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Das Eichhörnchen und die Stilfrage.

Heute bin ich über einen Blog-Beitrag vom MC Winkel gestoßen. Seine Geschichte beschreibt er ein bisschen anders, aber ich bin sicher, dass auch der Winkel ein paar der Auswirkungen kennt, die ich hier bereits angesprochen habe: Kiffer für die Rebellion zum Beispiel und vielleicht stellt er auch seine Identität in Frage, so wie es viele unter uns getan haben. Winkel ist ein Blogger der ersten Stunde und ich verfolge sein Zeug schon eine ganze Weile. Er ist in seiner zweiten Woche und verspricht seine Leser auf dem Laufenden zu halten. Ich bin gespannt. Er geht, anders als ich, ganz offen mit seiner Geschichte um. Gut so – vielleicht lüfte ich irgendwann auch mal meine Identität und stehe zu meiner Geschichte. Bislang habe ich das Thema, vor allem im beruflichen Umfeld eher inkognito gehalten. Ich wollte einfach nicht in diese Kiffer-Schublade gesteckt werden. Schließlich war ich ja Business-Kiffer und nicht einer dieser zotteligen, dreadlockigen Verpeilten. Das ist keineswegs beleidigend gemeint, nur meine Interpretation der allgemeinen Wahrnehmung eines „Kiffers“.

Scheiße, es geht mir gut. Mehr als acht Monate sind seit meinem Einstieg in die Abstinenz vergangen und ich fühle mich mit jeder Woche besser. Für mich war der Joint zu Feierabend ein so elementares Ritual und ich war sicher, dass er mir gut tut. Für mich war das der richtige Weg den Stress des Alltags abzuschalten und in den Ruhemodus zu wechseln, quasi auf Knopfdruck. Eher auf Dreh am Rädchen, da ich stets BIC-Feuerzeuge mit Rädchen bevorzugte. Stil war immer ein Thema. Wenn ich billige Tokai-Feuerzeuge in Benutzung sehe, verdrehe ich noch heute die Augen. Stil war mir wichtig. Ich hatte auch nie mehr als drei Stummel im Aschenbecher. Hatte ich Besuch, aber ich Kippenrauchern stets einen eigenen Aschenbecher hingestellt. Ich wollte meinen Joint einfach ablegen können, ohne das gleich der Geruch stinkender, angesengter Filter in der Luft liegt. Ich hab Pfeifenraucher auch nie verstanden, die ihre Köpfchen einfach auf dem Tisch ausgeklopft haben, so dass der nach ein paar Pfeifendurchläufen aussah, wie bei Hempels. Nein Nein, bei mir war immer alles Tutti. Auch meine Joints sahen aus, als kämen sie aus der Fabrik: kein Knick und vor allem keine überlangen braunen Schamlippen, die entstehen, wenn das Papier über den Tipp ragt. Kann man doch abbrennen, oder besser einfach so basteln, dass der Tipp ein bisschen unten aus dem Joint rausguckt. Stil halt. Krümel, die beim bauen entstehen, habe ich nach dem Bauen mit der Blättchenpackung in eine kleine Schale gekehrt und nicht einfach auf dem Tisch gelassen. Aus dem Inhalt ließen sich fantastische Reste-Tüten bauen, die richtig geknallt haben. Keine Ahnung warum.

Heute kann ich über diese Interpretation von Stil, und mein Verständnis davon, schon gut lachen. Was war ich doch für eine Laberbacke. Süchtig war ich. All diese Ordnung und Einbildung von Sorgfalt und Klasse war nur die Stimme des Eichhörnchens, dass mir den Konsum schöngeredet hat. Klar, als Instrument hat das Gras seine Wirkung vollbracht. Mit dem ersten Zug war der Ruhemodus angeklickt und ich hab mich nicht mehr mit den Aufgaben des Tages, der Woche und des Lebens auseinandergesetzt. Für den Rest des Abends war Ruhe. Am nächsten Morgen habe ich dann mehr schlecht als Recht die wichtigsten Tasks abgearbeitet und mich zur nächsten Ruhephase durchgeschlagen. Abschalten ist wichtig und ich bin immernoch auf der Suche nach einer guten Möglichkeit dazu. Sport klappt perfekt. Wenn ich einen Ball in der Hand habe, ist alles andere ausgeblendet. Aber das ist eben keine Möglichkeit für den Abend auf der Couch, um das Gehirn ein bisschen zu beruhigen und die Gedanken langsam auf Schaf zu polen. Of mache ich abends ein Hörbuch, oder WDR5 an um ein bisschen Ablenkung zu haben und häufig erwische ich mich dabei, dass mein Gehirn trotzdem weiter die offenen Punkte meiner ToDo-Liste bearbeitet. Gras hat diesen Prozess einfach gestoppt. Ein Zug und es herrschte Stille.

Meine Lösung ist Organisation. Ich schreibe viel auf. Mache mir Listen mit Aufgaben für den nächsten Tag und versuche sie der Reihe nach abzuarbeiten. Das scheint zu helfen. Oft stehe ich Abends noch mal aus dem Bett auf und schreibe ein, zwei Dinge auf ein Post-It. Danach kehrt dann oft Ruhe ein, denn ich weiß, dass ich die Aufgabe notiert hab und nicht vergesse. Nach 8 Monaten Abstinenz beschäftige ich mich mit solch einfachen Lösungen. Aber Lösungen sind eben besser als Sorge über Unzulänglichkeit. Die hat nämlich in meiner Kifferzeit die Oberhand gehabt. Ich bin viel entspannter geworden und Sorge mich deutlich weniger. Kleine Schritte, große Schritte – schon am Anfang war mir klar, dass Arbeit auf mich wartet.

8 Monate sind ein Riesenerfolg, dass muss und darf ich für mich selbst anerkennen. Auch ein bisschen Stolz ist okay. Ich muss das Wort Stil neu definieren. Am Wochenende war ich seit langem mal wieder ernsthaft Klamotten kaufen, keine Sneaker, North-Face-Jacken oder bunte kurze Hosen, sondern Business-Outfits. Das hab ich nie gemocht, aber diesmal hatte ich Spaß dran. Mein Selbstverständnis wird besser. Business-Kiffer hab ich mich geschimpft. Der Kiffer ist Vergangenheit und jetzt bastele ich am Mann. In kleinen Schritten. Besser spät als nie.

Ich bin ein bisschen geheilt. Ich hab keine Angst vor einem Rückfall, wenn es passiert, stehen schon in diesem Blog viele Gründe, die mir sagen, dass der tägliche Joint am Abend eine enorme Bremse ist. Nein, ich fühle ich mit gut und freue mich auf Alles, was kommt. Weiter so.

Bleibt dran. Es lohnt sich. Euer Franzl.

Wie soll ich bloß mit dem Kiffen aufhören?

Sommer 2011. Morgens halb neun, ziemlich verknittert mache ich die Augen auf. Festival, ich liege in meinem Zelt und neben mir sagt mein Kumpel: Ey Franzl, du Freak, heute nacht bin ich zweimal von dem Klicken Deines Feuerzeugs aufgewacht. Ein Bier zum Morgenkaffee gehört auf Festivals allgemein zum guten Ton. Mein Kiffverhalten allerdings war auch in diesem Umfeld eher extrem. Stoned sein war für mich kein Rausch. Ich habe das hier schon oft geschildert, dieses dumpfes Gefühl war für mich eher medizinisch als berauschend. Auch zu Hause wurde es zu einem Ritual den letzten Joint am Abend nur anzurauchen und ihn dann neben dem Bett im Aschenbecher zu bunkern, damitich , wenn ich nachts aufwachte, einfach zugreifen brauchte, um drei vier tiefe Züge zu nehmen und direkt wieder einzuschlafen. Tiefer, komatöser Schlaf war das Ergebnis. Keine Träume und keine Zeit für Reflexion. Diese nächtlichen Joints sind heute für mich der größte Indikator für mein Suchtverhalten. Ich wollte sogar im Schlaf so richtig breit sein, könnte nicht einmal den nächsten Morgen abwarten.

Wie oft habe ich mir geschworen diese Kifferei einzustellen? Wie viele „letzte“ Tüten habe ich wohl geraucht? Und doch habe ich meist schon am nächsten Tag wieder den Dealer angerufen und ein bisschen Gras gekauft. Ich erinnere mich gut an diese Situationen. Ich komme zurück nach Hause, setze mich auf die Couch, packe meine Utensilienkiste wieder hervor und baue. Grinden, bröseln, rollen – und dann der erste Zug. Es knistert und ich lehne mich zurück und lasse die Dumpfheit zu. Der Druck der Selbstkontrolle geht in Dampf auf und wird in die Ungewissheit verschoben. Es war hoffnungslos, die Lage schien ausweglos und die Monate verstrichen. Immer wieder selbst auferlegter Druck und immer wieder Verrat an mir selbst. Ich wollte die Veränderung unbedingt, aber ich war zu schwach, meiner Identität nicht sicher und habe mich mit wirrer Argumentation selbst belogen. Scheiße ja, ich war unbelehrbar, habe die wohlwollenden, kritischen Stimmen aus meinem Umfeld mit Geschwätz abgetan und lapidar geantwortet: Was wollt ihr denn? Ich mache doch meinen Job, halte meine Wohnung sauber, lebe. Nur meinen engsten Freunden, die meist ebenso süchtig waren, habe ich meine wirkliche Lege geschildert.

Zwischen diesen Druckphasen hatte ich auch sehr positive Phasen, in denen es mir gut ging. Ich kiffte und ich schob meine Probleme vor mir her. Doch die Melancholie holte mich immer wieder ein. Ein neuer Versuch, erneutes scheitern – gefolgt von einer neuen Phase des Verdrängens. Das war mein Weg. Stur verfolgte ich diesen Kreislauf. Bis zu dem Tag, an dem ich ausbrach. Ich habe nichts anders gemacht. Wieder habe ich mir einen letzten Joint gebaut und gehofft, dass ich es dieses Mal durchziehe. Und statt am nächsten Tag wieder einen durchzuziehen blieb ich eisern. Ein Tag verging, die Nächte wurden hart und ich viel in ein unfassbar tiefes Loch. Ich war viel zu Hause in dieser Zeit. Die ersten zwei Monate war ich ein Wrack. Schweiß, Träume, die mir meine vergebenen Chance vor Augen hielten und tiefe Trauer bestimmten meine Welt.

Ich startete diesen Blog und begann mich mit meinen Gefühlen, Wünschen und Zielen auseinanderzusetzen. Und rubbeldiekatz ist heute. Ich will Euch Rat geben. Ich wünschte ich ein Rezept für den Ausstieg: einen kleinen Trick, der es einfacher macht aus der Sucht zu flüchten, den Kreislauf zu durchbrechen. Es ist ein Kampf, Euer Kampf. Ich war ein euphorischer, offener Extremkiffer ohne Gefühl für Illegalität, der das Kiffen zum lebensbejahenden Rebellentum deklarierte. Süchtig war ich auch, aber das erkenne ich erst heute. Gestern war ich stur und für morgen muss ich mir noch einen Plan machen. Es gibt kein Allheilmittel, ich kann nicht einmal sagen, wie ich es selbst geschafft habe. Ich habe gekämpft, viele Jahre als Kiffer und jetzt kämpfe ich als Abstinenzler. Ich kämpfe momentan nicht mehr gegen den Rückfall, sondern eher gegen meine Dämonen. Es geht mir sehr gut und ich habe Kraft für die kleinen Hürden des Alltags, blicke nach vorn, sehe Chancen und habe den Mut sie zu ergreifen. Ein Rezept habe ich nicht, aber ich kann Euch Hoffnung anbieten. Der Kampf lohnt sich. Ich habe viel über mich gelernt in dem letzten halben Jahr. Meine Sicht auf die Zukunft ist positiver geworden. Meine Gefühle sind deutlich klarer, in beide Richtungen empfinde ich deutlich bewusster.

Wenn es sich nach Verzicht anfühlt einen Joint nicht zu rauchen, dann kämpft. Verlieren ist keine große Sache. Jede Sekunde wird irgendwo auf der Welt eine kleine Schlacht verloren. Ein Sieg reicht und macht die vielen kleinen Niederlagen vergessen. Ich drücke Euch die Daumen,

Euer Franzl.

Mein neues Leben ohne Dope.

Ein neues Zeitalter. Ein neues Leben. Plötzlich drogenfrei. Naja, abgesehen von Kaffee, Kippen und Kölsch. Gestern hatte ich Besuch von einem alten Kifferkumpel, der sich auch prompt einen Joint bastelte, als er auf meiner Couch Platz nahm. Hast Du einen Tipp für mich? – Ja, weniger Kiffen. Hahaha. Er war so höflich, vorher zu Fragen, ob ich damit Schwierigkeiten hätte. Habe ich nicht. Null. Ich kiffe nicht mehr. Das ist wirklich einfach, aber immernoch komisch. Ich entferne mich immer mehr von diesem Lifestyle und ich vermisse ihn auch nicht.

Mein Leben hat sich deutlich verändert. Ich renne diesem Dope nicht mehr hinterher. Der ewige Rausch, diese ewige Dumpfheit im Kopf wurde abgelöst. Durch ein bisschen mehr Klarheit. Mehr Zeit für Konstruktivität. All die Sorgen, die mich zu Beginn begleitet haben, sind verpufft. Ab und zu flimmern sie schwach und unklar vor meinem inneren Auge, aber richtig fassen kann ich sie schon gar nicht mehr. Die Zukunft ist mir plötzlich viel näher. Greifbar. Noch vor einem halben Jahr war sie dunstig und ungewiss. Jetzt fällt es mir viel leichter konkrete Pläne zu schmieden und darauf hinzuarbeiten. Ich bin den richtigen Weg gegangen.

Aufregung. Das ist ein Gefühl, dass ich richtig lang nicht mehr empfunden habe. Momentan ist beruflich ein Projekt in der Schwebe und ich bin richtig freudig, wuselig angespannt. Das ist großartig und ich glaube das ist mir in der Kifferzeit abgegangen. Ich habe immer Alles einfach hinter mich gebracht. Durchhalten, abhaken, basteln – nicht mehr drüber nachdenken. So war es leicht, schwierige Situation durchzustehen, aber irgendwie habe ich dadurch auch diese freudige Erregung auf und durch die schönen Dinge des Lebens verloren.

Ich habe von Joint zu Joint gelebt.

Dieser Satz aus der Vergangenheit dieses Blogs kommt mir dabei immer wieder in den Sinn. Er beschreibt auch schön die Sucht an sich. Alles dazwischen war mein Leben und trotzdem habe ich immer nur an den nächsten, ruhigen Joint bei mir zu Hause, alleine auf der Couch gedacht. So denke ich zumindest heute über mein Konsumverhalten. Ich war unterwegs, zwischendurch hatte ich auch Spaß, aber so richtig frei und ausgelassen war ich in dieser Zeit wohl nie. Immer stand dieser nächste Joint auf dem Programm. Einfach immer.

Mein neues Leben ohne Dope. Der Titel ist banane. Es ist das gleiche Leben und ich bin immernoch ich. Mein Wesen hat sich nicht verändert. Ich war auch dauerbreit ein ausgeglichener, etwas zu verkopfter, sportlicher und nachdenklicher Typ. Aber eins ist neu: ich habe die Kontrolle wieder übernommen. Die Zukunft fühlt sich nicht mehr so vorherbestimmt an. Ich kann wieder lenken und sollte mal ein Eisberg auftauchen, fahr ich halt drum herum oder schmelz das Ding einfach weg, anstatt mich einfach am Joint festzuhalten und stur abzuwarten bis das Spektakel vorbei ist.

Weiter geht die wilde Fahrt. Ich freu mich richtig auf den weiteren Verlauf dieses verrückten Jahres. Letztes Jahr um diese Zeit war ich richtig down. Jetzt hab ich Bock auf mehr. Tatendrang nennt man das wohl. Ihr da draußen. Das tägliche kiffen zu lassen ist sicher nicht der Königsweg zum Glück, aber wenn ihr häufiger einsam; traurig; melancholisch oder anderweitig trübselig seid: dann legt das Kraut beiseite. Niemand verbietet Euch zu kiffen. Es ist jedes mal eine bewusste Entscheidung für den Rausch und gegen die Kontrolle. Macht eine Pause. Das ist nicht immer leicht. Aber ich behaupte mal dreist, dass es sich immer auszahlt. Werdet stark.

Statusbericht: 6 Monate.

Ein halbes Jahr. BÄM. Ich schreibe aus der Vergangenheit. Heute ist gar nicht heute und ich hab es noch gar nicht geschafft, dieses Ziel. Aber ich werde es erreichen – easy as a shit in the morning. Denn es geht mir gut – mein kifffreies Leben fühlt sich gut an. Es ist leichter geworden. Zeug regeln, weiterkommen, durchatmen, Arbeiten, freundlich sein, ausrasten – alles ist lockerer.

Heute, also Samstag, Stichtag (ich konnte das rekonstruieren – am 19.01.2014 habe ich den letzten Joint geraucht), sitze ich betrunken in Berlin auf einem Hausboot und schippere über die Havel oder ein anderes Berliner Gewässer. Woher soll ich das denn heute wissen, also jetzt, ihr wisst schon. Ich genieße das fantastische Wetter und habe wenig Sorgen. Ist noch genug Bier kalt?

Ich habe diesen Blog gestartet, weil ich meine Sorgen, meine Traurigkeit und meine Ängste teilen wollte. Es hat mir sehr geholfen diese Gedanken hier niederzuschreiben. Diese Themen gehen mir langsam aus. Das ist eine gute Sache. Und jetzt muss ich mir eine neue Ausrichtung ausdenken. Das Thema ist noch nicht auserzählt und vielleicht dreht sich meine momentane Euphorie ja auch noch mal. Jeder soll sein Ding machen und ich hätte mir nie raten lassen mit dem Kiffen aufzuhören. Ich hätte mir nie eingestanden, dass dieser Lifestyle des täglichen High eigentlich betrübt, mich aufhält und bremst. Heute würde ich Jedem Kiffer raten eine Pause zu machen. Eine endgültige Pause. Es geht prima ohne. NAch Traurigkeit kommt Freiheit, kommt Erkenntnis.

Der Sommer tut gut. Jetzt bricht die zweite Hälfte meines ursprünglichen Plans an und ich freue mich drauf. Auf geht’s.

Statusbericht: 5 Monate.

Nun sind es also schon 5 Monate. Oder so ähnlich. Ich habe den Tag des letzten Joints vergessen. Ist auch Wurscht. Es geht mir gut. Schlafstörungen, Lethargie und Melancholie sind beinahe ausgestanden. Suchtdruck empfinde ich nicht. Rauchen ist allerdings noch immer ein großes Thema. Ich poofe ununterbrochen. Ekelhaft. Ich muss das abstellen. Bald.

Der Aussteiger (ein Mitstreiter)  hat mich gefragt, was sich über die letzten zwei Monate noch verändert hat. Ich kann es nicht wirklich sagen. Das Leben ist ein bisschen leichter geworden. Ich glaube ich bin offener geworden, freier. Versuchungen machen mir keine Probleme. Ich habe jetzt schon einige Situationen gehabt, in denen ein Joint nur eine Armlänge weit entfernt war. Aber ich habe nicht einmal gezuckt. Ich bin mir meiner Situation bewusst, aber es bedarf keiner sonderlichen Anstrengung die Abstinenz aufrecht zu erhalten. Nicht kiffen ist einfach.

Ich bin lange nicht am Ende meiner kleinen Reise, aber sie ist längst nicht mehr so steinig wie zu Beginn. Jetzt habe ich Gelegenheit mich auf die wahren Aufgaben des Lebens zu konzentrieren. Ich bin noch nicht wirklich weitergekommen und suche beruflich noch immer nach einem Highlight, dem ich mich voll und ganz widmen kann, aber so lange genieße ich das Leben drum herum. Das Eichhörnchen begleitet mich nicht mehr und ich hoffe es kommt auch nicht wieder. Man sagt ja, einmal Sucht – immer Sucht. Ich bin gespannt, wie sich meine Situation entwickelt, aber ich mache mir keine Sorgen. Dann kiff ich halt nie wieder. Auch kein Ding.

Bleibt dran, Jungs. Wenn sich Eure Gedanken um Traurigkeit, Sucht und Träume drehen, dann legt den Joint beiseite und sucht nach einem geeigneten Zeitpunkt das tägliche Kiffen zu beendet. Für mich war es ein nie enden wollender Strudel, der mein Leben viel mehr beeinflusst hat, als ich es glauben wollte.

Gras ist nicht harmlos. Ich habe viele Jahre keinen Ausweg gefunden und immer weiter gekifft. Es war schwer den Absprung zu schaffen. Jetzt ist es einfach und ich frage mich, warum ich es so lange nicht geschafft habe. Ich habe kein Allheilmittel. Ich kenne keinen Königsweg. Ihr müsst für Euch die Entscheidung treffen nicht mehr zu wollen. Traut Euch.

Auf der Suche nach dem Absturz.

c.bukowski

Bukowski ist mein Held.

Ich mag abgeranzte Typen, die sich nicht um die Normen und Werte unserer Generation scheren. Typen, die ihr eigenes Ding machen. Erst vor kurzer Zeit habe ich die Geschichten von Charles Bukowski entdeckt. Ein genialer Mensch, der sich zeitlebens durch die Gosse von Los Angeles gesoffen und gefickt hat. Naja, wahrscheinlich hat er mehr gesoffen als gefickt, aber zumindest hatte er eine blühende Phantasie, wenn es um Titten, Kitzler und Ärsche geht. Ständig arm und oft ohne auch nur einen Dollar in der Hand trieb er durch eine Welt, zu der er keinen Zugang fand. Natürlich ist auch das nur eine romantisierte Version, aber ich möchte mir den Mann so vorstellen, wie er sich in seinen Geschichten selbst darstellt. Eine abgewrackte Gestalt, die der Welt täglich ein lautes „Fuck you“ entgegenbrüllt.

Ich selbst war nie arm. Mama hat nicht gesoffen und Papa hat mich nie geschlagen. Mama ist eine tolle, einsame Frau, die Alles für mich geben würde. Papa hat mal viel Geld verdient, hat doppelt so viel verzockt, säuft Bier, wie andere Leute Wasser und versteht das Konzept von Liebe nicht. Mit seinen 60 Jahren ist er heute pleite, in seiner dritten Ehe und wahrscheinlich näher am Tod als am Leben. Ich bin die Summe meiner Erfahrungen. Ich bin kein Kind einer heilen Welt, aber auch nicht im Chaos aufgewachsen. Ich habe solide Wertvorstellungen, Respekt vor meinen Mitmenschen und ordentliche Manieren.

Kaputtheit übt eine große Faszination auf mich aus. Ich glaube heute, dass ich eine Zeit lang versucht habe mein Leben zu sabotieren. Ich wollte in die Gosse. Alles verlieren, den letzten Ausweg verpassen und so richtig abstürzen. Fragt mal einen Spielsüchtigen welche Momente für ihn die intensiveren sind: ein guter Gewinn, oder ein übler Verlust. Ein Jahr lang habe ich versucht den „Goldenen Joint“ zu rauchen und meiner kümmerlichen Existenz ein Ende zu bereiten. Sterben wollte ich nicht. Nein, ich wollte verlieren. Der Traum vom großen Erfolg ist eine Illusion, die man um die 30 realistisch einsortieren kann. Was wartet denn in dieser Welt schon auf mich? Profisportler sind plötzlich ein paar Jahre jünger. Der Zug ist längst abgefahren. Für einen aufregenden Job hat es auch nicht gereicht. Die Welt ist langweilig und ich bin nur ein kümmerlicher Teil dieser ewigen 9to5-Maschinerie. Aufstehen, Essen, Arbeiten, Trinken und Schlafen. Sorgen, Beklemmungen, Wünsche und Realität.

Und für mich waren die „glücklichen“ Menschen um mich herum verblendet. Sie alle haben einen Job, den sie hassen. Leben mit Menschen, die sie beeinflussen wollen, ändern wollen und mit Restriktionen klein halten. Kinder zu kriegen wird zum größten Erfolg ihres Lebens. Die Alte sagt, wir müssen jetzt einen Kombi haben. Schön. Am Wochenende kann ich nicht, wir sind sonntags zum Brunch bei den Kurzbergers. Ach ja?! Was will ich in dieser Welt? Es ist nicht meine. Ich möchte morgens auf der richtigen Seite des falschen Bettes aufwachen. Fehler machen. Saufen, bis ich noch tanzen, aber nicht mehr laufen kann. Drogen nehmen war meine Rebellion. Wobei ich selbst dabei nicht erfolgreich war. Ich habe Gras geraucht. Es hat mich nicht kaputt gekriegt, soviel ich auch geraucht hab. Jetzt hänge ich hier im Mittelmaß. Bin gut ausgebildet und habe einen Job, der mir liegt und den ich mag und dazu die Freiheit, die Dinge zu tun die ich liebe. So ein Käck.

Ich schlage keine Frauen, bin kein Alkoholiker, bin ein ehrenwerter Bürger dieser Gesellschaft. Ich schreie der Welt kein „Fuck you“ entgegen. Ich bin nett und lächle. Wütenden und ignoranten Menschen begegne ich mit doppelter Freundlichkeit. Ich versuche GUT zu sein. Ich verachte diesen Familiengedanken nicht (mehr). Ich schätze, ich will das auch haben. Ich habe es nicht geschafft mich kaputt zu machen. „My ambition is handicapped by my laziness.“ Selbst in Sachen Selbstzerstörung siegte die Faulheit. Oder die Lebensfreude – je nach Ansichtsweise. Ich bin da noch nicht ganz sicher.

Wie auch immer. Das Leben geht immer weiter und ich habe Träume, die mich antreiben. Die Suche nach Glück ist eine aufregende Reise, die es sich lohnt zu gehen. Fuck it – dann spiel ich halt das Spiel der Spießigkeit.

Stoned auf der BAB.

Vier Monate kifffrei bin ich heute auf den Tag. Die letzte Woche habe ich hier kein Tagebuch geführt. Mein Status hat sich auch nicht verändert. Schlafen klappt ganz gut. Gedanken an einen Joint habe ich nach wie vor selten und die Stimmungsschwankungen halten sich in Grenzen.

Es ist Montag und ich trinke abwechselnd Kaffee und Red Bull. Das Wochenende war kurz und ich bin müde. Egal. Heute erzähle ich Euch eine kleine Geschichte, die Teil meines Abschiedes vom Dope war. Es war Ende letzen Jahres und ich folgte einer Hochzeitseinladung nach Bayern. 3 Stunden Autofahrt. Ohne mir wirklich etwas dabei zu denken, drehte ich mir zwei kleine Tüten vor und setze mich in meinen alten Automatik-Benz. Auf der Autobahn stellte ich den Tempomat auf 110 und zündete mir den ersten Spliff an und fuhr gemächlich auf der rechten Spur Richtung Süden. Es war schon dunkel, die Autobahn war leer und aus im Autoradio schwappte ein ruhiger Indie-Beat. Ich fahre gern Auto, achte das Rechtsfahrgebot und bin ein gelassener Verkehrsteilnehmer. Roadrage kenne ich nicht, eher wundere ich mich über den Hass, der täglich auf deutschen Straßen herrscht. Während der Fahrt zu kiffen war für mich in dieser Zeit nicht völlig Ordnung, aber irgendwie okay. So richtig stoned wurde ich ja eh nicht mehr. Heute sehe ich die ganze Angelegenheit etwas anders und habe mir geschworen mich nur noch völlig klar ins Auto zu setzen. Ich will dieses Verhalten hier auf keinen Fall verharmlosen, aber ich erzähle die folgenden Ereignisse so, wie sie sich zugetragen haben.

Geschmeidig glitt ich durch Hessen und zündete mir kurz vor der bayrischen Grenze den zweiten Joint an. Der Benz ist mit mehr 300 Tausend Kilometer auf der Uhr und trotz seinem stolzen Alter ein wunderbares Reisemobil. Ich rollte so dahin und hing meinen Gedanken nach. Es war bereits die dritte Hochzeit des Jahres und irgendwie beneidete ich die Jungs, um ihre soliden Partnerschaften und Lebenswandel. Sie heiraten, kaufen Häuser, machen süße Kinder und machen Pärchenurlaub, anstatt mit Rucksack und Oneway-Ticket nach Übersee zu fliegen. Während ich mal wieder ins Selbstmitleid abdriftete bemerkte ich plötzlich einen silbernen 5er im Rückspiegel. Oh shit, die fragen sich wohl grad, was der alte Benz mit dem NRW-Kennzeichen hier macht. Am nächsten Autobahnkreuz überholte der Fünfer mich schließlich und die roten Buchstaben wiesen mich an ihm zu folgen. Ich lüftete also nochmal kurz durch und sammelte mich ein wenig.

„Guten Abend, einmal Führerschein und Fahrzeugpapiere bitte,“ begrüßte mich der bayrische Beamte in Zivil. „Servus, aber natürlich“, antwortete ich freundlich und gab ihm die Papiere. Ich erkundigte mich, warum die Beamten mich denn kontrollieren würden und deutete mit einem Verweis auf mein Outfit (Ordentliche Hose, weißes Hemd und Sakko am Haken im Fond) an, dass ich auf dem Weg zu einer Hochzeit war. Verrückterweise trug der Beamte den gleichen Nachnamen, wie der Bräutigam, verwandt waren die beiden jedoch nicht. Es ginge um eine Routinekontrolle und der Suche nach Drogen. Ob ich denn schon einmal in dieser Sache auffällig geworden sei, fragte er und logischerweise log ich ihn in nettem Ton an. Natürlich sagte ich auch, dass ich weder Drogen bei mir führen würde, noch in letzter Zeit welche konsumiert hätte.

Als kleiner Einschub zwischendurch: Lügen ist nicht strafbar. Ich kenne meine Rechte. Ich bin kein Fan der Polizei, hege aber auch kein Gräuel gegenüber Beamten. Sie sind Teil unseres Rechtsstaates und das ist auch gut so. Ich bin froh, dass ich in Deutschland geboren bin, denn ich genoss bislang gerne alle Privilegien, die unseren Staat ausmachen. Die Autobahnen sind gut, die Krankenversicherung exzellent und ich konnte nahezu kostenfrei studieren, obwohl ich aus einer Arbeiterfamilie komme. Aber das nur am Rande.

Ob ich denn einverstanden wäre ein paar Test zu durchlaufen, um meine Aussagen zu belegen. Aber Klar, Herr Kommissar. Die meisten von Euch kennen den Drill wahrscheinlich aus eigener Erfahrung. Erstmal Pupillencheck: Normale Reaktion. Keine Ahnung, ich hatte nie die typischen Klatschaugen. Als nächstes Augen zu, Finger auf die Nasenspitze. Easy. Auf einem Bein stehen. Ich bin sportlich und auch das war für mich keine unlösbare Aufgabe. Zwei, drei Meter Pisspott erledigte ich mit einem lächeln und freundlichem Smalltalk mit der Kollegin des Beamten. Jetzt kam was Neues: Bitte schließen Sie die Augen und schätzen Sie dreißig Sekunden ab. Augen zu und 21, 22, 23 … Als ich Stopp sagte, blickte die hübsche Blonde und ich auf ihr iPhone und was zeigte das Display. 30,34 Sekunden. Innerlich hob ich die Hand zum imaginären High-Five. Das Ding war gelaufen. Für die Bayern-Cops war klar: der Junge ist okay. Der ist nett und clean. So clean, wie Mutters Küche.

Dürfen wir uns denn in Ihrem Wagen einmal umsehen? Mir war klar, dass das nicht gut gehen würde, aber naja. Das gehört eben zu den Rechten der Polizei. Verneinen würde nur Stress bedeuten, also ließ ich den Beamten suchen. Es dauerte nicht einmal zwei Minuten, da fand er meinen Reisebeutel mit OCBs, Tipps und einem kleinen Döschen Weed. Was haben wir denn hier? Sie sagten doch, dass Sie keine Drogen mit sich führen würden. Immernoch freundlich sagte ich ihm, dass ich meine Rechte kennen würde und wir kamen überein, dass es okay sei davon gebrauch zu machen. Naja, das sei in Bayern nicht in Ordnung sagte er. Sprach von Strafanzeige und „Konfizage“. Ich erklärte ihm, dass ich beabsichtigte das ganze Wochenende in Bayern zu bleiben und es doch nicht gegen das Gesetz sei eine Party mit einem kleinen Joint zu beschließen.

Wir müssten dann jetzt zum Revier und die Anzeige zu Papier bringen. Ich solle den Beamten doch hinterherfahren. Ich konnte es nicht fassen. Ich fuhr den Beamten also hinterher. Die hübsche Blonde kümmerte sich um alles weitere. In Bayern wird man erkennungsdienstlich behandelt, wenn man mit Drogen erwischt wird. Also erstmal Fotos machen: zum Glück hatte ich einen Anzug an. Das müssen wohl die solidesten Fotos eines Gras-Konsumenten in der Geschichte Bayerns sein. Danach digitale Fingerabdrücke. Zum Glück benutzten die zu der Zeit schon keine Tinte mehr. Hätte die älteren Hochzeitsgäste sicher irritiert. Ich führe nebenbei ein sehr nettes Gespräch über die Gesetzeslage rund um Cannabis mit der Bayerin. Ich konnte nicht fassen, dass noch immer niemand meine Pisse oder auch nur meine klebrigen Fingerkuppen nach Gras untersuchen wollte. Ich versuchte also das Bild vom soliden Hochzeitsgast, der nur ein bisschen Kraut dabei hat, zu festigen und offenbar gelang mir das. Denn nachdem der Papierkram erledigt war, wünschten mir die Beamten, dass ich trotz dieser Eskapade die Feier genießen solle. Ich entschuldigte mich für den Papierkram, den ich Ihnen aufbrockte und durfte gehen, fahren, feiern. Unfassbares Glück.

Ich setze mich ins Auto, machte mir erst einmal eine Kippe an. Es war nicht das einzige Mal, dass ich ungeschoren davon gekommen bin. Aber zu der Zeit hatte sich in mir schon etwas verändert. Es war natürlich ein bisschen aufregend, ich hatte die Obrigkeit überlistet. Trotzdem, es musste sich was ändern. Ich konnte die Fete nicht richtig genießen. Es war eine tolle Party voller toller Menschen, die sich ehrlich mit und für ein tolles Paar freuten. Das tat ich auch, aber ich konnte nicht verdrängen, dass mein Leben zwar aufregend war, aber doch auch traurig. Ich war traurig. All die Spannung war doch unnötig. Ich trank ein halbes Helles mit den Jungs und stahl mich irgendwann gegen zwei Uhr morgens davon, um wieder heimzufahren. Mir wurden drei Couchen angeboten, ich habe ein angeregtes Gespräch mit der wunderschönen Portugiesin geführt, die ich immer nur auf Hochzeiten und anderen Events dieser Bayerntruppe sehe und dennoch fühlte ich mich beschissen.

Ich setzte mich also wieder in den Benz und fuhr die drei Stunden zurück. Das Gras hatten mir die Cops ja genommen und so hatte ich nichtmal Sorge, dass ich irgendwie illegal unterwegs war. Dabei war der letzte Joint ja erst sechs, sieben Stunden her. Ich hatte wahrscheinlich zehn Jahre ständig aktives THC im Blut. Zu Hause angekommen, dreht ich mir erstmal eine fette Tüte und legte mich mit ihr ins Bett. Mary und ich, wir waren kein Paar, dem andere zu ihrem Glück gratulierten, auf das sie neidisch schielten und bewunderten. Wir waren ein trauriges Paar. Es war höchste Zeit für eine Trennung. Heute bin ich nicht froh, dass ich damals nicht von den Cops gefickt wurde, sondern, dass ich Mary dann irgendwann endlich den Laufpass gab.

Was ist die Moral von dieser Geschichte? Kein Plan. Ich kiffe nicht mehr. Ich habe mich von einer Sucht befreit, die mein Leben bestimmte. So sehr, dass ich nicht einmal für eine Autofahrt zu einer Hochzeitsfeier klar bleiben wollte. Bekifft sein war einfacher, als mich damit auseinanderzusetzen, dass ich traurig über den Ausgang meiner letzten Partnerschaft war. Das ist alles Westentaschen-Psychologie, aber ist dennoch irgendwie logisch. Ich kiffte, um einfache Zusammenhänge zu verdrängen und das machte mich zum Süchtling. Jetzt bin ich clean und nur ganz langsam kann ich diese ganzen kleinen Zusammenhänge aufdröseln. Vier Monate bin ich jetzt dabei, in kleinen Schritten wieder zu einem glücklichen Franzl zu werden.

Weiter geht’s! Bleibt dran und bleibt sauber.

 

THC und OCB ist was ich dreh‘.

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Ich habe zur Studienzeit begonnen, professionell zu kiffen. Nach dem Abi bin ich zu Hause ausgezogen, habe für meinen Lebensunterhalt weitgehend selbst gesorgt und fühlte mich frei. Kiffen war Teil dieser Freiheit. Ich kenne es gar nicht anders. Daheim wird gekifft, auf der Couch gehörte der Joint einfach dazu. Leere Päckchen Papers habe ich in einer Box gesammelt. Anfangs aus Spaß , später im Gedanken an das Mahnmal, das diese Kiste heute für mich darstellt.

Zuletzt hab ich vor etwa zwei Jahren durchgezählt. Da war die Zahl der Joints, die diese Pakete repräsentieren schon deutlich fünfstellig. Eine unfassbare Zahl. Mehr als 10000 mal Rausch. Zehntausend mal klebrige Finger. Ebensoviele gerollte Tips. Meist die perforierten OCB-Tips. Nur im Notfall benutzte ich Laschen aus Kippenpackungen, geschnittene Kartei- oder Visitenkarten, oder andere unwürdige Alternativen. Zehntausend mal bröseln, Blättchen anfeuchten, zudrehen und anhauen.

Die Kiste ist Definition und Beweis meiner Sucht. Ich weiß gar nicht, wie man normal lebt, ohne in den eigenen vier Wänden ständig das gleiche Ritual zu vollführen. Kiffen war Definition von Heimat, Ersatz für Normalität und Entwicklung, die Verdrängung meiner Suche nach familiärer Wärme. Ich funktioniere gut allein. Aber das ist kaum eine Leistung, eher Gewohnheit.

All die kleinen und großen Erkenntnisse der letzten Monate überwältigen mich momentan. Ich bin froh, Vieles davon hier niederzuschreiben und hoffe, dass ich irgendwann Ordnung in den Wust der damit verbundenen Emotionen bringen zu können. Ich fühle mich noch immer zu schwach dafür.

Verlockungen.

Ich pflege Freundschaften. Aus meiner Studienzeit sind fünf Jungs übriggeblieben, mit denen ich in ernstem Kontakt stehe. Eine gemischte Runde. 2 Kiffer, 2 Abstinezler (keine Drogen, keine Kippen, kein Alk) und ein Säufer. Wir leben nicht mehr alle im gleichen Bundesland und sehen uns mitlerweile nur noch etwa dreimal pro Jahr. Wir haben alle eigenständige Freundeskreise, aber wir alle freuen uns auf diese Abende. Diesmal war ich der Gastgeber. Ich brauche in der Runde nichts zu verstecken und ich hätte die Jungs easy bitten können kein Dope mitzubringen, aber ich fühlte mich reif dafür auch in der Runde nicht kiffen zu wollen. Und es war eine richtige Einschätzung.

Ich war der härteste Kiffer in dieser Runde und bei den Treffen bin ich immer gerne ein bisschen ausgerastet. 15, 20 Joints. Macht doch Spaß. Oh Mann, diese sinnlose Verschwendung. Wir pennen auch immer alle dort, wo wir uns treffen und ich habe immer nachts den letzten und morgens den ersten gedreht. In den Runden hat es mir auch am meisten Spaß gemacht. Ich habe keine ahnung, aber diese Maßlosigkeit hatte seinen ganz eigenen Reiz auf mich.

Diesmal also ohne Kiffispliffi. Es war sehr leicht. Die Jungs haben auch höchsten fünf Tüten geraucht und sind auf den Balkon. Aus Respekt und ich wollte auch nicht ein bisschen passiv high werden. Als die Jungs am nächsten Tag mittags weg waren habe ich beim Aufräumen einen halben Joint gefunden, der übrig geblieben ist. Das war keine Böswilligkeit und es war okay, denn ich habe nichtmal kurz überlegt, ob ich ihn anzünde, mich zurücklehne und mich dem bekannten warmen Gefühl hingebe. Ich hab ihn einfach entsorgt und das Thema war durch.

Ich bin froh diese Entscheidung nun wirklich getroffen zu haben. Aber es sind lediglich sieben Wochen und erst 2020 macht es Sinn davon zu reden, ob ich frei von der Sucht bin. Aber es ist ein Anfang. Vielleicht kann ich irgendwann wieder mal einen Joint rauche, ohne gleich abzudriften und durchzudrehen. Also durchgehend zu drehen. Ich habe diese Maßlosigkeit geliebt und gefeiert. Heute kommt sie mir sehr merkwürdig vor. 

Ich bin nicht alleine mit diesem Ritus und ich kann nur Jeden raten: denkt darüber nach. Gras ist Gras und kein Teufelszeug, aber wenn ihr in diese Maßlosigkeit geratet macht es einfach keinen Sinn.

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