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Anfang des Jahres 2014

Hallo,

ich bin Franzl und ich bin süchtig. Gras war die vergangenen zehn Jahre Mittelpunkt meines Lebens. Diese Erkenntnis ist relativ frisch und ich schreibe nun diesen Blog, um meine Gedanke festzuhalten und zu teilen. Ich weiß, ich bin nicht allein mit diesem Problem. Ich mache auch nicht die Droge dafür verantwortlich, dass ich süchtig wurde/bin. Aber mein Leben war diktiert von Konsum und Stillstand. Das soll sich nun ändern und Euch nehme ich mit.

Franzl Paffka ist natürlich ein ausgedachter Name, den ich hier verwenden möchte, um meine wahre Identität zu verschleiern. Ich bin 30 Jahre alt, habe studiert und arbeite als Freiberufler und mache „Irgendwas mit Medien“. Kiffen war sehr lange ein Teil meiner Identität und ich habe nie ein Gehimnis daraus gemacht. Notwendigkeit war immer meine/unserer Rechtfertigung für den Konsum. Ich bekomme doch alles geregelt, warum sollte ich etwas ändern? Doch Sucht ist stark und es geht nichtmal so um die Droge Gras, sondern vielmehr um die Verdrängung von Gefühlen.

In diesem Blog schreibe ich unregelmäßig über meine Erfahrungen mit dem Ausstieg. Ich bin nicht allein. Gerade in meinem Alter gibt es viele Jungs und Mädels, die die gleichen Prozesse durchmachen: Schlafstörungen, Traurigkeit, Kraftlosigkeit und Unklarheit über die Perspektiven.

Fette Grüße, Euer Franzl.

07Feb. 15
Die Prohibition Des Grases

Die Prohibition des Grases

Zehn Jahre maschinenhaftes Kiffen. Zehn Jahre Marihuana-Lifestyle und plötzlich bin ich alt und langweilig. Jakob Schrenk schreibt in der Neon: „Die Legalisierung ist das Einzige, was gegen den globalen Cannabisboom helfen kann. Wenn WMF mit Swarovski-Kristallen besetzte Wasserpfeifen herstellt und Manufactum uralte handgearbeitete bayrische Schillums wiederentdeckt, wenn Stiftung Warentest vor Hasch aus Billiglohnländern warnt und die Bild-Zeitung Volksgras vertickt, dann, ja, dann merken die Millionen deutscher Kiffer endlich, wie uncool ihr Hobby doch ist.“ Bei den bayrischen Schillums schnaufte ich laut. Ich könnte mir jetzt einreden, dass ich mit dem Kiffen aufgehört habe, weil es Mainstream wurde. Aber dann müsste ich mich auch mal rasieren. Aber der Junge hat völlig recht. Ich glaube das viele Kiffer dieses Rebellentum pflegen. Für Opium oder Crack sind wir zu sehr Mittelschicht, aber ein bisschen Illegalität ist doch spannend und irgendwie cool.

Werde ich wohl meinen Enkeln mal erzählen, dass ich in der Prohibition des Grases lebte? Und werden sie mich ungläubig anschauen und fragen, warum man dieses Kraut wohl illegal erklärte, während sie Gras in ihren Elektro-Vaporistaor bröseln? Wir werden sehen. Es ist jetzt eine Woche her, dass ich meine Abstinenz durchbrach und einen kleinen Rausch erlebte. Es macht mir Mut, dass mich das in keiner Weise auch nur einen Schritt zurückgeworfen hat. Und ich möchte euch auch Mut machen. Wir sind keine Kiffoholiker, die nie wieder einen Joint auch nur schnüffeln dürfen, da wir sonst sofort wieder hooked sind. Das ist quatsch. Ich bin nach wie vor gefährdet, aber das Jahr hat wirklich was verändert. Ich bin ausgebrochen aus diesem Kreislauf des immer wiederkehrenden letzten Joints.

Und jetzt bin ich ein Langweiler, der Geschichte aus seiner „wilden“ Jugend erzählt. Ich bereue nichts und das soll auch nicht traurig klingen, aber es fühlt sich ein bisschen so an. Ich war hip und voll anti. Mein Gekiffe war Rebellentum und ein Statement gegen den Mainstream. Ich habe das nie versteckt, Freunde, Bekannte, meine Familie und auch meine Arbeitgeber wussten, dass ich kiffe. Das ich nicht mehr kiffe habe ich niemandem erzählt. Schäme ich mich etwa dafür, dass ich dieses Laster aufgegeben habe. Ich höre noch immer HipHop, ich freue mich, wenn ich einen Kiffer irgendwo mit kleinen Augen hocken und grinsen sehe: ich bin Pro-Kiff irgendwie. Ich mache es nur nicht mehr. Aus Gründen, die für mich logisch und konsequent sind.

Kiffen bremst. Scheiße, ja: es macht träge und faul und auch antriebslos. Ich könnte, und habe früher auch, stundenlang dagegen argumentieren. Ich war auch bekifft aktiv, habe völlig stoned Dinge gebaut und bin unterwegs gewesen. Aber das sind leider Momentaufnahmen. Ich bin kein Künstler, der seinen Unterhalt mit Kreativität verdient und es sich leisten kann wochenlang ein bisschen neben sich zu stehen. Ich brauche Frische im Kopf. Und das ist schwer mit einem verkleisterten Gehirn.

Ich werden Abstinent bleiben. Das macht das Leben nicht einfacher, oder toller, oder langweiliger. Es ändert eigentlich gar nichts. Aber ich sehe mich und mein Leben heute klarer, als früher. Früher war einfach alles besser. Oh Gott, ich meine das sogar ernst. Ich will nicht „alt“ werden.

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16März 15

Update: Rückfall war kein Rückfall

So, heute mal ein kurzes Update zu meinem „Rückfall“. Ich hab zwischendurch zwar mal dran gedacht mal wieder gemütlich einen durchzudengeln, aber ich habe es gelassen – ohne Schwierigkeiten damit zu haben. Es war ein einzelnen, freundschaftsbelebender kleiner Jizzl, den ich weder bereue noch feiere. Er hat nichts verändert.

Meine Einstellung ist nach wie vor die gleich. Ich möchte nicht mehr kiffen. Ich werde berichten, falls sich doch mal wieder einer einschleicht.

Ansonsten geht es mir gut. Ich freue mich auf den Frühling. Der hat mich letztes Jahr gerettet. Die Sonne und ihre Wärme hat mich aus der Einsamkeit und Melancholie aufgetaut. Ein Jahr hat viel verändert, aber es gibt noch immer Baustellen zu bearbeiten. Aber ich habe mehr Kraft sie anzugehen. Bleibt alle stark.

Liebe Grüße und Danke für eure Hilfe bei meinem Weg,
Euer Franzl

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17März 15

Wilhelm’s Kiff-Keller

„Was geht? Englisch oder kiffen?“ – die Antwort kam einhellig und so fuhren wir zu viert im alten Escord Kombi die 15 Kilometer in Wilhelms Kiff-Keller, anstatt den Englischkurs zu besuchen. Zwei Stunden hatten wir schließlich schon im Leistungskurs gesessen und das musste, wie so oft, für diesen Tag reichen. Natürlich fiel damit auch der Rest des Schultages durch, aber schice drauf. Wir waren eh Rebellen und so fuhren wir ganz rebellenartig in Mutters weißem Kombi in einer halbwegs noblen Kölner Vorort in die Residenz Busch. Ein wirklich schönes und großes Haus zweier fleißiger Eltern, die zwei fleißig kiffende Söhne darin großzogen. Der eine wohnte im ausgebauten Dachgeschoß und der andere eben im Keller, der mal ein Poolraum werden sollte. Dieser stand nun im Garten, ordentlich angelegt – nicht so ein blauen Planschbecken, was heute schon als Pool durchgeht.

Ich konnte bereits kiffen an diesem Tag, aber die Pfeife hatte ich bislang im umschifft. Keine Ahnung warum. Die 3er-Runde heizte Kopf um Kopf und ich rauchte meinen Selbstgebastelten, bis die Frage kam: „Soll ich dir nicht auch mal einen Kopf klarmachen, Franzl?“ „Hau halt raus“, oder irgendwas in der richtung muss meine Antwort gelautet haben, denn ich hatte kurz danach die Pfeife im Gesicht und wurde in die physikalische Logik des Kicklochs eingeführt. Feuer an den Kopf, ziehen bis der Kopp alle ist und dann den Finger vom Loch und leer machen die Bong. Easypeasy.

Ich dachte ich falle direkt hintenüber, als ich den Kopf im Hirn hatte. Ich war immer gerne stoned, auch mal so richtig breit, aber was sich da in meinem Gehirn ausbreitete war die absolute Dichtheit. Ich war für die kommenden fünf Stunden an diesen Sessel geklebt. Nichts ging mehr. Ich musste nicht kotzen und auch die Erdrotation konnte ich gut ertragen, aber ich konnte weder sprechen, noch etwas essen, oder mich gar bewegen. Ich war einfach superweggeballert. Das war mir neu. Ich wurde geweckt, als die Jungs den Heimweg antreten wollten. Herr Busch fuhr uns netterweise auch wieder zurück und brachte mich heim zu Mama, wo ich direkt ins Bett ging. So gegen 17 Uhr.

Am nächsten Morgen um 8 saß ich in der Schule über einer fünfstündigen Physik-LK-Klausur. Ich füllte 20 Seiten mit irgendwelchen Berechnungen, gab ab und ging wieder heim, wo nochmal 7 Stunden schlief, um mitten in der Nacht halbwegs klar das erste mal wieder klarzukommen. Also diese Bongkifferei muss man echt üben – der erste Kopf hat mich echt umgehauen und für 48 Stunden etwas schmierig im Kopf gemacht. Danach habe ich vielleicht noch vier- fünfmal eine Bong geraucht. Immer vorsichtig und nie wirklich mit Vergnügen. Ich bin bei der leichten Stonedheit geblieben, die mir Joints geliefert haben. So etwa zehn Jahre lang.

5 Punkte war das Ergebnis der Klausur. Es hat gerade gereicht. Die Notwendigkeit hatte mich wieder einmal gerettet. Selbst mit zugekleistertem Hirn habe ich es noch auf die Reihe gekriegt die Klausur ausreichend zu gestalten. Das Argument – „Kiffen schadet mir nicht, ich bekomme doch alles geregelt“ – höre ich oft. Ich habe es auch selbst schon gebracht, aber heute weiß ich es besser. Es hinzubekommen und wirklich zu leben sind zwei ganz verschiedene Dinge.

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01Juni 15

Update: Rückfall plus 4 Monate

Hallo, meine kleine, liebgewonnene und absolut hilfreiche Nichtkiffgemeinde, ich lebe noch. Ich kiffe aber nicht mehr. Am letzten Januartag habe ich eine verloren gegangenen Freundschaft ein kleines bisschen kitten können. Und statt Fensterkitt haben wir Gras geraucht. Ausrede? Nein. Es war einfach der richtige Mensch und der richtige Anlass, um mein Jahr Abstinenz zu besiegeln. Ich habe das Jahr geschafft. Ich erinnere mich noch gut an die ersten Tage und Woche voller schlafloser und verschwitzter Nächte. Meine Fresse war das nach zehn Jahren ständigem Konsum eine Qual.

Heute sind schon wieder 4 Monate nach diesem einen kleinen Sticky vergangen und ich kann euch sagen: alles easy. Und das meine ich nicht mit den Worten des alten Franzl, der das sagte während eine dicke grüne Wolke aus seinem Rachen entstieg und damit meinte, dass eben alles easy ist. Was meist irgendwie gelogen war. Die letzten vier Monate waren sehr einfach. Gras spielt einfach keine Rolle mehr in meinem Leben. Ich begegne noch immer Kiffern, zuletzt auf einem Basketballturnier hier in der Ecke, aber irgendwie zieht es mich nicht mehr zu Ihnen. Ich muss nicht mal mehr Joints aktiv ablehnen, da ich einfach nicht mehr mit im Kreis stehe wenn irgendwo gekifft wird. Und das muss ich gar nicht vermeiden. Es ist einfach so gekommen.

Leider, und das meine ich sehr ernst, leider hat das auch Auswirkungen auf diesen kleinen Blog hier. Meine Gedanken drehen sich einfach nicht mehr um die Problematik, die mich so lange beschäftigt hat. Mir hat es so sehr geholfen, meine Situation, meine Gedanken und die ganzen Geschichten hier aufzuschreiben, aber heute dreht sich mein Tag um andere Dinge. Ich suche immer noch nach einer Lösung, wie ich das Projekt weiterführen kann, aber so lange ich da keine Lösung gefunden hab, hat wohl Daniel Bahr (Anfangs Troll, dann ehrlicher und geschätzter Mitstreiter) recht, wenn er schreibt: „Der Blog ist tot.“

Ein fetter Dank an euch alle!

Es macht mich traurig und froh zugleich! Ihr Mitstreiter habt mir echt Kraft gegeben und ich hoffe sehr, dass ihr alle auf einem guten Weg seid und es euch gut geht. Apropos: wie geht es denn dir, Herr Aussteiger? Nächste Woche müsste dein Jahr ablaufen. Ich bin sicher, du bist noch dabei und wünsche dir alles Gute. Jetzt können wir gemeinsam stolz sein! Stark, homie! Trine, Mori, Daniel, Christoph, der Melancholiker, Mary, Thandie, Ma, Siggi, kiffling: wie sieht es bei euch aus? Läuft alles gut? Ich hoffe das sehr!

Mir geht es jedenfalls gut und ich gehe meinen Weg weiter. Zu haufenweise Sport, ein bisschen Arbeit habe ich außerdem eine neue Liebe gefunden. Liebe macht Spaß und ein gemeinsamer Abend auf der Couch gibt mir deutlich mehr als ein einsamer verrauchter Abend.

In diesem Sinne. Bis bald. Hoffentlich! Fühlt euch gedrückt,
euer Franzl

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