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Mein neues Leben ohne Dope.

Ein neues Zeitalter. Ein neues Leben. Plötzlich drogenfrei. Naja, abgesehen von Kaffee, Kippen und Kölsch. Gestern hatte ich Besuch von einem alten Kifferkumpel, der sich auch prompt einen Joint bastelte, als er auf meiner Couch Platz nahm. Hast Du einen Tipp für mich? – Ja, weniger Kiffen. Hahaha. Er war so höflich, vorher zu Fragen, ob ich damit Schwierigkeiten hätte. Habe ich nicht. Null. Ich kiffe nicht mehr. Das ist wirklich einfach, aber immernoch komisch. Ich entferne mich immer mehr von diesem Lifestyle und ich vermisse ihn auch nicht.

Mein Leben hat sich deutlich verändert. Ich renne diesem Dope nicht mehr hinterher. Der ewige Rausch, diese ewige Dumpfheit im Kopf wurde abgelöst. Durch ein bisschen mehr Klarheit. Mehr Zeit für Konstruktivität. All die Sorgen, die mich zu Beginn begleitet haben, sind verpufft. Ab und zu flimmern sie schwach und unklar vor meinem inneren Auge, aber richtig fassen kann ich sie schon gar nicht mehr. Die Zukunft ist mir plötzlich viel näher. Greifbar. Noch vor einem halben Jahr war sie dunstig und ungewiss. Jetzt fällt es mir viel leichter konkrete Pläne zu schmieden und darauf hinzuarbeiten. Ich bin den richtigen Weg gegangen.

Aufregung. Das ist ein Gefühl, dass ich richtig lang nicht mehr empfunden habe. Momentan ist beruflich ein Projekt in der Schwebe und ich bin richtig freudig, wuselig angespannt. Das ist großartig und ich glaube das ist mir in der Kifferzeit abgegangen. Ich habe immer Alles einfach hinter mich gebracht. Durchhalten, abhaken, basteln – nicht mehr drüber nachdenken. So war es leicht, schwierige Situation durchzustehen, aber irgendwie habe ich dadurch auch diese freudige Erregung auf und durch die schönen Dinge des Lebens verloren.

Ich habe von Joint zu Joint gelebt.

Dieser Satz aus der Vergangenheit dieses Blogs kommt mir dabei immer wieder in den Sinn. Er beschreibt auch schön die Sucht an sich. Alles dazwischen war mein Leben und trotzdem habe ich immer nur an den nächsten, ruhigen Joint bei mir zu Hause, alleine auf der Couch gedacht. So denke ich zumindest heute über mein Konsumverhalten. Ich war unterwegs, zwischendurch hatte ich auch Spaß, aber so richtig frei und ausgelassen war ich in dieser Zeit wohl nie. Immer stand dieser nächste Joint auf dem Programm. Einfach immer.

Mein neues Leben ohne Dope. Der Titel ist banane. Es ist das gleiche Leben und ich bin immernoch ich. Mein Wesen hat sich nicht verändert. Ich war auch dauerbreit ein ausgeglichener, etwas zu verkopfter, sportlicher und nachdenklicher Typ. Aber eins ist neu: ich habe die Kontrolle wieder übernommen. Die Zukunft fühlt sich nicht mehr so vorherbestimmt an. Ich kann wieder lenken und sollte mal ein Eisberg auftauchen, fahr ich halt drum herum oder schmelz das Ding einfach weg, anstatt mich einfach am Joint festzuhalten und stur abzuwarten bis das Spektakel vorbei ist.

Weiter geht die wilde Fahrt. Ich freu mich richtig auf den weiteren Verlauf dieses verrückten Jahres. Letztes Jahr um diese Zeit war ich richtig down. Jetzt hab ich Bock auf mehr. Tatendrang nennt man das wohl. Ihr da draußen. Das tägliche kiffen zu lassen ist sicher nicht der Königsweg zum Glück, aber wenn ihr häufiger einsam; traurig; melancholisch oder anderweitig trübselig seid: dann legt das Kraut beiseite. Niemand verbietet Euch zu kiffen. Es ist jedes mal eine bewusste Entscheidung für den Rausch und gegen die Kontrolle. Macht eine Pause. Das ist nicht immer leicht. Aber ich behaupte mal dreist, dass es sich immer auszahlt. Werdet stark.

Realisation.

Gestern beim Laufen hatte ich einen Moment. Ich habs echt geschafft. Auch dank Euch. 1 Million mal hab ich mir vorgenommen die Kifferei dranzugeben. Nie hat es geklappt.

Und jetzt bin ich sechs Monate clean. Stark. Ich bin freier, entspannter, besser. Einem tiefen Low folgte ein sehr entspanntes High. Ich bin gut drauf. Ich hoffe Euch da draußen geht es auch gut. Und falls nicht: Wartet ab. Es wird besser.

Fette Grüße nach, besonders nach Japan. Nach Österreich und in die Schweiz. Nach Kroatien, Kanada, Frankreich. Ihr alle habt mir geholfen. Lasst die Sonne rein. Ich drück Euch.

Härteprüfung bestanden.

Heute morgen. 01:30 Uhr. Etwa. Jungs, es ist nur noch ein halbes Gramm übrig. Hotbox. Jetzt. Und so verzogen sich 9 von 10 Ü30-Dudes in ein 3qm Hausboot, verriegelten alle Fenster und kifften zwei gute Tüten. Gelächter. Bob Marley (was auch sonst) aus der Boombox. Kommando Sauna.Schooties und Beleidungen. Männer werden nicht älter als 5.

Ich verzog mich mit Wein auf diesen Baumstamm. Es war meine härteste Prüfung. Ich war allein. Wir sind alle erwachsen. Ich wurde dieses WE oft beleidigt. Für meine Standhaftigkeit applaudierten mir die Jungs aber am nächsten morgen. Ich wollte stark bleiben und habe es geschafft. Aber in dieser Runde war das hart. Lehrer, Banker, Sportler, Väter und Ehemänner haben eine gute Zeit auf dem See. Und sie kiffen zusammen. Lachen, machen Faxen und springen anschließend nackt in den See. Leben halt. Spaß. Sorglosigkeit. Das Gegenteil von Alltag.

Fuck. Vielleicht habe ich in zehn Jahren diese Chance auf Sorglosigkeit pulverisiert. Ich habe nicht gekifft. Und ich hatte Spaß. Ebenso viel wie die anderen 9. Aber ich war kurz unfrei. Ja. Ich war und bin süchtig. Sie sind es nicht. Das ist auch eine Erkenntnis.

Ich hoffe ihr hattet alle ein ähnlich schönes und heißes Sommerwochende. Fühl Euch gedrückt, Euer Franzl.

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Statusbericht: 6 Monate.

Ein halbes Jahr. BÄM. Ich schreibe aus der Vergangenheit. Heute ist gar nicht heute und ich hab es noch gar nicht geschafft, dieses Ziel. Aber ich werde es erreichen – easy as a shit in the morning. Denn es geht mir gut – mein kifffreies Leben fühlt sich gut an. Es ist leichter geworden. Zeug regeln, weiterkommen, durchatmen, Arbeiten, freundlich sein, ausrasten – alles ist lockerer.

Heute, also Samstag, Stichtag (ich konnte das rekonstruieren – am 19.01.2014 habe ich den letzten Joint geraucht), sitze ich betrunken in Berlin auf einem Hausboot und schippere über die Havel oder ein anderes Berliner Gewässer. Woher soll ich das denn heute wissen, also jetzt, ihr wisst schon. Ich genieße das fantastische Wetter und habe wenig Sorgen. Ist noch genug Bier kalt?

Ich habe diesen Blog gestartet, weil ich meine Sorgen, meine Traurigkeit und meine Ängste teilen wollte. Es hat mir sehr geholfen diese Gedanken hier niederzuschreiben. Diese Themen gehen mir langsam aus. Das ist eine gute Sache. Und jetzt muss ich mir eine neue Ausrichtung ausdenken. Das Thema ist noch nicht auserzählt und vielleicht dreht sich meine momentane Euphorie ja auch noch mal. Jeder soll sein Ding machen und ich hätte mir nie raten lassen mit dem Kiffen aufzuhören. Ich hätte mir nie eingestanden, dass dieser Lifestyle des täglichen High eigentlich betrübt, mich aufhält und bremst. Heute würde ich Jedem Kiffer raten eine Pause zu machen. Eine endgültige Pause. Es geht prima ohne. NAch Traurigkeit kommt Freiheit, kommt Erkenntnis.

Der Sommer tut gut. Jetzt bricht die zweite Hälfte meines ursprünglichen Plans an und ich freue mich drauf. Auf geht’s.

Joint, Bong, Blunt, Dose, Erdloch und Co.

Blunts

Dicke Blunts.

Ich war ein sturer Joint-Raucher. Ich habe einfach immer gerne gebastelt. Hacken, grinden, zupfen, Mischung aufs Paper und schön gleichmäßig zusammenrollen. Ich halte mich einen guten Dreher. Meine Joints sahen immer gleich aus. Ein schöner Konsus, nicht zu dick vorne und unbedingt faltenfrei. Ich konnte wirklich alles überall zu einem Joint verdrehen. Tip rechts oder links, normal oder inside-out, gedrehter Tip oder Marokk-Style – alles kein Problem. Am liebsten habe ich zu Hause an meinem Couchtisch gebastelt. Dort hatte ich meine persönlichen Lieblingsutensilien: schwarze OCBs, OCB-Tips (am liebsten die unperforierten) und meinen unschlagbaren Metallgrinder. Aber zur Not konnte ich auf im offenen Skilift bei Schneefall basteln. Das ist Schwierigkeitsstufe elf. Wer das drauf hat, kann überall drehen. Ach, wie oft ich dieses Ritual vollzogen habe ist heute unfassbar. Ich war stolz auf meine Joints, als wäre es eine Handwerkskunst.

Einschub: Auf das Thema Stolz hat mich Mitstreiterin Thandie gestern gestoßen. Ich habe von meiner kurzer Gaunerkarriere erzählt und in den Kommentare berichtete sie von Ihrer Coolness beim Transport ihres Eigenbedarfs vom Heimatort ins Studiendomizil. Auch, wenn ich übers basteln schreibe ist ein bisschen peinlicher Stolz dabei. Es ist Teil meiner Geschichte und ich mochte diesen Lifestyle ein bisschen außerhalb der Norm. Ich schreibe hier aus der Vergangenheit. Mein Leben war Weed, ich war Kiffer und habe das nie als Brandmal empfunden, sondern gefeiert. Heute möchte ich kein Kiffer mehr sein. Doch Franzl bleibt Franzl. Aus Vergangenheit wird Gegenwart und heute baue ich lieber Fahrräder als Joint. Aber ich bleibe „postmoderner Hippie“, wie es Thandie passend nennt. 

Wurde mir ein Joint von einem Freund gereicht, erkannte ich diesen am Aussehen und spätestens am Geschmack. Freund Schiller hat stets hässliche und meist schwache Stickies gebastelt, dafür aber auch mal 30 Stück an einem Abend. Mein Freund Wilhelm Busch hat am Liebsten Bong gekifft. Für die Anzahl der Bong-Köpfe, die ich mir reingepfiffen haben, reicht die Anzahl meiner Finger. Letzte Woche habe ich eine neue neue Methode Gras zu rauchen kennengelernt, natürlich ohne es zu probieren. Das ist Vergangenheit. Wollen wir doch mal sehen, was ich noch so kennenlerne. Ich liste mal, was ich so kenne und bitte um Erweiterung in den Kommentaren, solltet ihr noch was auf Lager haben.

Die Standards – Joints, Blunts, Bong: Weed in Papier oder dicke Tabakblätter drehen ist wohl die Standardprozedur. Und ne Bong hat jeder Kiffer wohl auch schon gesehen. Dazu zähle ich außerdem alle Rauchgeräte, die ein Mundstück und einen Kopf oder Chillum haben. Die Dose zum Beispiel: Kickloch reinbasteln und mit einem Piekser mit kleinen Löchern eine Art Kopf in eine Seite perforieren. Auch lange Papprohre lassen sich so natürlich umfunktionieren.

Für Naturburschen – Das Erdloch: Irgendwie ekelhaft, aber seltsam verbreitet. Funktioniert wie oben. Man braucht nur einen Hohlraum bauen, der den Rauch aufnehmen kann und bastelt ans eine Ende eine Art Mundstück und ans andere irgendeine Lösung um Gras-Tabak-Mischung zu verbrennen.

Für den kleinen Kick unterwegs – die Crackpfeife: Habe ich das erste Mal auf Abschlussfahrt in Prag benutzt. Während wir mit der gesamten Stufe eine Stadtführung machten, haben wir uns so eine kleine Metallpfeife im nächsten Headshop gekauft. Eine ganz einfache Pfeife mit Siebchen und Minikopf am Ende. Einfach Mische drauf und wegrauchen. Karlsplatz und Wenzelsbrücke, oder andersrum, waren so irgendwie noch schöner.

Zum richtig weballern – Eimern: Man nehme eine Plastikflasche und trenne den Boden ab. Auf das Mundstück wird ein Kopf gebastelt, worin die Mischung Platz findet. Jetzt kommt der Eimer zum Einsatz. Natürlich kann man jedes stehende Gewässer benutzen. Die Flasche wird eingetaucht, der Kopf angezündet und dann zieht man die Flasche langsam hoch, so dass die Mischung durch den Unterdruck verglüht. In der Flasche sammelt sich der Qualm, der dann durch das erneute Eintauchen der Flasche ruckartig in die Lunge gepumpt wird. BÄM!

Für Profis und Nichtraucher – der Vaporisator: Eigentlich ist das ein medizinisches Gerät, aber seit nicht allzu langer Zeit stehen auch Kiffer drauf. Dem Namen nach ein Verdampfer. Die Inhaltsstoffe im Gras werden professionell aus dem Kraut gedampft. Diesen Dampf, von Rauch kann man gar nicht sprechen, inhaliert man und bekommt ein klares High, ohne ernsthaft zu rauchen und somit die ganzen Nebenprodukte zu inhalieren. Ich bin Raucher, ich hab es nie probiert. Das Knistern und smökern gehörte für mich irgendwie dazu.

Wenn es nur einen Minikrümel gibt – der Aufleger: Hat wahrscheinlich ein Knasti erfunden. Zumindest kenne ich die Prozedur von Sickboy und seinen Geschichten aus der JVA Meppen. Wenn nur ganz wenig Hasch zu bekommen ist, rollen sich die Jungs aus 0,2 Gramm fast Post-IT-große Lappen, die sie in kleine Plättchen schneiden. Diese ganz dünnen Piece-Blättchen legen sie auf die glühende Asche einer Zigarette, warten bis die Pappe glüht, und ziehen den Qualm durch einen Strohhalm in die Lunge. Irgendwie clever und es soll gut funktionieren.

Für den guten Afghanen – die Käseglocke: Ein Abwandlung des Auflegers für den Fall, dass es nicht zu wenig, sondern besonders gutes Hasch gibt. Es wird eine kleine Ecke abgebrochen, auf eine Reiszwecke gesteckt, angezündet, ausgeblasen und dann unter ein Glas gestellt. Der Rauch sammelt sich unter der Glocke und wird dann anschliessend mittels Strohalm eingezogen.

Weitere Varianten sind mir nicht bekannt. Habt ihr noch was auf Lager? Würde mich brennend interessieren. Bitte schreibt ein Kommentar und ich werde den Post dann aktualisieren. Danke ihr Gauner!

Franzl dealt Gras.

Ama Gangta! Zwei 300 Gramm Beutel feinstes Holland Weed lagen auf dem gefliessten Couchtisch. Wilhelm Busch und ich saßen auf seiner schwarzen Ledercouch, unten in seiner Gaunerhöhle. Im Keller des Elternhauses, der eigentlich mal einen Pool beherbergen sollte. Das Kraut brachte uns der Türke, ein Freund, unser steter Versorger und nun unser Partner in Crime. Wir wollten eine Sprosse auf der Leiter dieses Businesses nach oben steigen. Statt 20, oder auch mal 50 Gramm für den Eigenbedarf, kauften wir also mehr als ein halbes Kilo Dope und fühlten uns dabei wie Toni Montana und Pablo Escobar. Aufs Gramm bezahlten wir 4 Mark 30. Heute unfassbar, damals ein okayer Tarif. Wir waren jetzt Dealer – keine billigen Kleinkiffer mehr. Wir hatte mehr als wir rauchen konnten, fingen an Purjoints zu basteln und uns wie richtige Gangster zu fühlen. Scheisse, wir waren gerade einmal zwanzig Jahre alt und wussten nicht einmal wie man richtig fickt. Und beim Anblick einer schwarzen Glock, wie sie die richtigen Gangster in Compton bei sich trugen, hätten wir uns in die Hosen geschissen.

Es dauerte nicht lange bis wir im Geschäft waren. Unsere Nokia-Handys vibrierten ununterbrochen und plötzlich war das ein richtiger Job. Yo Franzl, ist der Günter bei dir? Ich schulde ihm noch einen Zwacki. – Klar, ich bin um 3 am toom-Parkplatz. Ich weiß heute nicht mehr, ob diese Code-Sprache Teil unserer Jugendkultur war, oder ob wir dachten es gehöre zum Business. Wir waren nicht unvorsichtig, aber dennoch sehr amateurhaft. Es war aufregend. Wir waren reich, hatten ständig mehrere 100 Mark in der Tasche und kauften uns unnötiges Zeug ohne Ende: DVDs, Air-Max 90 und anderen „coolen“ Kram des frühen Jahrtausends. Essen gehen ist mit Anfang Zwanzig echt aufregend, ebenso Volltanken oder bei der Party ein Zehnliter-Fass Kölsch für die Jungs zu spendieren. Es war das Leben der Rockstars, nur mussten zwischendurch noch in die Schule. Naja, zumindest zu den Leistungskursen.

Das Gras war wirklich gut damals. Sauber erzeugt und gut geerntet kam das Dope über Umwege aus Holland, versehen mit Namen für die Ewigkeit. WW, mit Edding auf den Beutel geschrieben, stand für White Widow. Oder PH für Purple Haze, wobei man diese Sorte auch so direkt erkennen konnte. Wenn mal SS auf einem Beutel stand sind wir vor Freude ausgerastet. Es war Super Skunk im Haus. Es waren goldene Zeiten für zwei Jungs, die ihren Platz im Leben noch nicht gefunden hatten. Wir wollten high sein und wir wollten das High Life. Von Sucht waren wir beide noch weit entfernt. Wir kifften aus Spaß und um uns abzugrenzen. Wir wollten das Leben leben, dass wir aus Hollywood und vom 90er HipHop kannten.

Das Ende der Geschichte ist so kleinbürgerlich, wie wir selbst es waren. Die ganze Eskapade dauerte nicht länger als ein Jahr. In meinem Fall war Mama der Grund. Sie fand meine Ration im innerern meines PCs. Nach einer Weile machte ich mir nicht einmal mehr die Mühe den Gehäusedeckel richtig anzubringen, sondern lehnte das Ding nur noch dagegen. Sie konfrontierte mich mit dem Beutel in der Hand, als ich nach Hause kam. Es waren Drogen. Welche, davon hatte sie keine Ahnung. Wahrscheinlich dachte sie, es wird gespritzt. Die Geschichte mit Christiane und dem Bahnhof spukte noch durch ihren Kopf. Ich erklärte ihr, dass es Gras war und fragte, ob sie in den 70ern nie damit in Berührung gekommen wäre. Ich dachte in der Zeit hätte alle dauernd gekifft. Mama war nicht an der Uni, protestierte nicht, praktizierte auch keine freie Liebe und was sie auf keinen wollte war einen Sohn, der Drogen verkauft. Ich musste ihr versprechen, dass ich damit aufhöre, zumindest mit dem Verkauf. Ich war kein Gangster. Und ich hielt mein Versprechen. Als Gauner war ich jämmerlich, als Sohn bin ich ne Eins. Mein Partner und Freund machte noch ein bisschen weiter und ließ es dann auch irgendwann sein. Einfach zu viel Stress.

Übrig sind Erinnerungen: Ein ganzer Tisch voller Gras. Feinwagen, staubig von Pollen und völlig verklebt vom ganzen Harz. Wiegen und Verpacken. Telefonate,Treffen auf Parkplätzen und der obligatorische geteilte Joint, mit dem der Deal besiegelt wurde. Bargeld in Rollen, zusammengehalten von bunten Gummibändern. Aufregung und Adrenalin. Das Gefühl von Übermut. 

Beim Kiffen blieben wir jedoch beide sehr lange. Als ich ihn das letzte Mal sah, fragte er mich: Darfst Du noch kiffen? Ich muss bald aufhören – die Frau will Kinder. Ich war damals auch in einer Beziehung und ich durfte noch, unter Vorbehalt. Aber das hatte sich dann auch irgendwann erledigt. Die Gangsterkarriere war rasch vorbei, aber meine Kiffer-Karriere hatte gerade erst begonnen. Bis zum Studium blieb es bei ein paar Tüten die Woche. Erst mit der ersten eigenen Wohnung geriet ich den Strudel, der mich auf lange Sicht dazu brachte diesen Blog hier zu starten. Ich war wieder Käufer. Dealer folgte auf Dealer, das Gras wurde immer schlechter und die Beutel, die ich so monatlich durchbrachte, wurden immer größer. Zuletzt waren es so in etwa 250 Euro pro Monat, die ich in Tüten verdrehte. Es war eine monatliche Ausgabe, wie die Miete oder die Prämie für meine Auto-Versicherung. Gras wurde zu einem Grundnahrungsmittel. Es ging einfach nicht mehr ohne. Heute weiß ich: es geht ganz prima ohne den ständigen Rausch. Warum zur Hölle habe ich für diese Erkenntnis bloß so lange gebraucht?

Egal, es hat ebenso so lange gedauert, wie es gedauert hat. Ich bin kein Missionar. Ich möchte niemanden von meinen Idealen überzeugen, denn ich möchte auch nicht überzeugt werden. Ich habe mir schon immer mein eigenes Urteil gebildet. Mich konnte niemand davon überzeugen, dass mein Konsum nicht gesund ist. Dennoch möchte ich Jedem, der sich schon einmal geärgert hat, dass sein Dealer nicht ans Telefon geht, raten sich wirklich intensiv mit seinem Konsummuster auseinanderzusetzen. Sucht ist ein schleichender Prozess – man realisiert die Auswirkungen erst wirklich, wenn man sich rausgekämpft hat.

Planlosigkeit ist zeitlos.

Nicht die Kifferei ist mein Problem. Es ist die Planlosigkeit. Wo soll ich hin mit diesem Leben? Ich bin 32, unverheiratet, wechsle den Job, sobald ich von ihm gelangweilt bin und fühle mich zu unreif eine Familie zu gründen. Obwohl ich die, die um mich herum Kinder ausbrüten für noch unreifer halte. Zumindest die Meisten stecken in beliebigen Beziehungen. Mädchen suchen sich Ernährer und die Jungs nehmen die, die sie eben rangelassen haben. Ich bin gefangen in der Suche nach einem Sinn. Einem großen Ziel, nach dem schon die Autoren vor 100 Jahren gesucht haben. Wahrscheinlich schon vor 1000 Jahren, als wir alle noch in die Ecke geschissen haben.

Ich fresse momentan Bücher. Letzte Woche Bukowsi, diese Woche Erich Kästner’s Fabian. Es beschreibt die Geschichte eines 32-jährigen „Moralisten“, der zwischen den Weltkriegen ebenso wie ich nach einem Sinn sucht. Er wechselt ständig die Jobs und beobachtet mehr, als das er am Leben teilnimmt. Eine Frau will er nicht und ihm fehlt der Antrieb, weil er fühlt das Europa zwischen den Kriegen steht. Was soll er sich bemühen, wenn er in wenigen Monaten eh wieder an die Front muss.

Ich fühle mich nicht zwischen zwei Kriegen. Kriege kenne ich nur aus den Nachrichten. Und sie sind mir irgendwie egal. Sollen die mal machen. Ich bin abgestumpft durch die Bilder von fehlenden Armen, fliegenden Bomben und dicken, hungernden schwarzen Kindern mit Fliegen auf der Nase. Trotzdem sehe ich keinen rechten Sinn in diesem Dasein. Soll ich denn versuchen was zu ändern? Mich für das Gute einsetzen? Schwachsinn. Diese Situationen sind unterschiedlich, aber ich erkenne dennoch Parallelen. Es ist das Alter und der Übergang von jung zu alt. Ein langsam fließender Übergang. Und die damit verbundene Frage nach dem Sinn dieses ganzen LEBENS. Essen, schlafen, ficken – so, wie es die Instinkte vorgeben? Oder soll ich meinem Gehirn nachgeben und weiter nach einem Sinn grübeln?

Ich bin nicht mehr jung – flirte immer häufiger im „Sie“-Kosmos. Was lesen Sie denn da? – hörte ich noch heute morgen in der Bahn.  Go fuck yourself. Ich bin 32, niemandes Herr Vater, und ich will das noch nicht. Hey Girls – mein Lieblings-Anbandlungsspruch – passt doch noch viel besser zu mir. Obwohl ich mit den Twens auch irgendwie nichts mehr anfangen kann. Klar, deren Körper sind noch straff und das Lachen ist noch ehrlich. Aber dafür haben Sie keinen Plan von gar nichts. Letztens hab ich eine 24-jährige Miss Marple genannt, weil sie irgendeinen Zusammenhang halbwegs clever kombiniert hat. Sie wusste nichts damit anzufangen. Wer ist denn Miss Marple? – fragte sie naiv lächelnd.

Ach shit. Dann bin ich halt alt. Älter sogar als das Internet. Fast so alt, wie Kästner’s Herr Jakob, der sich durch zwei Weltkriege wühlen musste. Wenigstens hat er was erlebt. Was mich besonders mit dem fiktiven Protagonisten verbindet ist die Beobachtung. Klar, ich lebe und nehme Teil an diesem Prozess. Habe auch Spaß daran. Aber ich bin auch irgendwie unzufrieden. War es das jetzt schon? Es ist irgendwie unspektakulär, dieses Leben. Ich will kein Philosoph werden und soweit mich bisher belesen habe, ist die Suche nach dem Sinn nicht gerade erfolgsversprechend. 42 – das ist die bislang beste Antwort, die ich finden konnte.

Ich beobachte die Menschen um mich herum immer sehr genau. Sehe Beamte und frage mich, wie einfach ein Gehirn gestrickt sein, dass man mit dem Wissen in den Beruf geht, 40 Jahre lang die ständig gleiche Arbeit  zu verrichte, um am Ende mit Haus, Frau, Ex-Frau, 2 Kindern und Audi in Rente zu gehen. Ich sehe Penner und frage mich, ob es ihnen einfach am Antrieb fehlt, oder ob sie richtig machen und einfach drauf scheissen. Das Leben geht eh weiter, und dann stirbst du irgendwann. Ich sehe Leute, die hemmungslos konsumieren und Leute, die sich vegan ernähren und Fair Trade kaufen. Als würde es einen Unterschied machen. Europa ist reich und in Afrika verhungern die Kinder, weil in Asien ein Monatslohn von 30 Dollar funktioniert. Die Welt ist scheisse organisiert, je nach Sichtweise. Ich war immer dankbar in Deutschland geboren zu sein, aber heute sehne mich nach mehr Abenteuer. Es ist zu einfach im Wohlstand zu leben. Ich habe zu wenig Probleme und zu viel Zeit mir einen Kopf zu machen.

Die Kifferei war ein einfacher Weg der Grübelei zu entfliehen. Fast zehn Jahre habe ich mich dem Gedanken entzogen, dass ich ein durchschnittlicher Typ bin, der so durch die Welt eiert und nichts besonders erreichen wird. Dabei finde ich das gar nicht schlimm. Es ist sogar völlig okay. Ich habe mir den Weltschmerz in den Kopf gekifft. Wäre ich ein Heranwachsender in der heutigen Welt, wäre ich wahrscheinlich voll emo. Würde mir die Arme aufschlitzen und traurige Selfies machen.

Aber das bin ich nicht. Und ich bin auch kein Jammerer. Ich habe es gut und ich habe mein Leben in der Hand. Ich kann sowohl ein Pennerdasein führen und einfach alles aufgeben oder noch die Sache mit Frau und Haus und Scheidung und so erreichen. Yuhu. Wahrscheinlich mache ich einfach einen Mittelweg. Wir werden sehen. Ich beobachte weiter. Manchmal macht es mich traurig, manchmal lache ich über das was ich so sehe.

 

Gras auf den Ohren.

Ich bin mittlerweile stark genug auch der härtesten Versuchung zu widerstehen. Das ist gut. Aber Gras ist überall. Ich höre gern HipHop, besonders den alten Shit. Doch irgendwie passen die ganzen Text so gar nicht mehr zu meinem aktuellen Lebenswandel. Gras ist einfach überall.

„Let’s get to the point/ Let’s roll another joint/ And let’s head on down the road/ There’s somewhere I got to go.“ – Tom Petty

„Roll joints bigger than King Kong’s fingers/ And smoke them hoes down until they’re stingers.“ – Wiz Khalifa

„You ignite me and I’ll ignite you / And once all the sheets burn, baby / I’ve got some more bamboo / And when the smoke clears / Lady, still my eyes focus on you / Huff and puff some of my funk stuff / Prove my point that I am the joint“ – C+C Music Factory

Und den Auszug kennt ihr alle: „Hey-ay-ay-ay! Smoke weed every day!“ The Next Episone vom Dr. mit dem Dreh höre ich immer gerne. Und immer habe ich die letze Zeile laut ausgerufen. Smoke Weed Everyday. Es ist wirklich absurd. Jeden Tag rauchen ist scheiße. Für HipHopper ist das vielleicht ein Ding. Aber wir Normalos sollten uns ein bisschen kontrollieren. Das ständige High hat mich eingeschränkt. Ich konnte mich nicht mehr auf die wesentlichen Dinge konzentrieren. Wenn kiffen, rappen, Konzerte geben und Geld zählen die einzigen Aufgaben im Leben sind – ist das cool. Aber als 9to5-Hure mit alltäglichen Problemen und Sorgen ist es nur traurig. Ich habe ein trauriges Leben geführt. Ich habe zwar viel gelacht und mich in der Situation des Rebellionsdauerkiffers wohl gefühlt, aber ich unfrei wie ein Zooelefant.

Jetzt, nach fünf Monaten Abstinenz kann ich es recht objektiv beurteilen. Gras ist unter all den Drogen da draußen, die, die am Besten zu mir passt. Mich wundert es auch nicht mehr, dass ich gerade bei Weed hängen geblieben bin. Die ganzen schnellen Sachen haben mich immer nur irritiert und für die richtig harten Sachen bin ich einfach zu schissig. Und gestern hatte ich folgende Zeile auf dem Ohr: „Too much of anything makes you an addict“ – Nappy Roots, No Static. Starker Song. Und genau so ist es. Zu viel, egal wo von, ist schädlich.

Ich kämpfe heute nicht mehr gegen meine Gras-Sucht an. Ich kann es lassen. Es ist manchmal schade, dass ich nicht einfach mal eine Tüte basteln kann, aber das ist okay. Heute kämpfe ich gegen Monotonie. Ich will mich nicht noch einmal so festfahren, wie ich es bei der Kifferei getan habe. Im Moment gehe ich jede freie Minute zum Basketball. Das ist verrückt. Natürlich ist das ungefährlich, aber ich lenke mich so auch vom Wesentlichen ab. Was will ich mit meinem Leben machen. Die Monate vergehen und ich trete auf der Stelle. Ich drifte ab.

Gras ist überall. In Amerika rasten sie aus und Legalisieren den Shit. Vor einem Jahr haben sie dich in Colorado noch in den Knast gesteckt, wenn du mit nem Büggel erwischt wurdest und jetzt kannst du das Kraut an jeder Ecke legal kaufen. Stars kiffen öffentlich auf Instagram und niemand schwingt mehr die moralische Keule. Die Linken reden auch wieder von der Legalisierung. Es gibt in Deutschland immer mehr halböffentliche Coffeeshops. Und an jeder Ecke sehe ich die Kids Tüten basteln und teilen.

Von der Rebellion ist nichts mehr übrig geblieben. Ich wollte mich mit der Kifferei, wenn auch eher unbewusst, von der Masse abgrenzen und ein Zeichen setzen. Gut, ich bin süchtig geworden und aus Rebellion wurde Rezession, aber die Kifferei ist auf dem Weg ins Establishment. Ich bin mal gespannt, wie sich das noch entwickelt. Vielleicht hebt Deutschland die Prohibition auch auf und Gras ist in zehn Jahren ein Rauschmittel wie Alkohol. Wir werden sehen. Ich habe genug gekifft und bleibe nun aufmerksam, dass ich nicht in die nächste Sucht gerate.

Scheisse, ich bin heute echt verwirrt. Unschlüssig. Ich wollte über die Kifferei im HipHop schreiben. Und wie fremd das heute für mich klingt. Und darüber, wie mir Gras überall begegnet, jetzt wo ich abstinent lebe. Herausgekommen ist ein kurzer Text, der eine riesige Kurve dreht. Eine kurve durch mein wirres Gehirn, dass auf der Suche nach Klarheit noch ab und zu den Faden verliert. Aus einem grünen wird hoffentlich bald ein roter Faden. 

Super, ich bin schon viel klarer. Ein kurzes Update zu meiner Regeneration: Es geht mir deutlich besser. Ich schlafe wirklich gut mittlerweile. Und ich habe öfter Phasen, in den ich mich gut konzentrieren kann. Mein Gedächtnis wird auch besser. Die Stimmungsschwankungen haben sich erheblich relativiert. Kiffen hat Folgen. Jeden Tag kiffen ist kein guter Plan. Bleibt gesund. Euer Franzl.

 

Statusbericht: 5 Monate.

Nun sind es also schon 5 Monate. Oder so ähnlich. Ich habe den Tag des letzten Joints vergessen. Ist auch Wurscht. Es geht mir gut. Schlafstörungen, Lethargie und Melancholie sind beinahe ausgestanden. Suchtdruck empfinde ich nicht. Rauchen ist allerdings noch immer ein großes Thema. Ich poofe ununterbrochen. Ekelhaft. Ich muss das abstellen. Bald.

Der Aussteiger (ein Mitstreiter)  hat mich gefragt, was sich über die letzten zwei Monate noch verändert hat. Ich kann es nicht wirklich sagen. Das Leben ist ein bisschen leichter geworden. Ich glaube ich bin offener geworden, freier. Versuchungen machen mir keine Probleme. Ich habe jetzt schon einige Situationen gehabt, in denen ein Joint nur eine Armlänge weit entfernt war. Aber ich habe nicht einmal gezuckt. Ich bin mir meiner Situation bewusst, aber es bedarf keiner sonderlichen Anstrengung die Abstinenz aufrecht zu erhalten. Nicht kiffen ist einfach.

Ich bin lange nicht am Ende meiner kleinen Reise, aber sie ist längst nicht mehr so steinig wie zu Beginn. Jetzt habe ich Gelegenheit mich auf die wahren Aufgaben des Lebens zu konzentrieren. Ich bin noch nicht wirklich weitergekommen und suche beruflich noch immer nach einem Highlight, dem ich mich voll und ganz widmen kann, aber so lange genieße ich das Leben drum herum. Das Eichhörnchen begleitet mich nicht mehr und ich hoffe es kommt auch nicht wieder. Man sagt ja, einmal Sucht – immer Sucht. Ich bin gespannt, wie sich meine Situation entwickelt, aber ich mache mir keine Sorgen. Dann kiff ich halt nie wieder. Auch kein Ding.

Bleibt dran, Jungs. Wenn sich Eure Gedanken um Traurigkeit, Sucht und Träume drehen, dann legt den Joint beiseite und sucht nach einem geeigneten Zeitpunkt das tägliche Kiffen zu beendet. Für mich war es ein nie enden wollender Strudel, der mein Leben viel mehr beeinflusst hat, als ich es glauben wollte.

Gras ist nicht harmlos. Ich habe viele Jahre keinen Ausweg gefunden und immer weiter gekifft. Es war schwer den Absprung zu schaffen. Jetzt ist es einfach und ich frage mich, warum ich es so lange nicht geschafft habe. Ich habe kein Allheilmittel. Ich kenne keinen Königsweg. Ihr müsst für Euch die Entscheidung treffen nicht mehr zu wollen. Traut Euch.

Auf der Suche nach dem Absturz.

c.bukowski

Bukowski ist mein Held.

Ich mag abgeranzte Typen, die sich nicht um die Normen und Werte unserer Generation scheren. Typen, die ihr eigenes Ding machen. Erst vor kurzer Zeit habe ich die Geschichten von Charles Bukowski entdeckt. Ein genialer Mensch, der sich zeitlebens durch die Gosse von Los Angeles gesoffen und gefickt hat. Naja, wahrscheinlich hat er mehr gesoffen als gefickt, aber zumindest hatte er eine blühende Phantasie, wenn es um Titten, Kitzler und Ärsche geht. Ständig arm und oft ohne auch nur einen Dollar in der Hand trieb er durch eine Welt, zu der er keinen Zugang fand. Natürlich ist auch das nur eine romantisierte Version, aber ich möchte mir den Mann so vorstellen, wie er sich in seinen Geschichten selbst darstellt. Eine abgewrackte Gestalt, die der Welt täglich ein lautes „Fuck you“ entgegenbrüllt.

Ich selbst war nie arm. Mama hat nicht gesoffen und Papa hat mich nie geschlagen. Mama ist eine tolle, einsame Frau, die Alles für mich geben würde. Papa hat mal viel Geld verdient, hat doppelt so viel verzockt, säuft Bier, wie andere Leute Wasser und versteht das Konzept von Liebe nicht. Mit seinen 60 Jahren ist er heute pleite, in seiner dritten Ehe und wahrscheinlich näher am Tod als am Leben. Ich bin die Summe meiner Erfahrungen. Ich bin kein Kind einer heilen Welt, aber auch nicht im Chaos aufgewachsen. Ich habe solide Wertvorstellungen, Respekt vor meinen Mitmenschen und ordentliche Manieren.

Kaputtheit übt eine große Faszination auf mich aus. Ich glaube heute, dass ich eine Zeit lang versucht habe mein Leben zu sabotieren. Ich wollte in die Gosse. Alles verlieren, den letzten Ausweg verpassen und so richtig abstürzen. Fragt mal einen Spielsüchtigen welche Momente für ihn die intensiveren sind: ein guter Gewinn, oder ein übler Verlust. Ein Jahr lang habe ich versucht den „Goldenen Joint“ zu rauchen und meiner kümmerlichen Existenz ein Ende zu bereiten. Sterben wollte ich nicht. Nein, ich wollte verlieren. Der Traum vom großen Erfolg ist eine Illusion, die man um die 30 realistisch einsortieren kann. Was wartet denn in dieser Welt schon auf mich? Profisportler sind plötzlich ein paar Jahre jünger. Der Zug ist längst abgefahren. Für einen aufregenden Job hat es auch nicht gereicht. Die Welt ist langweilig und ich bin nur ein kümmerlicher Teil dieser ewigen 9to5-Maschinerie. Aufstehen, Essen, Arbeiten, Trinken und Schlafen. Sorgen, Beklemmungen, Wünsche und Realität.

Und für mich waren die „glücklichen“ Menschen um mich herum verblendet. Sie alle haben einen Job, den sie hassen. Leben mit Menschen, die sie beeinflussen wollen, ändern wollen und mit Restriktionen klein halten. Kinder zu kriegen wird zum größten Erfolg ihres Lebens. Die Alte sagt, wir müssen jetzt einen Kombi haben. Schön. Am Wochenende kann ich nicht, wir sind sonntags zum Brunch bei den Kurzbergers. Ach ja?! Was will ich in dieser Welt? Es ist nicht meine. Ich möchte morgens auf der richtigen Seite des falschen Bettes aufwachen. Fehler machen. Saufen, bis ich noch tanzen, aber nicht mehr laufen kann. Drogen nehmen war meine Rebellion. Wobei ich selbst dabei nicht erfolgreich war. Ich habe Gras geraucht. Es hat mich nicht kaputt gekriegt, soviel ich auch geraucht hab. Jetzt hänge ich hier im Mittelmaß. Bin gut ausgebildet und habe einen Job, der mir liegt und den ich mag und dazu die Freiheit, die Dinge zu tun die ich liebe. So ein Käck.

Ich schlage keine Frauen, bin kein Alkoholiker, bin ein ehrenwerter Bürger dieser Gesellschaft. Ich schreie der Welt kein „Fuck you“ entgegen. Ich bin nett und lächle. Wütenden und ignoranten Menschen begegne ich mit doppelter Freundlichkeit. Ich versuche GUT zu sein. Ich verachte diesen Familiengedanken nicht (mehr). Ich schätze, ich will das auch haben. Ich habe es nicht geschafft mich kaputt zu machen. „My ambition is handicapped by my laziness.“ Selbst in Sachen Selbstzerstörung siegte die Faulheit. Oder die Lebensfreude – je nach Ansichtsweise. Ich bin da noch nicht ganz sicher.

Wie auch immer. Das Leben geht immer weiter und ich habe Träume, die mich antreiben. Die Suche nach Glück ist eine aufregende Reise, die es sich lohnt zu gehen. Fuck it – dann spiel ich halt das Spiel der Spießigkeit.

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