl schon dn obligatorischen Trip nach Maastricht gemacht. Mein Lieblingsladen war immer das Heaven 69. Freundliche Girls und weltklasse Milkshakes.
Meine letzte Connection war allerdings einmalig. Ein kleines Türkisches Coffee Café direkt um die Ecke. Täglich von elf bis elf geöffnet. Die Preise waren eher übel, aber es war eben praktisch ohne Ende. Kein Telefonieren, kein Warten, kein Stress. Einfach rein, an der Theke, bestellen und ab nach Hause. Supereasy. Die ganze Bude hatte nur diesen einen Zweck. Es gab so eine Art Code: man musste nach einer bestimmten Person fragen und schon war alles geritzt. Natürlich haben das auch die Cops irgendwann gerafft, aber dann wechselte einfach das Personal und es ging wieder von vorne los. Das Café gibt es noch, ich gehe nur nicht mehr hin.
Gesetzliche Regelungen ändern einfach gar nichts. Die NPD verbieten zu wollen, führt schließlich auch zu nichts. Genauso wie es die Rechten immer geben wird, wird es auch immer Kiffer, Kokser und andere „Rangruppen“ geben. Ich denke die Legalisierung wird kommen. Die Amerikaner probieren es ja grad. Ich bin mal gespannt, welche Ausmaße das dort annimmt. Aus Holland hört man ja eigentlich nur Gutes dazu.
Mir war das immer wurscht. Ist eine Connection verebbt, fand sich irgendwo die Nächste. In meinem Telefon habe ich noch immer ein paar Nummern, die ich stets nur für den einen Zweck angerufen haben. Die Namen dazu lauten: J, Flötz, der Dicke u.s.w. Aber um das Thema Sucht auch an dieser Stelle aufzugreifen: es ist ganz einfach herauszufinden, ob man ein Problem mit dem Kiffen hat. Du hast nur noch ein, zwei Gramm zu Hause und fängst dann bereits an die ersten SMS zu schreiben: „Yo J, wie sieht es aus? Ist der Günter bei Dir? Ich muss ihn sehen.“ Oder: „Hey Dicker, was geht? Hast Du Mary Jane getroffen. Ich brauch nen Termin.“ Kein Gras zu Hause zu haben war nicht cool. Das hat mich gestresst. Und das letzte Gramm hab ich stets am Stück weggeballert. Anstatt ein bisschen was für den Fall der Ebbe aufzubewaren, habe ich dann noch mehr geraucht, als ich es eh schon tat. Und die Zeit zwischen Leerstand und Nachschub war stets unentspannt. In diesen Phasen habe ich oft erkannt: Mann Franzl, Du hast ein echtes Problem. Aber dieses Problem konnte ich auch später angehen. Diese Situation habe ich bestimmt hundertmal erlebt. Trotzdem hab ich immer Nachschub geholt. Und weiter gebufft. Und immer weiter gebufft. Die Anzeichen für einen problematischen Konsum sind so eindeutig. Und trotzdem ist der Ausstieg unheimlich schwer. Erst die wahre Erkenntnis führt zum Erfolg.
Also: Bist Du nervös, wenn der Stoff zu Ende geht?
Dann rede mit Jemandem. Such Unterstützung. Weihe enge Bekannte ein. Stell dich Deiner Sucht. Sucht ist ein Problem, aber kein Weltuntergang. Ich fühle mich jetzt, nach zehn Wochen, schon viel freier. Ich bin immernoch moody und schlafe komisch, aber es wird. Es wird besser.
Jeden Tag Vollrausch!
Wer je über einen längeren Zeitraum täglich gekifft hat, kennt es. So richtig high machten auch zehn Tüten am Stück nicht mehr. Nach zehn Jahren war ich in der Profiliga angekommen. Naja, Semi-Profi – denn ich habe ausschließlich Tüten geraucht. Köpfe aus der Pfeiffe waren mir irgendwie zu hart. Über meine gesamte Karriere habe wahrscheinlich nicht einmal ein Dutzend davon geblubbert. Da habe ich doch lieber ab und an einen vier Gramm Blunt gebastelt. Am liebsten mit den amerikanischen HoBo-Phillies. Kennt ihr die noch?
An einen Kopf kann ich mich noch genau erinnern. Damals in der Oberstufe. Nach der ersten Doppelstunde stand die Frage im Raum: Englisch oder Keller? Im Keller wohnte Willi (a.k.a. Wilhelm Busch). Der Keller war als Poolraum geplant, doch es wurde Willis Zimmer, Souterrain im Einfamilienhaus, eigener Zugang, schwarze Ledercouch, Toni Montana Poster, Fliesentisch, Playstation und nur ein langes Fenster durch das nicht wirklich viel Licht in den stets verqualmten Raum drang. Dort haben wir viele langweilige Grundkurse verkifft. Dort habe ich das Kiffen entdeckt.
Es war mein erster richtiger Kopf aus der Glaspfeife. Schöne Profimischung und ich wollte ihn auch richtig wegballern, so wie ich es von Willi kannte. Blubbern bis nur noch Asche zu sehen ist und dann das Kickloch öffnen und den Rest tief in die Lunge knallen. BÄM – Headshot. Ich weiß es noch genau: Erst ein übles Schwindelgefühl und dann kam der Kick. Es war erst elf Uhr vormittags und bin ich bin direkt auf dem Sessel eingepennt. Irgendwann am späten Nachmittag hat mich einer von den Jungs nach Hause gefahren, wo ich direkt wieder ins Bett bin und bis zum nächsten Tag durchgeschlafen habe, an dem Tag stan allerdings eine Physik-LK-Klausur an. 4 Stunden Klausur und danach nochmal ins Bett. So fertig war ich vom Kiffen seither nie wieder. Die Klausur hatte ich grad so bestanden. Aber Köpfe waren nix für mich.
Zehn Jahre später wurde ich überhaupt nicht mehr breit von dem Kraut. Ich habe überall und jederzeit gekifft. „Erstmal einen basteln“, egal was ich/wir gemacht – es wurde vorher erstmal ein kleiner Jizzl geraucht. Vor dem Kino, in der Menge auf Konzerten, in der Gondel beim Skifahren, auf dem Beifahrersitz auf Reisen, in der S-Bahn, auf dem Miniklo in der Sauna – ich glaube ich habe überall schon gedreht. Richtig stoned wurde ich gar nicht mehr. Meine Körperfunktionen hatte ich jederzeit im Griff. Hochdosierung nennt sich das wohl. Ein harter Alkoholiker zeigt schließlich bei zwei Promille auch keine wirklichen Ausfallserscheinungen. Vollrausch sollte Vollrausch bleiben. Doch aus Rausch wurde Normalzustand. Eine Wirkung gab es noch, ein wohliges Gefühl, dass ich ständig wollte und irgendwann brauchte, um mich normal zu fühlen. Aus der Droge wurde die Sucht. Eine merkwürdige Verwandlung.
Obelix wurde ich zwischendurch genannt. Der, der in der Hanfplantage aufwuchs und einfach nicht mehr breit wurde.
Jetzt bin ich zehn Wochen clean. Es fühlt sich nach Abschied an. Ich hänge es noch immer nicht an die große Glocke, aber mein engerer Freundeskreis weiß Bescheid und das Verlangen nach Gras ist wirklich gering. Ich hänge abends manchmal durch, aber es zuckt auch dann nicht in den Fingern. Das ist gut so. Mein Ziel ist 1 Jahr kein Joint. Danach ziehe ich Bilanz und mache mir ein neues Ziel. Also. Weiter geht’s.
Kripo klingelt: morgens um halb sechs.
Noch eine kurze Geschichte hinterher. Eines morgen klingelt es um halb sechs an miener Tür. Ich steckte grad in einem Projekt, für das schon früh morgens unterwegs war. Als es an der Türr klingelte saß ich gerade mit einem Joint im Bad und kackte. Wer konnte das bloß sein? Ich machte auf und als ich die zwei Stimmen im Flur hörte war mir klar: Das sind die Cops. Egal, ich hatte nie Schiss mit dem Gesetz in Konflikt zu kommen. Ich deale nicht und NRW ist ja für seine Nachsicht bekannt. Schon vor diesem Vorfall wurde einige Anzeigen, wegen Besitzes geringer Mengen aus Geringfügigkeit eingestellt.
Da stehen also zwei Kripo-Jungs in Zivil an meiner Tür und fragen, ob sie mal reinkommen können. Ich so: Äh, eigentlich nicht, ich will grad los zur Arbeit. Die so: Wir haben ein Zettel, der es uns gestattet, also bitte. Ich bitte die Jungs rein und bin freundlich. Ein halber J liegt im Aschenbescher auf dem Klo und auf meinem Couchtisch steht ein Glasgefäß mit nem Gramm, oder so. Daneben eine Holzkiste mit allen Utensilen und nochmal 5, 6 Grämmies. Ich frage mal freundlich, wie es überhaupt dazu kommt, dass ich Besuch bekomme und der wirklich nette Herr erzählt mir von einem anonymen Hinweis auf Cannabisanbau. (Was’n anbauen?, wenn ihr versteht.)
Es war Februar. Im Sommer davor habe ich auf meinem Balkon eine Pflanze aufgezogen, die zwar schön gewachsen ist, aber nicht wirklich eine ernsthafte Ernte abwarf. Ich hatte halt Samen im Dope und ein paar davon aufgezoegen. Einer davon entwickelte sich zu einer weiblichen Pflanze und ich ließ Sie auf dem Balkon sprießen. Ein Nachbar machte ein Foto davon und schickte es der Obrigkeit. Ich brauche Euch ja nicht zu erzählen, wie der Zyklus von Pflanzen in in Mitteleuropa funtioniert. Auf der Polizeischule scheint das kein Bestandteil des Unterrischts zu sein. Ich musste die Jungs also erstmal aufklären, wie das so läuft mit den Blümchen. Meine Geschichte fanden Sie auch plausibel, wollten aber trotzdem schauen, ob auf dem Balkon nicht doch eine Plantage vorhanden war.
Sie fragten danach, ob ich denn Marihuana im Hause hätte und ich schüttelte das kleine Glasflächchen, das auf dem Tisch stand. Das wurde konfisziert und sie machten sich auch nciht die Mühe den Deckel der Holzbox anzuheben, wo sie mehr gefunden hätten. Vielleicht auch aus Sympathie. Es war eine freundliche Begegnung. Also: Anzeige wegen Besitzes eine geringen Menge Dope und die beiden machten sich auf. Wir wünschten uns noch eine gute Zeit und kiffte den Rest des Klo-Joints und machte mich auf zur Arbeit.
Ein paar Wochen später kam die Benachrichtigung über die Einstellung des Verfahrens. Ich bin absolut kein Fan der Polizei, aber das sollte man nicht bei jeder Gelegenheit raushängen lassen. Die Jungs machen auch nur Ihren Job.
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