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Regeln sind für Pussies.

Zwischendurch hab ich schon Lust mal wieder richtig einen durchzuknallen. Ein bisschen Kraut in Tütenform drehen und schön abdampfen. Kein billiges Gras von der Ecke, sondern schönes, sauber angebautes holländisches White Widow oder Superskunk. Paffedipaff und ein bisschen Pass. Klebrige Finger. Dummes Gelächter. Abgefahren leckerer Kakao. Das ganze Programm.

Sorry, aber so ist das. Ich habe mich dagegen entschieden und bis froh und auch ein bisschen stolz, dass ich jetzt acht Monate durchgehalten habe. Und ich werde dieses Verlangen auch weiterhin unterdrücken. Aber ich will nicht verheimlichen, dass ich noch immer ab und zu Lust auf einen Joint verspüre. Ich kann gar nicht sagen, ob es die Lust auf den Rausch, oder die gewohnte Prozedur des Drehens ist, nach der ich mich sehne. Das Eichhörnchen sitzt also noch auf meiner Schulter, wie Towely das Handtuch. Komm, lass ma‘ kiffen! Soll es halt da hocken. Wahrscheinlich wird das blöde Hörnchen mein ewiges Maskottchen bleiben. Damit werde ich mich arrangieren müssen. Irgendwann wird der Versuch kommen: ein kleiner Joint und ein geselliger Abend und am nächsten Morgen der große Test. Reagieren Körper und Kopf dann, wie sie es so langen taten? Wird er mich zurückwerfen in alte Muster und gibt es doch die Chance die Sucht zu besiegen? Wir werden sehen. Irgendwann in ferner Zukunft. Noch sehe ich diesen Tag, diesen riskanten, aber notwendigen Versuch nicht. Ich bin noch viel zu nah dran an dieser ewigen Kreislauf zwischen dem letzten und dem ersten Joint. Ich will die Sucht besiegen, möchte wieder komplett unabhängig sein und selbst entscheiden wann ich mir was in die Birne zimmer.

Die allgemeine Meinung dazu ist, dass Süchtige wohl immer süchtig bleiben. Momentan ist das auch meine Meinung. Ich glaube nicht, dass ich „verantwortungsvoll“ kiffen kann. Ich tendiere dazu dem verfluchten Eichhörnchen einen Käfig zu bauen und mir eine Decke zu kaufen, die ich drüberwerfe, wenn das blöde Hörnchen zu laut und zu aufdringlich wird.

Denn für mich ist es klar: mir geht es schon nach so „kurzer“ Zeit deutlich besser. Besonders emotional fühle ich mich wesentlich ausgeglichener. Ich fühle mich leistungsfähiger, kompetenter und wacher. Es ist ein Dilemma. Zurück in den täglichen Konsum will ich auf keinen Fall. Bloß nicht noch einmal zehn Jahre verlieren. Nicht mal eine Woche will ich nochmal in diesem ewigen Halbrausch verbringen. Auf der anderen Seite schwebt da dieses ekelhaft konservative Gefühl des Verbots über mir. Wer bin ich denn, dass ich mir was verbiete? Was bilde ich mir ein? Ein Rebell bin ich doch. Regeln sind für Pussies.

Doch dieses Verbot bleibt aktiv. Für die gute Sache. Für ein gutes Leben. Ein Verbot für die Freiheit. Es ist paradox.

Der Königsweg zum Glück.

Ich mag diese ganze Kiffer-Subkultur noch immer. Ich habe mich für einen grasfreien Weg entschieden und das ist für mich auch erstmal gut so. Aber ich bin weit davon entfernt, jedem vom Kiffen abzuraten. Ich will hier ehrlich sein – und dazu gehört es einzugestehen, dass ich tiefergehende emotionale Probleme über Jahre mit mir rumgeschleppt habe, ohne sie anzugehen. Und mit meiner Sucht habe ich die Verdrängung forciert. Ich habe auf morgen verschoben. Heute ist das alles für mich ganz eindeutig und ich habe keine Scham zuzugeben, dass ich belastet war und es auch noch bin. Ich habe mich für sehr stabil gehalten – emotional ausgeglichen und frei. Aber erst eine gescheiterte Beziehung und eine berufliche Unsicherheit, zusammen mit dem Stopp der Zufuhr meiner täglichen Dosis Medical Marihuana, haben die Wahrheit ans Licht gebracht. Ganz langsam und Stück für Stück wurde mir bewusst, dass ich mir etwas vorgemacht habe. Es war nicht das Gras, das mich emotional beschädigt hat – nein es war die Zeit der Verdrängung, die kleine Päckchen in große Lasten verwandelt hat. Unbemerkt in einem stillen Eckchen meines Kopfes. Meine Fresse bin ich froh, dass das letzte Jahr so gelaufen ist wie es eben gelaufen ist. Es hat mir die Augen geöffnet. Ich habe mehr als genug Zeit die Lasten langsam aber sicher abzuladen.

Ich möchte Euch ansprechen, ihr da draußen, die diesen Blog findet in einer Phase in der ich mich befand, als ich ihn startete: Scheiße, mein Leben gerät irgendwie aus den Fugen. Ich war fertig. Nach der ersten kifffreien Woche war ich nicht stolz, sondern völlig down. Desillusioniert. Verwirrt. Ich hatte Angst.

Seid aufmerksam. Unsere Geschichten sind alle unterschiedlich. Unsere Biografien ebenso. Und auch die Gründe, warum wir aufhören wollen zu kiffen variieren. Es gibt ihn nicht, den allgemeingültigen Königsweg für den Weg aus der Sucht. Sucht Euch Vertraute, denen ihr sagen könnt, was Euch belastet. Seid ehrlich zu ihnen und zu Euch selbst. Meist hat die Sucht einen tieferen Grund. Das klingt nach einer ganz schlimmen Floskel, aber es ist wahr. Der tiefere Grund kann auch nur eine kleine Pfütze sein – einmal feste reingetreten und die Welt ist wieder in Ordnung. Oder ist ein tiefer Graben und es muss erst eine Brücke darüber gebaut werden, ohne das man wüsste wie so etwas geht. Scheitern. Neu versuchen. Scheitern. Erfolg. Profis können helfen. Es gibt Menschen, die haben schon viele dieser Brücken gebaut und verfügen über Pläne, Material und Erfahrung. Vertraut Euch an. Vertraut Euch und Eurem Instinkt.

Wenn ich so zurückschaue wusste eigentlich immer, was mit mir los ist. Hätte mich jemand ins Gesicht darauf angesprochen, hätte ich es von mir gewiesen und als lächerlich abgetan. 7 Monate haben viel verändert. Es ist wahr. Und es soll Euch Mut machen. Packt die Scheiße an. Traurigkeit, Wut, Melancholie, Angst – lasst all diese Gefühle zu und hört genau hin. Hinter diesen Emotionen stecken die Probleme und auch die Lösungen. Wie oft bin ich in den ersten Wochen von dieser tiefen Trauer übermannt worden, die mich richtig gelähmt hat. Statt der Wohligkeit, wie nach dem ersten tiefen Zug an an der Tüte  zog eine dichte Wolke aus Traurigkeit durch meinen Kopf. Ganz plötzlich und doppelt so intensiv. Ich fühlte mich schwach, schlecht und nutzlos. Ich war ein kleines Häufchen Elend, von der Freundin verlassen und nahezu pleite. Ich armer kleiner Trottel. Ich hab mich extra klein gemacht. Ich wollte klein sein, zurück in Mamas Schoß. (Dabei muss ich wieder an Siggi Freud denken. Nie hab ich verstanden, was das für eine Theorie sein soll von wegen Mutter heiraten und Vater töten. Heute halte ich den Mann für den Superdenker überhaupt. Aber das nur am Rande.)

Kiffen oder nicht kiffen? Ihr wisst ganz genau, was der richtige Weg für Euch ist. Und wenn der Joint oder die Bong zum Instrument wird und ihr darauf spielt, um die Stimmen Eures Gewissens zu überspielen, dann – ja dann sollte die Antwort auf der Hand liegen. Ich hab so kraftvoll in die Trompete geblasen, dass ich jahrelang gar nichts mehr gehört hab. Ich hatte einen grünen Tinitus.

Kifft, oder hört damit auf. Beides ist der richtige Weg. Kiffen hilft und es schadet. Es ist Medizin und Droge. Freundin und Hure. Problem und Lösung. Ihr wisst alle ganz genau, was richtig für Euch ist. Tut es. Sammelt Kraft und legt los. Ich glaub an Euch. Euer Franzl.

Ein Abschiedsbrief.

Im Zuge der meiner Suchtberatung wurde ich gebeten einen Abschiedsbrief zu verfassen. Ich finde das eigentlich ein bisschen sehr theatralisch, dennoch möchte ich meine Version mit Euch teilen:

Liebe Mary Jane,

zehn Jahre waren wir ein Paar. Unzertrennlich wie Bonny und Clyde. Ich war der gute Junge mit den ehrlichsten Intentionen, war verliebt und grünäugig. Du warst meine Gaunerbraut. Eine kleine Rebellin, die meinem Leben ein bisschen Aufregung versprochen hat, ein bisschen Verruchtheit. Dein Geruch nach Hinterhof und hat mich fasziniert. Ich bin bürgerlich aufgewachsen, doch mit Dir an meiner Seite war ich plötzlich auch ein bisschen Ghetto. Ich mochte das sehr. Wir waren die zwei Geflippten und schwammen gemeinsam die Strömung. Wir haben Parties aufgemischt, Rentner verwirrt, Unruhe gestiftet und Regeln gebrochen. Ich habe die verstörten Blicke der Leute geliebt, wenn du inmitten der Meute auf Konzerten an meinen Lippen hingst und wir uns gemeinsam der Musik hingegeben haben. Für uns war das Alles ganz lockere Action, doch für die waren das gleich Skandale. Ohne mich warst Du eine stinknormale Blume und ohne Dich war ich nur einer dieser Spießer.

Meine „wilden Jahre“ habe ich mit Dir geteilt. Sicher werde ich meinen Enkeln irgendwann von Dir erzählen. Von den vielen Nächten, die wir uns um die Ohren geschlagen haben. Von den Geschichten, die wir erlebt haben. Es war, wie ein ewiger Rausch. Ich hab Dich verehrt und gegen jede Argumentation verteidigt. Mama mochte Dich nicht. Im Berufsleben habe ich unserer Beziehung sogar geleugnet. Es war eine wilde Zeit mit Dir und ich kann nicht beurteilen, wo ich ohne die Jahre mit Dir heute stünde. Erfolgreicher? Erwachsener? Glücklicher? Fuck it! Ich habe Dich verlassen. Ich bin Dir nicht dankbar und erwarte ebenso keinen Dank von Dir. Ich werde Dich nie vergessen, aber ich werde keine Träne vergießen, weil Du nicht mehr da bist. Wir sehen uns in der Hölle, Du Miststück. Ich bereue unsere Liaison nicht, aber sie war zu lang. Vielleicht hätte es als Fernbeziehung funktioniert. Als aber es ging bergab, als Du bei mir eingezogen bist. Jeden Tag konnte ich Dich einfach nicht ertragen. Ein intensiver Tanz alle paar Wochen – das hätte eine Lösung sein können. Die tägliche Dosis Mary, jeden Abend gemeinsam auf der Couch hocken und nix tun – das war unser Ende. Aus der wilden Tanzerei wurde in kürzester Zeit eine ermüdende Choreografie der Langeweile.

Wir hätten viel früher auseinander gehen sollen. Die letzten Jahre waren ein ewiger Krieg. Ich wollte weiterziehen, mich entwickeln und langsam erwachsen werden. Du wolltest immer nur tanzen, Spaß war alles was dich interessierte. Dabei waren unsere Tänze schon lange kein wilder Ritt mehr – eher eine Schlittenfahrt im späten März: matschig und stotternd. Veränderung hast du abgeblockt. Probleme waren Dir zuwider. Anstatt sie zu lösen haben wir uns verkrochen, sind den ganzen Sonntag im Bett geblieben und haben getan, was wir immer taten. Und wenn es brenzlig wurde haben wir den Kopf in den Sand gesteckt und abgewartet bis der Sturm vorbeigezogen war. Ich hätte früher gehen sollen, aber die gemeinsamen Stunden unter dem Bettlaken haben mich auch getröstet. Ich bin einfach nicht davon losgekommen.

Jetzt ist es also soweit. Ich gehe. Endgültig. Wir hatten unsere On/Off-Phase – aber auch das ist nun vorbei. Sieben Monate haben wir uns nicht mehr berührt. Ab und zu habe ich Dich mit Freunden tanzen sehen. Ich empfinde keine Eifersucht dabei. Es ist ihr Leben und vielleicht können Sie einfach besser mit Deiner Art zu leben umgehen. Es ist mir egal, ob sie das Bett mit Dir teilen, oder den Sonntagsblues. Ich will das nicht mehr. Und ich brauche es auch nicht mehr. Der Abschied war hart. Schlaflose Nächte und Albträume haben mich viele Wochen verfolgt, aber auch diese Zeit ging vorbei. Ich habe andere Mädchen getroffen und sogar einige Frauen. Ich war so fixiert auf Dich, dass ich gar nicht mehr wusste, was mir entgeht. Es geht mir gut und ich bin weitergezogen.

Mach’s gut. Du hast genug Freunde und wirst nicht lange alleine bleiben. Unsere Geschichten werde ich bestimmt noch häufiger erzählen, nur erleben möchte ich sie nicht mehr. Es ist bizarr: ich blicke mit Freude auf unsere gemeinsame Zeit zurück. Viele schöne kleine Erinnerungen verbinde ich mit Dir. Und dennoch verfluche ich Dich. Du hast meine Schwäche ausgenutzt und mich gefickt, im wahrsten Sinne. Obwohl ich wusste, dass unsere Verbindung zwecklos ist, habe ich daran festgehalten und bin immer wieder bei Dir gelandet. Thanks a lot, but now: go fuck yourself.

In Liebe und ewiger Verachtung,
Dein Franzl.

 

Kiffen konserviert.

Mit 32 bin ich aufgewacht. Nach vielen melancholischen Träumen habe ich endlich die vermottete Decke weggeschoben, mich aufgerichtet und bin aufgestanden, um mein Leben anzugehen, wie einen frischen Tag. Zehn Jahre lang hab ich schwierige Situationen einfach weggeraucht. Anstatt nachzudenken und eine Lösung zu suchen, habe ich mein Gehirn ausgeschaltet und die Situation hat sich als gegeben festgesetzt. die Gefühle waren immer die gleichen: Einsamkeit, Unzulänglichkeit und Unzufriedenheit. Und die Lösung war ebenso immer die selbe. Ein Joint. Und wenn der nicht half, dann halt noch ein dickerer Joint. Dabei war ich nichtmal wirklich einsam, unzulänglich oder unzufrieden. Ausbrechen konnte ich aus dieser Spirale nicht. Das Kiffen hat meinen Status konserviert. Ich habe mich zehn Jahre nicht wirklich weiterentwickelt. Natürlich habe sich in der Zeit viele Dinge verändert, ich habe dazugelernt, habe neue Dinge erfahren und bin „weiser“ geworden. Aber ich der selbe Junge geblieben, der damals aus Rebellentum und Spaß am Rausch begonnen hatte Gras zu rauchen. Die kindlichen Ängste und normalen Sorgen eines 20-jährigen haben sich über zehn Jahre zu einem ernsthaften Problem entwickelt. In einem halben Jahr habe ich diese Erkenntnis gewonnen und ich das ist für mich der beste Grund weiter dran zu bleiben.

Oft denke ich beim schreiben dieser Beiträge, ob ich da wirklich die Wahrheit schreibe. Es ist nichts gelogen, aber ich habe Schwierigkeiten mit dieser schwarz/weiß-Betrachtung. Es ist eben nicht so einfach, wie sich das oft liest. Es ist vor allem nicht so einschichtig. Und es ist es irgendwie doch. Junger Mann mit den üblichen Komplexen fängt an zu viel zu kiffen, vernachlässigt die wesentlichen Dinge des Erwachsenwerdens, wird traurig und driftet in die Melancholie ab. Für mich selbst kann ich sagen, dass ich einige dieser jugendlichen Sorgen wirklich verschleppt habe. Dinge, die ich in sieben Monaten Klarheit so nebenbei aussortiert habe. Es spielt dabei wahrscheinlich keine Rolle, welche Dimension diese Probleme haben. Bei mir waren es Kleinigkeiten, die mich aber sehr wohl beieinträchtigt haben. Scheiße, ich bin 32. Wo sind nur meine 20er hin? Naja, hätte – hätte – Fahrradkette. Es geht mir besser und ich habe jetzt die Kraft mich um all die Dinge zu kümmern, die mich so betrüben. Und ganz langsam lege ich den Rytmus ab, der sich über die zhen Jahre so eingespielt hat.

Ich bin auf dieses Thema „Konservierung“ gekommen, weil ich mich mit einem neuen Sucht-Berater getroffen habe. An dieser Stelle möchte ich Allen raten, die mit irgendeiner Suchtproblematik kämpfen: Sucht das Gespräch. Es ist erstmal egal mit wem. Aber Menschen, die sich täglich mit dem Thema an sich beschäftigen, haben ein paar Wahrheiten parat, die Euch wirklich die Augen öffnen können. Ich kann Euch auch die Diakonien empfehlen. Es ist keine Schande dorthin zu gehen. Es hilft. Aber zurück zum Thema Konservierung. Drogensüchtige entwickeln sich nciht weiter. Herr Friedrich Schiller, den ich hier schon mal erwähnte, hat eine ähnliche Laufbahn, wie ich hinter sich. Nach zehn Jahren Konsum, von denen er 8 Jahre in einer Beziehung war und vier Jahre seine Wohnung mit dieser Partnerin teilte, hörte auch er auf zu kiffen. Und was passierte? Die Beziehung krieselt. Die Konflikte und Meinungsverschiedenheiten blieben die gleichen, aber seine Wahrnehmung verändert sich. Er entwickelt sich weiter und stellt in Frage. Sich, und auch seine Partnerwahl. Ich fand das erstmal bizarr. Ich hatte das Gegenteil erwartet. Das er mehr Zeit für gemeinsame Aktivitäten aufbringt und sich die Beziehung stärkt. Ich war natürlich nie dabei, aber ich kann mir lebhaft vorstellen, wie er nach einer „Auseinandersetzung“ um eine Nichtigkeit die Tür seines Zimmer zumachte, drehte, inhalierte und die Situation einfach aussaß. Danach wütender Sex und nach einer Woche, oder acht ging das gleiche Thema von vorne los. Egal, er hatte ja seine Lösung gefunden. Jetzt diskuttiert er so einen Streit auch mal gerne aus, argumentiert und er erkennt, was er vorher nie erkennen konnte.

Ein anderer Bekannter kiffte durch. Ich kenne ihn seit der 5. Klasse und er lachte mich damals aus, als ich mit 13 meine erste Freundin hatte und Verabredungen zum Rumstreunern absagen musste, weil die „Alte“ dann grimmig wurde. Mit 13. Er ist heute ebenso 32, Mediziner. Sie ist ist Lehrerin. Die Bezihung seine erste und mehr als ein Dutzend Jahre alt. Und er steht richtig unterm Scheffel. Treffen wir uns und gehen irgendwo was essen, dauert es (keine Übertreibung) maximal zehn Minuten bis die erste von 40 SMS kommt, in denen sie um Aufmerksamkeit bettelt. Sie hat eindeutig Probleme mit Eifersucht, mit Ihrem Selbstbewusstsein und was weiß ich noch. Und er muss darunter leiden. Er spricht das auch aus, aber er hat sich irgendwie festgefahren in dieser Situation. Er darf Kiffen, obwohl sie es nicht tut. Und irgendiwe „funktioniert“ das Ding. Aber ich wette hiermit 100$, dass die Beziehung ein schnelles Ende findet, sobald er aufhört täglich zu kiffen. Erkenntnis ist ein Wort, dass ich hier oft gebrauche. Er erkennt, aber er versteht nicht. Oder er ignoriert, oder verdrängt. Was auch immer. Kiffen konserviert.

Das ist alles Westentaschenpsychologie. Aber schaut Euch in Eurem Bekanntenkreis um. Blickt auf Euch selbst. Ich werde das zukünftig noch aufmerksamer verfolgen und die Geschichten aufschreiben, die ich so beobachte. Süchtlinge können die klügsten, angenehmsten, offensten, freundlichsten und erfolgreichsten Menschen sein. Nur eine charakterliche Entwicklung – die geht Ihnen meist ab. Dabei geht es ja gar nicht darum ein anderer Mensch zu werden. Es geht eben nicht um VEränderung, sondern um Entwicklung. Schwächen zu Stärken machen. Weisheit über Klugscheißerei. Erwachsenenzeug halt.

Ich will mich entwickeln. Es geht weiter.

Wie soll ich bloß mit dem Kiffen aufhören?

Sommer 2011. Morgens halb neun, ziemlich verknittert mache ich die Augen auf. Festival, ich liege in meinem Zelt und neben mir sagt mein Kumpel: Ey Franzl, du Freak, heute nacht bin ich zweimal von dem Klicken Deines Feuerzeugs aufgewacht. Ein Bier zum Morgenkaffee gehört auf Festivals allgemein zum guten Ton. Mein Kiffverhalten allerdings war auch in diesem Umfeld eher extrem. Stoned sein war für mich kein Rausch. Ich habe das hier schon oft geschildert, dieses dumpfes Gefühl war für mich eher medizinisch als berauschend. Auch zu Hause wurde es zu einem Ritual den letzten Joint am Abend nur anzurauchen und ihn dann neben dem Bett im Aschenbecher zu bunkern, damitich , wenn ich nachts aufwachte, einfach zugreifen brauchte, um drei vier tiefe Züge zu nehmen und direkt wieder einzuschlafen. Tiefer, komatöser Schlaf war das Ergebnis. Keine Träume und keine Zeit für Reflexion. Diese nächtlichen Joints sind heute für mich der größte Indikator für mein Suchtverhalten. Ich wollte sogar im Schlaf so richtig breit sein, könnte nicht einmal den nächsten Morgen abwarten.

Wie oft habe ich mir geschworen diese Kifferei einzustellen? Wie viele „letzte“ Tüten habe ich wohl geraucht? Und doch habe ich meist schon am nächsten Tag wieder den Dealer angerufen und ein bisschen Gras gekauft. Ich erinnere mich gut an diese Situationen. Ich komme zurück nach Hause, setze mich auf die Couch, packe meine Utensilienkiste wieder hervor und baue. Grinden, bröseln, rollen – und dann der erste Zug. Es knistert und ich lehne mich zurück und lasse die Dumpfheit zu. Der Druck der Selbstkontrolle geht in Dampf auf und wird in die Ungewissheit verschoben. Es war hoffnungslos, die Lage schien ausweglos und die Monate verstrichen. Immer wieder selbst auferlegter Druck und immer wieder Verrat an mir selbst. Ich wollte die Veränderung unbedingt, aber ich war zu schwach, meiner Identität nicht sicher und habe mich mit wirrer Argumentation selbst belogen. Scheiße ja, ich war unbelehrbar, habe die wohlwollenden, kritischen Stimmen aus meinem Umfeld mit Geschwätz abgetan und lapidar geantwortet: Was wollt ihr denn? Ich mache doch meinen Job, halte meine Wohnung sauber, lebe. Nur meinen engsten Freunden, die meist ebenso süchtig waren, habe ich meine wirkliche Lege geschildert.

Zwischen diesen Druckphasen hatte ich auch sehr positive Phasen, in denen es mir gut ging. Ich kiffte und ich schob meine Probleme vor mir her. Doch die Melancholie holte mich immer wieder ein. Ein neuer Versuch, erneutes scheitern – gefolgt von einer neuen Phase des Verdrängens. Das war mein Weg. Stur verfolgte ich diesen Kreislauf. Bis zu dem Tag, an dem ich ausbrach. Ich habe nichts anders gemacht. Wieder habe ich mir einen letzten Joint gebaut und gehofft, dass ich es dieses Mal durchziehe. Und statt am nächsten Tag wieder einen durchzuziehen blieb ich eisern. Ein Tag verging, die Nächte wurden hart und ich viel in ein unfassbar tiefes Loch. Ich war viel zu Hause in dieser Zeit. Die ersten zwei Monate war ich ein Wrack. Schweiß, Träume, die mir meine vergebenen Chance vor Augen hielten und tiefe Trauer bestimmten meine Welt.

Ich startete diesen Blog und begann mich mit meinen Gefühlen, Wünschen und Zielen auseinanderzusetzen. Und rubbeldiekatz ist heute. Ich will Euch Rat geben. Ich wünschte ich ein Rezept für den Ausstieg: einen kleinen Trick, der es einfacher macht aus der Sucht zu flüchten, den Kreislauf zu durchbrechen. Es ist ein Kampf, Euer Kampf. Ich war ein euphorischer, offener Extremkiffer ohne Gefühl für Illegalität, der das Kiffen zum lebensbejahenden Rebellentum deklarierte. Süchtig war ich auch, aber das erkenne ich erst heute. Gestern war ich stur und für morgen muss ich mir noch einen Plan machen. Es gibt kein Allheilmittel, ich kann nicht einmal sagen, wie ich es selbst geschafft habe. Ich habe gekämpft, viele Jahre als Kiffer und jetzt kämpfe ich als Abstinenzler. Ich kämpfe momentan nicht mehr gegen den Rückfall, sondern eher gegen meine Dämonen. Es geht mir sehr gut und ich habe Kraft für die kleinen Hürden des Alltags, blicke nach vorn, sehe Chancen und habe den Mut sie zu ergreifen. Ein Rezept habe ich nicht, aber ich kann Euch Hoffnung anbieten. Der Kampf lohnt sich. Ich habe viel über mich gelernt in dem letzten halben Jahr. Meine Sicht auf die Zukunft ist positiver geworden. Meine Gefühle sind deutlich klarer, in beide Richtungen empfinde ich deutlich bewusster.

Wenn es sich nach Verzicht anfühlt einen Joint nicht zu rauchen, dann kämpft. Verlieren ist keine große Sache. Jede Sekunde wird irgendwo auf der Welt eine kleine Schlacht verloren. Ein Sieg reicht und macht die vielen kleinen Niederlagen vergessen. Ich drücke Euch die Daumen,

Euer Franzl.

Statusbericht: 6 Monate.

Ein halbes Jahr. BÄM. Ich schreibe aus der Vergangenheit. Heute ist gar nicht heute und ich hab es noch gar nicht geschafft, dieses Ziel. Aber ich werde es erreichen – easy as a shit in the morning. Denn es geht mir gut – mein kifffreies Leben fühlt sich gut an. Es ist leichter geworden. Zeug regeln, weiterkommen, durchatmen, Arbeiten, freundlich sein, ausrasten – alles ist lockerer.

Heute, also Samstag, Stichtag (ich konnte das rekonstruieren – am 19.01.2014 habe ich den letzten Joint geraucht), sitze ich betrunken in Berlin auf einem Hausboot und schippere über die Havel oder ein anderes Berliner Gewässer. Woher soll ich das denn heute wissen, also jetzt, ihr wisst schon. Ich genieße das fantastische Wetter und habe wenig Sorgen. Ist noch genug Bier kalt?

Ich habe diesen Blog gestartet, weil ich meine Sorgen, meine Traurigkeit und meine Ängste teilen wollte. Es hat mir sehr geholfen diese Gedanken hier niederzuschreiben. Diese Themen gehen mir langsam aus. Das ist eine gute Sache. Und jetzt muss ich mir eine neue Ausrichtung ausdenken. Das Thema ist noch nicht auserzählt und vielleicht dreht sich meine momentane Euphorie ja auch noch mal. Jeder soll sein Ding machen und ich hätte mir nie raten lassen mit dem Kiffen aufzuhören. Ich hätte mir nie eingestanden, dass dieser Lifestyle des täglichen High eigentlich betrübt, mich aufhält und bremst. Heute würde ich Jedem Kiffer raten eine Pause zu machen. Eine endgültige Pause. Es geht prima ohne. NAch Traurigkeit kommt Freiheit, kommt Erkenntnis.

Der Sommer tut gut. Jetzt bricht die zweite Hälfte meines ursprünglichen Plans an und ich freue mich drauf. Auf geht’s.

Kiffen gegen die Zeit.

Es ist schon komisch. Zehn Jahre habe ich gekifft. Jetzt bin ich raus aus der Sucht. Ich kämpfe noch, aber es ist schon längst kein harter Fight mehr – eher eine Schulhof-Rauferei, wenn überhaupt.

Wenn schon hart süchtig sein, dann doch am besten nach Gras. Diesen Spruch habe ich mich vor ein paar Tagen sagen hören. Dumm und wahr. Die Lebenserwartungen von Krokodil-Süchtigen liegt bei einem Jahr. Erst fault das Gehirn, dann der Arm ab und dann ist es aus. Rubbeldiekatz ist das Leben zu Ende. Ich lebe noch. Werde irgendwann, bald, Mitte 30 sein, und mich fragen, ob ich dann doch mal eine Familie gründen soll und dann wahrscheinlich auch eine Frau zur Braut machen. Noch beleidige ich die Jungs um mich herum, die Kinderwagen für einen Tausender kaufen und über einen VW Caddy diskutieren müssen.

Habe ich Zeit verloren, weil ich mich von Tag zu Tag kiffte? Oder bin ich am Ende der Gewinner, weil ich zehn Jahre meine Entwicklung verpafft (Entschuldigt mein Liffpeln) habe. Vielleicht bin ich nicht so richtig weitergekommen mit dem Erwachsenwerden, aber irgendwie hab ich die Zeit auch rumgekriegt, hab gelacht und gedacht und mich treiben lassen. Die Zeit ist vergangen, darauf hat eh niemand Einfluss. Hätte, hätte, Fahrradkette – ich doch ein paar Dinge noch dazwischengeschoben. Aber was soll es. Morgen. Dieses Wort ist jetzt ein Tag. Während meiner Kiffzeit hat es mich belastet, dieses Wort. Ich hatte Angst vor meiner eigenen Courage. Jetzt ist es eine Chance. Heute kann ich leben, flirten, saufen, ficken, lachen und zwischendurch auch arbeiten. Morgen kann ich was Neues probieren. 1000 mal kommt das Wort „Traurigkeit“ in meinen ersten Posts vor. Dieses Gefühl ist heute nicht mehr so schwer. Das Leben ist schön und es war schön und es wird schön. In jedem Fall wird es werden und vergehen. Ob ich das gut oder käcki finde, ist dem Leben egal. Und der Zeit sowieso.

Mir hat das Kiffen ohne Grenzen nicht gut getan. Ich bin abgedriftet in die Melancholie. Ich glaube das ist ein relativ verbreitetes Phänomen. Doch ich trage keine Trauer um diese Zeit. Ich war das, Franzl aka. „Erstmal einen drehen!“ Gelebt habe ich in dieser Zeit. Gelernt habe ich auch. Gediehen bin ich. Zu Franzl, der jetzt nicht mehr kiffen darf. Du darfst nicht über rote Ampeln fahren! – Ich geb‘ einen Shice auf Eure Vorschriften. Ich bin Franzl, der Outlaw. Ich will alles dürfen. Verbote stehen mir nicht. Aber auch diese Situation kann ich gut annehmen, heute – in der neuen Zeit. In der alten Zeit war ich bedrückt, tief im Inneren, ohne es wirklich empfinden zu können. Sorgen habe ich natürlich noch immer, aber ich bin nicht mehr bedrückt. Nicht kiffen tut mir gut.

Ich hab keine Zeit. Habt ihr schon mal darüber nachgedacht, wie dumm dieser Satz ist? Ich will ihn nicht mehr aussprechen. Eigentlich ist Zeit das Einzige, was wir wirklich haben/besitzen. Ich will Zeit verprassen, mit vollen Hände raushauen das Zeug.

Joint, Bong, Blunt, Dose, Erdloch und Co.

Blunts

Dicke Blunts.

Ich war ein sturer Joint-Raucher. Ich habe einfach immer gerne gebastelt. Hacken, grinden, zupfen, Mischung aufs Paper und schön gleichmäßig zusammenrollen. Ich halte mich einen guten Dreher. Meine Joints sahen immer gleich aus. Ein schöner Konsus, nicht zu dick vorne und unbedingt faltenfrei. Ich konnte wirklich alles überall zu einem Joint verdrehen. Tip rechts oder links, normal oder inside-out, gedrehter Tip oder Marokk-Style – alles kein Problem. Am liebsten habe ich zu Hause an meinem Couchtisch gebastelt. Dort hatte ich meine persönlichen Lieblingsutensilien: schwarze OCBs, OCB-Tips (am liebsten die unperforierten) und meinen unschlagbaren Metallgrinder. Aber zur Not konnte ich auf im offenen Skilift bei Schneefall basteln. Das ist Schwierigkeitsstufe elf. Wer das drauf hat, kann überall drehen. Ach, wie oft ich dieses Ritual vollzogen habe ist heute unfassbar. Ich war stolz auf meine Joints, als wäre es eine Handwerkskunst.

Einschub: Auf das Thema Stolz hat mich Mitstreiterin Thandie gestern gestoßen. Ich habe von meiner kurzer Gaunerkarriere erzählt und in den Kommentare berichtete sie von Ihrer Coolness beim Transport ihres Eigenbedarfs vom Heimatort ins Studiendomizil. Auch, wenn ich übers basteln schreibe ist ein bisschen peinlicher Stolz dabei. Es ist Teil meiner Geschichte und ich mochte diesen Lifestyle ein bisschen außerhalb der Norm. Ich schreibe hier aus der Vergangenheit. Mein Leben war Weed, ich war Kiffer und habe das nie als Brandmal empfunden, sondern gefeiert. Heute möchte ich kein Kiffer mehr sein. Doch Franzl bleibt Franzl. Aus Vergangenheit wird Gegenwart und heute baue ich lieber Fahrräder als Joint. Aber ich bleibe „postmoderner Hippie“, wie es Thandie passend nennt. 

Wurde mir ein Joint von einem Freund gereicht, erkannte ich diesen am Aussehen und spätestens am Geschmack. Freund Schiller hat stets hässliche und meist schwache Stickies gebastelt, dafür aber auch mal 30 Stück an einem Abend. Mein Freund Wilhelm Busch hat am Liebsten Bong gekifft. Für die Anzahl der Bong-Köpfe, die ich mir reingepfiffen haben, reicht die Anzahl meiner Finger. Letzte Woche habe ich eine neue neue Methode Gras zu rauchen kennengelernt, natürlich ohne es zu probieren. Das ist Vergangenheit. Wollen wir doch mal sehen, was ich noch so kennenlerne. Ich liste mal, was ich so kenne und bitte um Erweiterung in den Kommentaren, solltet ihr noch was auf Lager haben.

Die Standards – Joints, Blunts, Bong: Weed in Papier oder dicke Tabakblätter drehen ist wohl die Standardprozedur. Und ne Bong hat jeder Kiffer wohl auch schon gesehen. Dazu zähle ich außerdem alle Rauchgeräte, die ein Mundstück und einen Kopf oder Chillum haben. Die Dose zum Beispiel: Kickloch reinbasteln und mit einem Piekser mit kleinen Löchern eine Art Kopf in eine Seite perforieren. Auch lange Papprohre lassen sich so natürlich umfunktionieren.

Für Naturburschen – Das Erdloch: Irgendwie ekelhaft, aber seltsam verbreitet. Funktioniert wie oben. Man braucht nur einen Hohlraum bauen, der den Rauch aufnehmen kann und bastelt ans eine Ende eine Art Mundstück und ans andere irgendeine Lösung um Gras-Tabak-Mischung zu verbrennen.

Für den kleinen Kick unterwegs – die Crackpfeife: Habe ich das erste Mal auf Abschlussfahrt in Prag benutzt. Während wir mit der gesamten Stufe eine Stadtführung machten, haben wir uns so eine kleine Metallpfeife im nächsten Headshop gekauft. Eine ganz einfache Pfeife mit Siebchen und Minikopf am Ende. Einfach Mische drauf und wegrauchen. Karlsplatz und Wenzelsbrücke, oder andersrum, waren so irgendwie noch schöner.

Zum richtig weballern – Eimern: Man nehme eine Plastikflasche und trenne den Boden ab. Auf das Mundstück wird ein Kopf gebastelt, worin die Mischung Platz findet. Jetzt kommt der Eimer zum Einsatz. Natürlich kann man jedes stehende Gewässer benutzen. Die Flasche wird eingetaucht, der Kopf angezündet und dann zieht man die Flasche langsam hoch, so dass die Mischung durch den Unterdruck verglüht. In der Flasche sammelt sich der Qualm, der dann durch das erneute Eintauchen der Flasche ruckartig in die Lunge gepumpt wird. BÄM!

Für Profis und Nichtraucher – der Vaporisator: Eigentlich ist das ein medizinisches Gerät, aber seit nicht allzu langer Zeit stehen auch Kiffer drauf. Dem Namen nach ein Verdampfer. Die Inhaltsstoffe im Gras werden professionell aus dem Kraut gedampft. Diesen Dampf, von Rauch kann man gar nicht sprechen, inhaliert man und bekommt ein klares High, ohne ernsthaft zu rauchen und somit die ganzen Nebenprodukte zu inhalieren. Ich bin Raucher, ich hab es nie probiert. Das Knistern und smökern gehörte für mich irgendwie dazu.

Wenn es nur einen Minikrümel gibt – der Aufleger: Hat wahrscheinlich ein Knasti erfunden. Zumindest kenne ich die Prozedur von Sickboy und seinen Geschichten aus der JVA Meppen. Wenn nur ganz wenig Hasch zu bekommen ist, rollen sich die Jungs aus 0,2 Gramm fast Post-IT-große Lappen, die sie in kleine Plättchen schneiden. Diese ganz dünnen Piece-Blättchen legen sie auf die glühende Asche einer Zigarette, warten bis die Pappe glüht, und ziehen den Qualm durch einen Strohhalm in die Lunge. Irgendwie clever und es soll gut funktionieren.

Für den guten Afghanen – die Käseglocke: Ein Abwandlung des Auflegers für den Fall, dass es nicht zu wenig, sondern besonders gutes Hasch gibt. Es wird eine kleine Ecke abgebrochen, auf eine Reiszwecke gesteckt, angezündet, ausgeblasen und dann unter ein Glas gestellt. Der Rauch sammelt sich unter der Glocke und wird dann anschliessend mittels Strohalm eingezogen.

Weitere Varianten sind mir nicht bekannt. Habt ihr noch was auf Lager? Würde mich brennend interessieren. Bitte schreibt ein Kommentar und ich werde den Post dann aktualisieren. Danke ihr Gauner!

Franzl dealt Gras.

Ama Gangta! Zwei 300 Gramm Beutel feinstes Holland Weed lagen auf dem gefliessten Couchtisch. Wilhelm Busch und ich saßen auf seiner schwarzen Ledercouch, unten in seiner Gaunerhöhle. Im Keller des Elternhauses, der eigentlich mal einen Pool beherbergen sollte. Das Kraut brachte uns der Türke, ein Freund, unser steter Versorger und nun unser Partner in Crime. Wir wollten eine Sprosse auf der Leiter dieses Businesses nach oben steigen. Statt 20, oder auch mal 50 Gramm für den Eigenbedarf, kauften wir also mehr als ein halbes Kilo Dope und fühlten uns dabei wie Toni Montana und Pablo Escobar. Aufs Gramm bezahlten wir 4 Mark 30. Heute unfassbar, damals ein okayer Tarif. Wir waren jetzt Dealer – keine billigen Kleinkiffer mehr. Wir hatte mehr als wir rauchen konnten, fingen an Purjoints zu basteln und uns wie richtige Gangster zu fühlen. Scheisse, wir waren gerade einmal zwanzig Jahre alt und wussten nicht einmal wie man richtig fickt. Und beim Anblick einer schwarzen Glock, wie sie die richtigen Gangster in Compton bei sich trugen, hätten wir uns in die Hosen geschissen.

Es dauerte nicht lange bis wir im Geschäft waren. Unsere Nokia-Handys vibrierten ununterbrochen und plötzlich war das ein richtiger Job. Yo Franzl, ist der Günter bei dir? Ich schulde ihm noch einen Zwacki. – Klar, ich bin um 3 am toom-Parkplatz. Ich weiß heute nicht mehr, ob diese Code-Sprache Teil unserer Jugendkultur war, oder ob wir dachten es gehöre zum Business. Wir waren nicht unvorsichtig, aber dennoch sehr amateurhaft. Es war aufregend. Wir waren reich, hatten ständig mehrere 100 Mark in der Tasche und kauften uns unnötiges Zeug ohne Ende: DVDs, Air-Max 90 und anderen „coolen“ Kram des frühen Jahrtausends. Essen gehen ist mit Anfang Zwanzig echt aufregend, ebenso Volltanken oder bei der Party ein Zehnliter-Fass Kölsch für die Jungs zu spendieren. Es war das Leben der Rockstars, nur mussten zwischendurch noch in die Schule. Naja, zumindest zu den Leistungskursen.

Das Gras war wirklich gut damals. Sauber erzeugt und gut geerntet kam das Dope über Umwege aus Holland, versehen mit Namen für die Ewigkeit. WW, mit Edding auf den Beutel geschrieben, stand für White Widow. Oder PH für Purple Haze, wobei man diese Sorte auch so direkt erkennen konnte. Wenn mal SS auf einem Beutel stand sind wir vor Freude ausgerastet. Es war Super Skunk im Haus. Es waren goldene Zeiten für zwei Jungs, die ihren Platz im Leben noch nicht gefunden hatten. Wir wollten high sein und wir wollten das High Life. Von Sucht waren wir beide noch weit entfernt. Wir kifften aus Spaß und um uns abzugrenzen. Wir wollten das Leben leben, dass wir aus Hollywood und vom 90er HipHop kannten.

Das Ende der Geschichte ist so kleinbürgerlich, wie wir selbst es waren. Die ganze Eskapade dauerte nicht länger als ein Jahr. In meinem Fall war Mama der Grund. Sie fand meine Ration im innerern meines PCs. Nach einer Weile machte ich mir nicht einmal mehr die Mühe den Gehäusedeckel richtig anzubringen, sondern lehnte das Ding nur noch dagegen. Sie konfrontierte mich mit dem Beutel in der Hand, als ich nach Hause kam. Es waren Drogen. Welche, davon hatte sie keine Ahnung. Wahrscheinlich dachte sie, es wird gespritzt. Die Geschichte mit Christiane und dem Bahnhof spukte noch durch ihren Kopf. Ich erklärte ihr, dass es Gras war und fragte, ob sie in den 70ern nie damit in Berührung gekommen wäre. Ich dachte in der Zeit hätte alle dauernd gekifft. Mama war nicht an der Uni, protestierte nicht, praktizierte auch keine freie Liebe und was sie auf keinen wollte war einen Sohn, der Drogen verkauft. Ich musste ihr versprechen, dass ich damit aufhöre, zumindest mit dem Verkauf. Ich war kein Gangster. Und ich hielt mein Versprechen. Als Gauner war ich jämmerlich, als Sohn bin ich ne Eins. Mein Partner und Freund machte noch ein bisschen weiter und ließ es dann auch irgendwann sein. Einfach zu viel Stress.

Übrig sind Erinnerungen: Ein ganzer Tisch voller Gras. Feinwagen, staubig von Pollen und völlig verklebt vom ganzen Harz. Wiegen und Verpacken. Telefonate,Treffen auf Parkplätzen und der obligatorische geteilte Joint, mit dem der Deal besiegelt wurde. Bargeld in Rollen, zusammengehalten von bunten Gummibändern. Aufregung und Adrenalin. Das Gefühl von Übermut. 

Beim Kiffen blieben wir jedoch beide sehr lange. Als ich ihn das letzte Mal sah, fragte er mich: Darfst Du noch kiffen? Ich muss bald aufhören – die Frau will Kinder. Ich war damals auch in einer Beziehung und ich durfte noch, unter Vorbehalt. Aber das hatte sich dann auch irgendwann erledigt. Die Gangsterkarriere war rasch vorbei, aber meine Kiffer-Karriere hatte gerade erst begonnen. Bis zum Studium blieb es bei ein paar Tüten die Woche. Erst mit der ersten eigenen Wohnung geriet ich den Strudel, der mich auf lange Sicht dazu brachte diesen Blog hier zu starten. Ich war wieder Käufer. Dealer folgte auf Dealer, das Gras wurde immer schlechter und die Beutel, die ich so monatlich durchbrachte, wurden immer größer. Zuletzt waren es so in etwa 250 Euro pro Monat, die ich in Tüten verdrehte. Es war eine monatliche Ausgabe, wie die Miete oder die Prämie für meine Auto-Versicherung. Gras wurde zu einem Grundnahrungsmittel. Es ging einfach nicht mehr ohne. Heute weiß ich: es geht ganz prima ohne den ständigen Rausch. Warum zur Hölle habe ich für diese Erkenntnis bloß so lange gebraucht?

Egal, es hat ebenso so lange gedauert, wie es gedauert hat. Ich bin kein Missionar. Ich möchte niemanden von meinen Idealen überzeugen, denn ich möchte auch nicht überzeugt werden. Ich habe mir schon immer mein eigenes Urteil gebildet. Mich konnte niemand davon überzeugen, dass mein Konsum nicht gesund ist. Dennoch möchte ich Jedem, der sich schon einmal geärgert hat, dass sein Dealer nicht ans Telefon geht, raten sich wirklich intensiv mit seinem Konsummuster auseinanderzusetzen. Sucht ist ein schleichender Prozess – man realisiert die Auswirkungen erst wirklich, wenn man sich rausgekämpft hat.

Planlosigkeit ist zeitlos.

Nicht die Kifferei ist mein Problem. Es ist die Planlosigkeit. Wo soll ich hin mit diesem Leben? Ich bin 32, unverheiratet, wechsle den Job, sobald ich von ihm gelangweilt bin und fühle mich zu unreif eine Familie zu gründen. Obwohl ich die, die um mich herum Kinder ausbrüten für noch unreifer halte. Zumindest die Meisten stecken in beliebigen Beziehungen. Mädchen suchen sich Ernährer und die Jungs nehmen die, die sie eben rangelassen haben. Ich bin gefangen in der Suche nach einem Sinn. Einem großen Ziel, nach dem schon die Autoren vor 100 Jahren gesucht haben. Wahrscheinlich schon vor 1000 Jahren, als wir alle noch in die Ecke geschissen haben.

Ich fresse momentan Bücher. Letzte Woche Bukowsi, diese Woche Erich Kästner’s Fabian. Es beschreibt die Geschichte eines 32-jährigen „Moralisten“, der zwischen den Weltkriegen ebenso wie ich nach einem Sinn sucht. Er wechselt ständig die Jobs und beobachtet mehr, als das er am Leben teilnimmt. Eine Frau will er nicht und ihm fehlt der Antrieb, weil er fühlt das Europa zwischen den Kriegen steht. Was soll er sich bemühen, wenn er in wenigen Monaten eh wieder an die Front muss.

Ich fühle mich nicht zwischen zwei Kriegen. Kriege kenne ich nur aus den Nachrichten. Und sie sind mir irgendwie egal. Sollen die mal machen. Ich bin abgestumpft durch die Bilder von fehlenden Armen, fliegenden Bomben und dicken, hungernden schwarzen Kindern mit Fliegen auf der Nase. Trotzdem sehe ich keinen rechten Sinn in diesem Dasein. Soll ich denn versuchen was zu ändern? Mich für das Gute einsetzen? Schwachsinn. Diese Situationen sind unterschiedlich, aber ich erkenne dennoch Parallelen. Es ist das Alter und der Übergang von jung zu alt. Ein langsam fließender Übergang. Und die damit verbundene Frage nach dem Sinn dieses ganzen LEBENS. Essen, schlafen, ficken – so, wie es die Instinkte vorgeben? Oder soll ich meinem Gehirn nachgeben und weiter nach einem Sinn grübeln?

Ich bin nicht mehr jung – flirte immer häufiger im „Sie“-Kosmos. Was lesen Sie denn da? – hörte ich noch heute morgen in der Bahn.  Go fuck yourself. Ich bin 32, niemandes Herr Vater, und ich will das noch nicht. Hey Girls – mein Lieblings-Anbandlungsspruch – passt doch noch viel besser zu mir. Obwohl ich mit den Twens auch irgendwie nichts mehr anfangen kann. Klar, deren Körper sind noch straff und das Lachen ist noch ehrlich. Aber dafür haben Sie keinen Plan von gar nichts. Letztens hab ich eine 24-jährige Miss Marple genannt, weil sie irgendeinen Zusammenhang halbwegs clever kombiniert hat. Sie wusste nichts damit anzufangen. Wer ist denn Miss Marple? – fragte sie naiv lächelnd.

Ach shit. Dann bin ich halt alt. Älter sogar als das Internet. Fast so alt, wie Kästner’s Herr Jakob, der sich durch zwei Weltkriege wühlen musste. Wenigstens hat er was erlebt. Was mich besonders mit dem fiktiven Protagonisten verbindet ist die Beobachtung. Klar, ich lebe und nehme Teil an diesem Prozess. Habe auch Spaß daran. Aber ich bin auch irgendwie unzufrieden. War es das jetzt schon? Es ist irgendwie unspektakulär, dieses Leben. Ich will kein Philosoph werden und soweit mich bisher belesen habe, ist die Suche nach dem Sinn nicht gerade erfolgsversprechend. 42 – das ist die bislang beste Antwort, die ich finden konnte.

Ich beobachte die Menschen um mich herum immer sehr genau. Sehe Beamte und frage mich, wie einfach ein Gehirn gestrickt sein, dass man mit dem Wissen in den Beruf geht, 40 Jahre lang die ständig gleiche Arbeit  zu verrichte, um am Ende mit Haus, Frau, Ex-Frau, 2 Kindern und Audi in Rente zu gehen. Ich sehe Penner und frage mich, ob es ihnen einfach am Antrieb fehlt, oder ob sie richtig machen und einfach drauf scheissen. Das Leben geht eh weiter, und dann stirbst du irgendwann. Ich sehe Leute, die hemmungslos konsumieren und Leute, die sich vegan ernähren und Fair Trade kaufen. Als würde es einen Unterschied machen. Europa ist reich und in Afrika verhungern die Kinder, weil in Asien ein Monatslohn von 30 Dollar funktioniert. Die Welt ist scheisse organisiert, je nach Sichtweise. Ich war immer dankbar in Deutschland geboren zu sein, aber heute sehne mich nach mehr Abenteuer. Es ist zu einfach im Wohlstand zu leben. Ich habe zu wenig Probleme und zu viel Zeit mir einen Kopf zu machen.

Die Kifferei war ein einfacher Weg der Grübelei zu entfliehen. Fast zehn Jahre habe ich mich dem Gedanken entzogen, dass ich ein durchschnittlicher Typ bin, der so durch die Welt eiert und nichts besonders erreichen wird. Dabei finde ich das gar nicht schlimm. Es ist sogar völlig okay. Ich habe mir den Weltschmerz in den Kopf gekifft. Wäre ich ein Heranwachsender in der heutigen Welt, wäre ich wahrscheinlich voll emo. Würde mir die Arme aufschlitzen und traurige Selfies machen.

Aber das bin ich nicht. Und ich bin auch kein Jammerer. Ich habe es gut und ich habe mein Leben in der Hand. Ich kann sowohl ein Pennerdasein führen und einfach alles aufgeben oder noch die Sache mit Frau und Haus und Scheidung und so erreichen. Yuhu. Wahrscheinlich mache ich einfach einen Mittelweg. Wir werden sehen. Ich beobachte weiter. Manchmal macht es mich traurig, manchmal lache ich über das was ich so sehe.

 

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