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Stress ist gut.

Ich sitze im Zug auf dem Weg nach Hause. Die ganze Woche schon wollte ich einen Text hier reinhacken, aber ich kam einfach nicht dazu. Ich hab den Arsch voll Arbeit. Und das ist großartig. Seit Jahren schon hoffe ich auf diese Situation. Sieben Monate bin ich clean und plötzlich ist es soweit. Und ich fühle mich bereit. Auf meinem Wecker hab ich die Zeit zurückgedreht, damit mein Tag länger wird.

Ist es Zufall, dass sich nun auch Erfolg einstellt? Hätte ich diesen Auftrag auch als Kiffer geholt? Und wäre ich überhaupt in der Lage gewesen das Ding auch durchzuführen? Ich weiß es nicht. Es ist zumindest fraglich. Meine Konzentrationskapazität hat sich definitiv verbessert. Meine Stimmung ebenso. Ich verspüre eine große Euphorie, wenn ich an den nahenden Start „meines“ Projekts denke. Ich hab richtig Bock. Lust zu arbeiten. Das ist auf jeden Fall neu.

Dabei denke ich zurück an vergebene Chancen. Kennt ihr die Zeile von Samy Deluxe: „Sollt‘ ich jemals wieder kiffen, hau ich mir ne Axt ins Bein!“? Ich mochte den Song, aber diese Zeile hab ich nie gerafft. War ich so blind? Hab ich mein Potenzial mit der Kifferei so sehr gebremst, dass ich keine Kraft mehr für Fortschritt hatte? Und jetzt bin ich entfesselt, oder was? So einfach kann es doch nicht sein.

Mein Kopf rattert. Ideen. Möglichkeiten. Ich werde mutiger und beginne ernsthaft an meiner Zukunft zu planen. Und irgendwie mache ich kleine Schritte in die richtige Richtung. Damals habe ich tagsüber viel geträumt: von Erfolg und Geld, von Liebe und Glück, von Möglichem. Jetzt tagträume ich viel weniger und plane mehr. Ich lege mir kleine Schritte zurecht und gehe die Dinger auch vorwärts. Ich war ne Ewigkeit nicht mehr richtig broke, also so am 21. mit dem letzten 50er in der Tasche broke.

Vielleicht wird das ja wirklich noch was mit mir. Wir werden sehen. Sollt‘ ich jemals wieder kiffen, dann weil ich ein Versager bin. Ja, so sehe ich das heute. Verpetzt mich nicht. Unfassbar, dass diese Worte aus meinem Mund kommen. Franzl der Kiffer ist voll anti geworden. Was’n Lappen.

Übrigens. Der Sommer ist zurück für seine letzte Etappe. Genießt den shit aus den letzten Sonnenstrahlen. Ich mach dieses WE nochmal einen kleinen Ausflug. Ich wünsch Euch ein Tolles.

Drücker,
Franzl.

Argumente fürs Kiffen: Notwendigkeit

Es ist erschreckend zu bemerken, wie sich meine Argumention verdreht.

Notwendigkeit, dass war lange Zeit für mich ein Argument nicht mit dem Kiffen aufzuhören. Ich hab mein Leben doch im Griff. Schule irgendwann mit Abitur abgeschlossen. Zivildienst geleistet. Danach in Regelzeit das Studium durchgezogen (pun intended), mit sehr guter Abschlussnote. Danach hab ich einen Job in einer fremden Stadt angenommen und fünf Jahre hart gekifft und semi-hart gearbeitet. Läuft doch Alles, hab ich mir gedacht.

Die Kifferei schränkt mich nicht ein. Ich pflege soziale Kontakte und vor allem: Ich erkenne stets die Notwendigkeit. Die Notwendigkeit wichtige Termine einzuhatlen, für Prüfungen zu lernen und sie zu bestehen, Deadlines einzuhalten, Soziale Kontakte ab und an zu pflegen und natürlich genug Geld zu verdienen, dass die 150 bis 250 Euro für Gras jeden Monat kein Problem darstellen.

Mein engster Kiff-Kumpane, nennen wir ihn hier und in Zukunft einfach Friedrich Schiller, also Friedl, wir habe diese Notwendigkeit stets als unsere Stärke bezeichnet: „Guck se dir doch an, all die Lappen mit ihren 0815-Leben, die morgens nicht aus dem Bett kommen. Und wir kiffen uns die Hirse weg und morgens geht es ab in den Job und dann wird in die Tasten gehackt.“ Ja – Recht hatte er damit, aber besser als all die Normalos hat uns das sicher nicht gemacht. Ich kenne auch Bekannte aus meiner Schul- und Uni-Laufbahn, die diese Notwendigkeit einfach nie erkannt hatten. Prüfungen „verschlafen“, oder lange geplante Verabredungen mit fadenscheinigen Ausreden kurzfristig per SMS absagten. Das Abi vergeigten und so weiter. Menschen sind unterschiedlich gestrickt, ob Kiffer oder Nicht – dem Einen fällt es leicht auch unangenehme Dinge anzugehen, dem Anderen eben nicht.

Heute hat sich meine Argumentation völlig verdreht. Ich bin jetzt rund zehn Wochen sauber und heute frage ich mich, warum ich denn nie mehr als das Notwendigste erledigt hab. Ich hatte in den letzten zehn Jahre auch nie den Anspruch mehr zu tun, als eben das Notwendigste. Hautsache es läuft! Dabei will ich eigentlich mehr. Und momentan fällt mir genau das schwer. Ich fühle mich noch immer gerädert, ich komme morgens erstaunlich schwer aus dem Bett. Aber ich will mich nicht in Ausflüchte retten. Ich sehe es als neues Ziel. Konzentration auf eine Sache und dann Alles geben. Das ist leicht gesagt und wir werden sehen, wie konsequent und erfolgreich ich dieses Ziel verfolgen werde.

Erkenntnis ist der erste Schritt und so. Es ist wirklich erschreckend, dass sich meine Realität in so kurzer Zeit so extrem verschoben hat. Ich bin lange nicht suchtfrei, werde ich wohl nie sein, aber es scheint als verschiebe sich meine Welt. Das Leben ist kurz und ich hab noch ein paar Sachen vor. Jeden Tag zu kiffen hält auf. Das habe ich lange Zeit nicht erkannt. Auf geht’s. Mund abwischen und weitermachen.

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