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Der Königsweg zum Glück.

Ich mag diese ganze Kiffer-Subkultur noch immer. Ich habe mich für einen grasfreien Weg entschieden und das ist für mich auch erstmal gut so. Aber ich bin weit davon entfernt, jedem vom Kiffen abzuraten. Ich will hier ehrlich sein – und dazu gehört es einzugestehen, dass ich tiefergehende emotionale Probleme über Jahre mit mir rumgeschleppt habe, ohne sie anzugehen. Und mit meiner Sucht habe ich die Verdrängung forciert. Ich habe auf morgen verschoben. Heute ist das alles für mich ganz eindeutig und ich habe keine Scham zuzugeben, dass ich belastet war und es auch noch bin. Ich habe mich für sehr stabil gehalten – emotional ausgeglichen und frei. Aber erst eine gescheiterte Beziehung und eine berufliche Unsicherheit, zusammen mit dem Stopp der Zufuhr meiner täglichen Dosis Medical Marihuana, haben die Wahrheit ans Licht gebracht. Ganz langsam und Stück für Stück wurde mir bewusst, dass ich mir etwas vorgemacht habe. Es war nicht das Gras, das mich emotional beschädigt hat – nein es war die Zeit der Verdrängung, die kleine Päckchen in große Lasten verwandelt hat. Unbemerkt in einem stillen Eckchen meines Kopfes. Meine Fresse bin ich froh, dass das letzte Jahr so gelaufen ist wie es eben gelaufen ist. Es hat mir die Augen geöffnet. Ich habe mehr als genug Zeit die Lasten langsam aber sicher abzuladen.

Ich möchte Euch ansprechen, ihr da draußen, die diesen Blog findet in einer Phase in der ich mich befand, als ich ihn startete: Scheiße, mein Leben gerät irgendwie aus den Fugen. Ich war fertig. Nach der ersten kifffreien Woche war ich nicht stolz, sondern völlig down. Desillusioniert. Verwirrt. Ich hatte Angst.

Seid aufmerksam. Unsere Geschichten sind alle unterschiedlich. Unsere Biografien ebenso. Und auch die Gründe, warum wir aufhören wollen zu kiffen variieren. Es gibt ihn nicht, den allgemeingültigen Königsweg für den Weg aus der Sucht. Sucht Euch Vertraute, denen ihr sagen könnt, was Euch belastet. Seid ehrlich zu ihnen und zu Euch selbst. Meist hat die Sucht einen tieferen Grund. Das klingt nach einer ganz schlimmen Floskel, aber es ist wahr. Der tiefere Grund kann auch nur eine kleine Pfütze sein – einmal feste reingetreten und die Welt ist wieder in Ordnung. Oder ist ein tiefer Graben und es muss erst eine Brücke darüber gebaut werden, ohne das man wüsste wie so etwas geht. Scheitern. Neu versuchen. Scheitern. Erfolg. Profis können helfen. Es gibt Menschen, die haben schon viele dieser Brücken gebaut und verfügen über Pläne, Material und Erfahrung. Vertraut Euch an. Vertraut Euch und Eurem Instinkt.

Wenn ich so zurückschaue wusste eigentlich immer, was mit mir los ist. Hätte mich jemand ins Gesicht darauf angesprochen, hätte ich es von mir gewiesen und als lächerlich abgetan. 7 Monate haben viel verändert. Es ist wahr. Und es soll Euch Mut machen. Packt die Scheiße an. Traurigkeit, Wut, Melancholie, Angst – lasst all diese Gefühle zu und hört genau hin. Hinter diesen Emotionen stecken die Probleme und auch die Lösungen. Wie oft bin ich in den ersten Wochen von dieser tiefen Trauer übermannt worden, die mich richtig gelähmt hat. Statt der Wohligkeit, wie nach dem ersten tiefen Zug an an der Tüte  zog eine dichte Wolke aus Traurigkeit durch meinen Kopf. Ganz plötzlich und doppelt so intensiv. Ich fühlte mich schwach, schlecht und nutzlos. Ich war ein kleines Häufchen Elend, von der Freundin verlassen und nahezu pleite. Ich armer kleiner Trottel. Ich hab mich extra klein gemacht. Ich wollte klein sein, zurück in Mamas Schoß. (Dabei muss ich wieder an Siggi Freud denken. Nie hab ich verstanden, was das für eine Theorie sein soll von wegen Mutter heiraten und Vater töten. Heute halte ich den Mann für den Superdenker überhaupt. Aber das nur am Rande.)

Kiffen oder nicht kiffen? Ihr wisst ganz genau, was der richtige Weg für Euch ist. Und wenn der Joint oder die Bong zum Instrument wird und ihr darauf spielt, um die Stimmen Eures Gewissens zu überspielen, dann – ja dann sollte die Antwort auf der Hand liegen. Ich hab so kraftvoll in die Trompete geblasen, dass ich jahrelang gar nichts mehr gehört hab. Ich hatte einen grünen Tinitus.

Kifft, oder hört damit auf. Beides ist der richtige Weg. Kiffen hilft und es schadet. Es ist Medizin und Droge. Freundin und Hure. Problem und Lösung. Ihr wisst alle ganz genau, was richtig für Euch ist. Tut es. Sammelt Kraft und legt los. Ich glaub an Euch. Euer Franzl.

Wie soll ich bloß mit dem Kiffen aufhören?

Sommer 2011. Morgens halb neun, ziemlich verknittert mache ich die Augen auf. Festival, ich liege in meinem Zelt und neben mir sagt mein Kumpel: Ey Franzl, du Freak, heute nacht bin ich zweimal von dem Klicken Deines Feuerzeugs aufgewacht. Ein Bier zum Morgenkaffee gehört auf Festivals allgemein zum guten Ton. Mein Kiffverhalten allerdings war auch in diesem Umfeld eher extrem. Stoned sein war für mich kein Rausch. Ich habe das hier schon oft geschildert, dieses dumpfes Gefühl war für mich eher medizinisch als berauschend. Auch zu Hause wurde es zu einem Ritual den letzten Joint am Abend nur anzurauchen und ihn dann neben dem Bett im Aschenbecher zu bunkern, damitich , wenn ich nachts aufwachte, einfach zugreifen brauchte, um drei vier tiefe Züge zu nehmen und direkt wieder einzuschlafen. Tiefer, komatöser Schlaf war das Ergebnis. Keine Träume und keine Zeit für Reflexion. Diese nächtlichen Joints sind heute für mich der größte Indikator für mein Suchtverhalten. Ich wollte sogar im Schlaf so richtig breit sein, könnte nicht einmal den nächsten Morgen abwarten.

Wie oft habe ich mir geschworen diese Kifferei einzustellen? Wie viele „letzte“ Tüten habe ich wohl geraucht? Und doch habe ich meist schon am nächsten Tag wieder den Dealer angerufen und ein bisschen Gras gekauft. Ich erinnere mich gut an diese Situationen. Ich komme zurück nach Hause, setze mich auf die Couch, packe meine Utensilienkiste wieder hervor und baue. Grinden, bröseln, rollen – und dann der erste Zug. Es knistert und ich lehne mich zurück und lasse die Dumpfheit zu. Der Druck der Selbstkontrolle geht in Dampf auf und wird in die Ungewissheit verschoben. Es war hoffnungslos, die Lage schien ausweglos und die Monate verstrichen. Immer wieder selbst auferlegter Druck und immer wieder Verrat an mir selbst. Ich wollte die Veränderung unbedingt, aber ich war zu schwach, meiner Identität nicht sicher und habe mich mit wirrer Argumentation selbst belogen. Scheiße ja, ich war unbelehrbar, habe die wohlwollenden, kritischen Stimmen aus meinem Umfeld mit Geschwätz abgetan und lapidar geantwortet: Was wollt ihr denn? Ich mache doch meinen Job, halte meine Wohnung sauber, lebe. Nur meinen engsten Freunden, die meist ebenso süchtig waren, habe ich meine wirkliche Lege geschildert.

Zwischen diesen Druckphasen hatte ich auch sehr positive Phasen, in denen es mir gut ging. Ich kiffte und ich schob meine Probleme vor mir her. Doch die Melancholie holte mich immer wieder ein. Ein neuer Versuch, erneutes scheitern – gefolgt von einer neuen Phase des Verdrängens. Das war mein Weg. Stur verfolgte ich diesen Kreislauf. Bis zu dem Tag, an dem ich ausbrach. Ich habe nichts anders gemacht. Wieder habe ich mir einen letzten Joint gebaut und gehofft, dass ich es dieses Mal durchziehe. Und statt am nächsten Tag wieder einen durchzuziehen blieb ich eisern. Ein Tag verging, die Nächte wurden hart und ich viel in ein unfassbar tiefes Loch. Ich war viel zu Hause in dieser Zeit. Die ersten zwei Monate war ich ein Wrack. Schweiß, Träume, die mir meine vergebenen Chance vor Augen hielten und tiefe Trauer bestimmten meine Welt.

Ich startete diesen Blog und begann mich mit meinen Gefühlen, Wünschen und Zielen auseinanderzusetzen. Und rubbeldiekatz ist heute. Ich will Euch Rat geben. Ich wünschte ich ein Rezept für den Ausstieg: einen kleinen Trick, der es einfacher macht aus der Sucht zu flüchten, den Kreislauf zu durchbrechen. Es ist ein Kampf, Euer Kampf. Ich war ein euphorischer, offener Extremkiffer ohne Gefühl für Illegalität, der das Kiffen zum lebensbejahenden Rebellentum deklarierte. Süchtig war ich auch, aber das erkenne ich erst heute. Gestern war ich stur und für morgen muss ich mir noch einen Plan machen. Es gibt kein Allheilmittel, ich kann nicht einmal sagen, wie ich es selbst geschafft habe. Ich habe gekämpft, viele Jahre als Kiffer und jetzt kämpfe ich als Abstinenzler. Ich kämpfe momentan nicht mehr gegen den Rückfall, sondern eher gegen meine Dämonen. Es geht mir sehr gut und ich habe Kraft für die kleinen Hürden des Alltags, blicke nach vorn, sehe Chancen und habe den Mut sie zu ergreifen. Ein Rezept habe ich nicht, aber ich kann Euch Hoffnung anbieten. Der Kampf lohnt sich. Ich habe viel über mich gelernt in dem letzten halben Jahr. Meine Sicht auf die Zukunft ist positiver geworden. Meine Gefühle sind deutlich klarer, in beide Richtungen empfinde ich deutlich bewusster.

Wenn es sich nach Verzicht anfühlt einen Joint nicht zu rauchen, dann kämpft. Verlieren ist keine große Sache. Jede Sekunde wird irgendwo auf der Welt eine kleine Schlacht verloren. Ein Sieg reicht und macht die vielen kleinen Niederlagen vergessen. Ich drücke Euch die Daumen,

Euer Franzl.

Mein neues Leben ohne Dope.

Ein neues Zeitalter. Ein neues Leben. Plötzlich drogenfrei. Naja, abgesehen von Kaffee, Kippen und Kölsch. Gestern hatte ich Besuch von einem alten Kifferkumpel, der sich auch prompt einen Joint bastelte, als er auf meiner Couch Platz nahm. Hast Du einen Tipp für mich? – Ja, weniger Kiffen. Hahaha. Er war so höflich, vorher zu Fragen, ob ich damit Schwierigkeiten hätte. Habe ich nicht. Null. Ich kiffe nicht mehr. Das ist wirklich einfach, aber immernoch komisch. Ich entferne mich immer mehr von diesem Lifestyle und ich vermisse ihn auch nicht.

Mein Leben hat sich deutlich verändert. Ich renne diesem Dope nicht mehr hinterher. Der ewige Rausch, diese ewige Dumpfheit im Kopf wurde abgelöst. Durch ein bisschen mehr Klarheit. Mehr Zeit für Konstruktivität. All die Sorgen, die mich zu Beginn begleitet haben, sind verpufft. Ab und zu flimmern sie schwach und unklar vor meinem inneren Auge, aber richtig fassen kann ich sie schon gar nicht mehr. Die Zukunft ist mir plötzlich viel näher. Greifbar. Noch vor einem halben Jahr war sie dunstig und ungewiss. Jetzt fällt es mir viel leichter konkrete Pläne zu schmieden und darauf hinzuarbeiten. Ich bin den richtigen Weg gegangen.

Aufregung. Das ist ein Gefühl, dass ich richtig lang nicht mehr empfunden habe. Momentan ist beruflich ein Projekt in der Schwebe und ich bin richtig freudig, wuselig angespannt. Das ist großartig und ich glaube das ist mir in der Kifferzeit abgegangen. Ich habe immer Alles einfach hinter mich gebracht. Durchhalten, abhaken, basteln – nicht mehr drüber nachdenken. So war es leicht, schwierige Situation durchzustehen, aber irgendwie habe ich dadurch auch diese freudige Erregung auf und durch die schönen Dinge des Lebens verloren.

Ich habe von Joint zu Joint gelebt.

Dieser Satz aus der Vergangenheit dieses Blogs kommt mir dabei immer wieder in den Sinn. Er beschreibt auch schön die Sucht an sich. Alles dazwischen war mein Leben und trotzdem habe ich immer nur an den nächsten, ruhigen Joint bei mir zu Hause, alleine auf der Couch gedacht. So denke ich zumindest heute über mein Konsumverhalten. Ich war unterwegs, zwischendurch hatte ich auch Spaß, aber so richtig frei und ausgelassen war ich in dieser Zeit wohl nie. Immer stand dieser nächste Joint auf dem Programm. Einfach immer.

Mein neues Leben ohne Dope. Der Titel ist banane. Es ist das gleiche Leben und ich bin immernoch ich. Mein Wesen hat sich nicht verändert. Ich war auch dauerbreit ein ausgeglichener, etwas zu verkopfter, sportlicher und nachdenklicher Typ. Aber eins ist neu: ich habe die Kontrolle wieder übernommen. Die Zukunft fühlt sich nicht mehr so vorherbestimmt an. Ich kann wieder lenken und sollte mal ein Eisberg auftauchen, fahr ich halt drum herum oder schmelz das Ding einfach weg, anstatt mich einfach am Joint festzuhalten und stur abzuwarten bis das Spektakel vorbei ist.

Weiter geht die wilde Fahrt. Ich freu mich richtig auf den weiteren Verlauf dieses verrückten Jahres. Letztes Jahr um diese Zeit war ich richtig down. Jetzt hab ich Bock auf mehr. Tatendrang nennt man das wohl. Ihr da draußen. Das tägliche kiffen zu lassen ist sicher nicht der Königsweg zum Glück, aber wenn ihr häufiger einsam; traurig; melancholisch oder anderweitig trübselig seid: dann legt das Kraut beiseite. Niemand verbietet Euch zu kiffen. Es ist jedes mal eine bewusste Entscheidung für den Rausch und gegen die Kontrolle. Macht eine Pause. Das ist nicht immer leicht. Aber ich behaupte mal dreist, dass es sich immer auszahlt. Werdet stark.

Statusbericht: 6 Monate.

Ein halbes Jahr. BÄM. Ich schreibe aus der Vergangenheit. Heute ist gar nicht heute und ich hab es noch gar nicht geschafft, dieses Ziel. Aber ich werde es erreichen – easy as a shit in the morning. Denn es geht mir gut – mein kifffreies Leben fühlt sich gut an. Es ist leichter geworden. Zeug regeln, weiterkommen, durchatmen, Arbeiten, freundlich sein, ausrasten – alles ist lockerer.

Heute, also Samstag, Stichtag (ich konnte das rekonstruieren – am 19.01.2014 habe ich den letzten Joint geraucht), sitze ich betrunken in Berlin auf einem Hausboot und schippere über die Havel oder ein anderes Berliner Gewässer. Woher soll ich das denn heute wissen, also jetzt, ihr wisst schon. Ich genieße das fantastische Wetter und habe wenig Sorgen. Ist noch genug Bier kalt?

Ich habe diesen Blog gestartet, weil ich meine Sorgen, meine Traurigkeit und meine Ängste teilen wollte. Es hat mir sehr geholfen diese Gedanken hier niederzuschreiben. Diese Themen gehen mir langsam aus. Das ist eine gute Sache. Und jetzt muss ich mir eine neue Ausrichtung ausdenken. Das Thema ist noch nicht auserzählt und vielleicht dreht sich meine momentane Euphorie ja auch noch mal. Jeder soll sein Ding machen und ich hätte mir nie raten lassen mit dem Kiffen aufzuhören. Ich hätte mir nie eingestanden, dass dieser Lifestyle des täglichen High eigentlich betrübt, mich aufhält und bremst. Heute würde ich Jedem Kiffer raten eine Pause zu machen. Eine endgültige Pause. Es geht prima ohne. NAch Traurigkeit kommt Freiheit, kommt Erkenntnis.

Der Sommer tut gut. Jetzt bricht die zweite Hälfte meines ursprünglichen Plans an und ich freue mich drauf. Auf geht’s.

Kiffen gegen die Zeit.

Es ist schon komisch. Zehn Jahre habe ich gekifft. Jetzt bin ich raus aus der Sucht. Ich kämpfe noch, aber es ist schon längst kein harter Fight mehr – eher eine Schulhof-Rauferei, wenn überhaupt.

Wenn schon hart süchtig sein, dann doch am besten nach Gras. Diesen Spruch habe ich mich vor ein paar Tagen sagen hören. Dumm und wahr. Die Lebenserwartungen von Krokodil-Süchtigen liegt bei einem Jahr. Erst fault das Gehirn, dann der Arm ab und dann ist es aus. Rubbeldiekatz ist das Leben zu Ende. Ich lebe noch. Werde irgendwann, bald, Mitte 30 sein, und mich fragen, ob ich dann doch mal eine Familie gründen soll und dann wahrscheinlich auch eine Frau zur Braut machen. Noch beleidige ich die Jungs um mich herum, die Kinderwagen für einen Tausender kaufen und über einen VW Caddy diskutieren müssen.

Habe ich Zeit verloren, weil ich mich von Tag zu Tag kiffte? Oder bin ich am Ende der Gewinner, weil ich zehn Jahre meine Entwicklung verpafft (Entschuldigt mein Liffpeln) habe. Vielleicht bin ich nicht so richtig weitergekommen mit dem Erwachsenwerden, aber irgendwie hab ich die Zeit auch rumgekriegt, hab gelacht und gedacht und mich treiben lassen. Die Zeit ist vergangen, darauf hat eh niemand Einfluss. Hätte, hätte, Fahrradkette – ich doch ein paar Dinge noch dazwischengeschoben. Aber was soll es. Morgen. Dieses Wort ist jetzt ein Tag. Während meiner Kiffzeit hat es mich belastet, dieses Wort. Ich hatte Angst vor meiner eigenen Courage. Jetzt ist es eine Chance. Heute kann ich leben, flirten, saufen, ficken, lachen und zwischendurch auch arbeiten. Morgen kann ich was Neues probieren. 1000 mal kommt das Wort „Traurigkeit“ in meinen ersten Posts vor. Dieses Gefühl ist heute nicht mehr so schwer. Das Leben ist schön und es war schön und es wird schön. In jedem Fall wird es werden und vergehen. Ob ich das gut oder käcki finde, ist dem Leben egal. Und der Zeit sowieso.

Mir hat das Kiffen ohne Grenzen nicht gut getan. Ich bin abgedriftet in die Melancholie. Ich glaube das ist ein relativ verbreitetes Phänomen. Doch ich trage keine Trauer um diese Zeit. Ich war das, Franzl aka. „Erstmal einen drehen!“ Gelebt habe ich in dieser Zeit. Gelernt habe ich auch. Gediehen bin ich. Zu Franzl, der jetzt nicht mehr kiffen darf. Du darfst nicht über rote Ampeln fahren! – Ich geb‘ einen Shice auf Eure Vorschriften. Ich bin Franzl, der Outlaw. Ich will alles dürfen. Verbote stehen mir nicht. Aber auch diese Situation kann ich gut annehmen, heute – in der neuen Zeit. In der alten Zeit war ich bedrückt, tief im Inneren, ohne es wirklich empfinden zu können. Sorgen habe ich natürlich noch immer, aber ich bin nicht mehr bedrückt. Nicht kiffen tut mir gut.

Ich hab keine Zeit. Habt ihr schon mal darüber nachgedacht, wie dumm dieser Satz ist? Ich will ihn nicht mehr aussprechen. Eigentlich ist Zeit das Einzige, was wir wirklich haben/besitzen. Ich will Zeit verprassen, mit vollen Hände raushauen das Zeug.

Statusbericht: 4 Monate

Puffpuffpass

Puffpuffpass

So. Vier Monate sind auch rum. Die Zeit vergeht auf jeden Fall immer schneller. Bei meinem letzten Statusbericht habe ich noch geschrieben, dass ich mich mit dem Wort „Depression“ auseinandergesetzt habe. Ich hatte Angst, dass sich diese Traurigkeit weiter manifestiert und ich abdrifte. In einen Strudel gerate, der mich in einen Abgrund zieht, dem ich nicht entfliehen kann. Das ist ja unter Kiffern kein unbekanntes Phänomen. Und Stimmungsschwankungen gehören wohl einfach zum Entzug dazu. Allerdings kann ich heute, nur einen Monat später, sagen, dass diese Angst erstmal unbegründet war. Diese Woche hatte ich einen Moment, der mich aufatmen lässt: ich setze mich auf die Couch und spürte diesen Rhytmus, der mich seit meiner Abstinez verfolgt. Ich atme tief, beginne mich schlapp zu fühlen und meine Gedanken driften richten Selbstmitleid. In diesem Moment jedoch wurde ich nicht traurig. Ich war klar und mir wurde klar, dass zwar nicht alles wunderbar ist, ich aber auch nicht traurig sein muss. Es fühlte sich einfach nicht mehr so schwer an wie sonst. Ich glaube, ich komme langsam wieder zu Kräften.

Aus kleinen Zielen werden jetzt wieder Größere. Das ist prima. Ich kiffe nicht mehr. Das Vorhaben wandelt sich in einen Status. So langsam verblassen die ganzen Erinnerungen an diese lange Phase des Kiffens. Die vielen Joints und die ganze Lebensweise, die damit einhergeht, verschwinden im Dunst der Vergangenheit. Abstand ist ganz wichtig. Die Zeit vergeht, ob ich nun täglich kiffe, oder nicht. Ich bin nur vier Monate kifffrei und die körperlichen und geistigen Veränderungen sind wirklich marginal. Aber ich gewinne Abstand zu diesem ganzen Zirkus. Ich sehe keine Kiffer mehr. Dabei kann ich gar nicht sagen, ob ich mich bewusst fernhalte, oder es sich einfach so entwickelt hat. Ein guter Freund von mir hat etwa zur gleichen Zeit aufgehört täglich zu kiffen. Er nimmt die ganze Sache etwas lockerer, hat in den vier Monate drei/vier Joints geraucht und überhaupt keine Probleme mit dem Verzicht.  Wir sprechen ab und an über unserer Eindrücke. Das hilft wirklich. Ich merke auch, dass meine Blog-Frequez abnimmt. Das möchte ich eigentlich nicht, aber es vergeht mittlerweile einfach auch mal eine Woche, ohne dass ich mich mit dem Thema auseinandersetze.

Thema Schlaf. Das hat sich immer noch nicht richtig eingependelt. Aber es stellt kein Problem mehr da. Einmal pro Nacht wache ich noch auf, so etwa zur Halbzeit. Und wenn ich keinen Termin hab, bleibe ich unter der Woche gern mal ne Stunde länger liegen. Aber ich denke, dass liegt auch daran, dass ich beruflich momentan nicht wirklich gefordert bin. Ich wünsche mir fast wieder einen blöden 40-Stunden-Job mit Anwesenheitspflicht. Aber das ist eine eigene Geschichte. Finanziell komme ich gut klar. Meine berufliche Situation werde ich ändern, aber ich will erstmal wieder happy und stark werden. Mein Job darf nie die Definition meines Ichs werden.

Aus innerer Freude kommt positive Austrahlung und daraus folgt Glück/Erfolg – je nachdem. Für mich ist es so einfach. Glückliche Menschen erkennen Gelegenheiten einfach besser und haben mehr Kraft sie zu ergreifen und festzuhalten.

Für alle Mitstreiter und Abstinenzler: Haltet durch. Ich dachte meine Welt bricht zusammen. Ich war zu Tode betrübt, im wahrsten Sinne. In dieser Zeit hatte ich Gedanken, die ich gar nicht ausprechen möchte. Ich hielt mein Dasein für sinnlos und dachte mir geht die Kraft verloren weiterzumachen. Ich zweifelte an mir, an allem was ich kann und darstelle. Traurigkeit bestimmte meine Tage und Abende. Einsamkeit erdrückte mich. Hoffnung war nur ein Schimmer. Sucht war Alles. Das Gehirn ist ein fragiles Gebilde, ich hab mich immer für stark gehalten und dennoch hat mir dieser Zustand die Kraft genommen. Bei mir war es eine Trennung, der Bruch mit meinem Vater und die Erkenntnis der Sucht, die kombiniert diesen Zustand ausgelöst haben. Es ist immer ein individuelles Problem, aber ich glaube die Auswirkungen sind immer sehr ähnlich. Ich befinde mich noch immer in dieser Phase der Neuerfindung und ich gebe mir alle Zeit der Welt. Aber ich möchte Euch sagen: die kleinen Erfolge werden kommen und ihr werde sie erkennen und Euch ehrlich darüber freuen. Diese kleinen Momente der ehrlichen Freunde sind wunderbar und sie nehmen mir die Angst vor allem, was noch kommt.

Vier Monate sind für mich heute nur noch eine kleiner Zwischenerfolg und mein Ziel erstmal ein Jahr kifffrei zu bleiben fühl sich schon lange nicht mehr so groß an, wie zu Beginn. Ich erinnere mich noch gut an die Anfangsphase, in der 12 Monate nicht mehr als ein Wunsch waren. An einen Rückfall denke ich schon nicht mehr. Jetzt habe ich andere Ziele und das macht mir Mut. Kiffen und die Sucht bestimmen nicht mehr mein Leben. Ich bestimme.

Ich habe die Sucht noch lange nicht ausgestanden, aber ich bin auf einem Weg. Einem Weg, der mich hoffentlich zu dem Glück führt, das wir uns alle so sehr wünschen. Es geht weiter, ich bleibe meinem Vorsatz treu und das fühlt sich gut an.

Stoned auf der BAB.

Vier Monate kifffrei bin ich heute auf den Tag. Die letzte Woche habe ich hier kein Tagebuch geführt. Mein Status hat sich auch nicht verändert. Schlafen klappt ganz gut. Gedanken an einen Joint habe ich nach wie vor selten und die Stimmungsschwankungen halten sich in Grenzen.

Es ist Montag und ich trinke abwechselnd Kaffee und Red Bull. Das Wochenende war kurz und ich bin müde. Egal. Heute erzähle ich Euch eine kleine Geschichte, die Teil meines Abschiedes vom Dope war. Es war Ende letzen Jahres und ich folgte einer Hochzeitseinladung nach Bayern. 3 Stunden Autofahrt. Ohne mir wirklich etwas dabei zu denken, drehte ich mir zwei kleine Tüten vor und setze mich in meinen alten Automatik-Benz. Auf der Autobahn stellte ich den Tempomat auf 110 und zündete mir den ersten Spliff an und fuhr gemächlich auf der rechten Spur Richtung Süden. Es war schon dunkel, die Autobahn war leer und aus im Autoradio schwappte ein ruhiger Indie-Beat. Ich fahre gern Auto, achte das Rechtsfahrgebot und bin ein gelassener Verkehrsteilnehmer. Roadrage kenne ich nicht, eher wundere ich mich über den Hass, der täglich auf deutschen Straßen herrscht. Während der Fahrt zu kiffen war für mich in dieser Zeit nicht völlig Ordnung, aber irgendwie okay. So richtig stoned wurde ich ja eh nicht mehr. Heute sehe ich die ganze Angelegenheit etwas anders und habe mir geschworen mich nur noch völlig klar ins Auto zu setzen. Ich will dieses Verhalten hier auf keinen Fall verharmlosen, aber ich erzähle die folgenden Ereignisse so, wie sie sich zugetragen haben.

Geschmeidig glitt ich durch Hessen und zündete mir kurz vor der bayrischen Grenze den zweiten Joint an. Der Benz ist mit mehr 300 Tausend Kilometer auf der Uhr und trotz seinem stolzen Alter ein wunderbares Reisemobil. Ich rollte so dahin und hing meinen Gedanken nach. Es war bereits die dritte Hochzeit des Jahres und irgendwie beneidete ich die Jungs, um ihre soliden Partnerschaften und Lebenswandel. Sie heiraten, kaufen Häuser, machen süße Kinder und machen Pärchenurlaub, anstatt mit Rucksack und Oneway-Ticket nach Übersee zu fliegen. Während ich mal wieder ins Selbstmitleid abdriftete bemerkte ich plötzlich einen silbernen 5er im Rückspiegel. Oh shit, die fragen sich wohl grad, was der alte Benz mit dem NRW-Kennzeichen hier macht. Am nächsten Autobahnkreuz überholte der Fünfer mich schließlich und die roten Buchstaben wiesen mich an ihm zu folgen. Ich lüftete also nochmal kurz durch und sammelte mich ein wenig.

„Guten Abend, einmal Führerschein und Fahrzeugpapiere bitte,“ begrüßte mich der bayrische Beamte in Zivil. „Servus, aber natürlich“, antwortete ich freundlich und gab ihm die Papiere. Ich erkundigte mich, warum die Beamten mich denn kontrollieren würden und deutete mit einem Verweis auf mein Outfit (Ordentliche Hose, weißes Hemd und Sakko am Haken im Fond) an, dass ich auf dem Weg zu einer Hochzeit war. Verrückterweise trug der Beamte den gleichen Nachnamen, wie der Bräutigam, verwandt waren die beiden jedoch nicht. Es ginge um eine Routinekontrolle und der Suche nach Drogen. Ob ich denn schon einmal in dieser Sache auffällig geworden sei, fragte er und logischerweise log ich ihn in nettem Ton an. Natürlich sagte ich auch, dass ich weder Drogen bei mir führen würde, noch in letzter Zeit welche konsumiert hätte.

Als kleiner Einschub zwischendurch: Lügen ist nicht strafbar. Ich kenne meine Rechte. Ich bin kein Fan der Polizei, hege aber auch kein Gräuel gegenüber Beamten. Sie sind Teil unseres Rechtsstaates und das ist auch gut so. Ich bin froh, dass ich in Deutschland geboren bin, denn ich genoss bislang gerne alle Privilegien, die unseren Staat ausmachen. Die Autobahnen sind gut, die Krankenversicherung exzellent und ich konnte nahezu kostenfrei studieren, obwohl ich aus einer Arbeiterfamilie komme. Aber das nur am Rande.

Ob ich denn einverstanden wäre ein paar Test zu durchlaufen, um meine Aussagen zu belegen. Aber Klar, Herr Kommissar. Die meisten von Euch kennen den Drill wahrscheinlich aus eigener Erfahrung. Erstmal Pupillencheck: Normale Reaktion. Keine Ahnung, ich hatte nie die typischen Klatschaugen. Als nächstes Augen zu, Finger auf die Nasenspitze. Easy. Auf einem Bein stehen. Ich bin sportlich und auch das war für mich keine unlösbare Aufgabe. Zwei, drei Meter Pisspott erledigte ich mit einem lächeln und freundlichem Smalltalk mit der Kollegin des Beamten. Jetzt kam was Neues: Bitte schließen Sie die Augen und schätzen Sie dreißig Sekunden ab. Augen zu und 21, 22, 23 … Als ich Stopp sagte, blickte die hübsche Blonde und ich auf ihr iPhone und was zeigte das Display. 30,34 Sekunden. Innerlich hob ich die Hand zum imaginären High-Five. Das Ding war gelaufen. Für die Bayern-Cops war klar: der Junge ist okay. Der ist nett und clean. So clean, wie Mutters Küche.

Dürfen wir uns denn in Ihrem Wagen einmal umsehen? Mir war klar, dass das nicht gut gehen würde, aber naja. Das gehört eben zu den Rechten der Polizei. Verneinen würde nur Stress bedeuten, also ließ ich den Beamten suchen. Es dauerte nicht einmal zwei Minuten, da fand er meinen Reisebeutel mit OCBs, Tipps und einem kleinen Döschen Weed. Was haben wir denn hier? Sie sagten doch, dass Sie keine Drogen mit sich führen würden. Immernoch freundlich sagte ich ihm, dass ich meine Rechte kennen würde und wir kamen überein, dass es okay sei davon gebrauch zu machen. Naja, das sei in Bayern nicht in Ordnung sagte er. Sprach von Strafanzeige und „Konfizage“. Ich erklärte ihm, dass ich beabsichtigte das ganze Wochenende in Bayern zu bleiben und es doch nicht gegen das Gesetz sei eine Party mit einem kleinen Joint zu beschließen.

Wir müssten dann jetzt zum Revier und die Anzeige zu Papier bringen. Ich solle den Beamten doch hinterherfahren. Ich konnte es nicht fassen. Ich fuhr den Beamten also hinterher. Die hübsche Blonde kümmerte sich um alles weitere. In Bayern wird man erkennungsdienstlich behandelt, wenn man mit Drogen erwischt wird. Also erstmal Fotos machen: zum Glück hatte ich einen Anzug an. Das müssen wohl die solidesten Fotos eines Gras-Konsumenten in der Geschichte Bayerns sein. Danach digitale Fingerabdrücke. Zum Glück benutzten die zu der Zeit schon keine Tinte mehr. Hätte die älteren Hochzeitsgäste sicher irritiert. Ich führe nebenbei ein sehr nettes Gespräch über die Gesetzeslage rund um Cannabis mit der Bayerin. Ich konnte nicht fassen, dass noch immer niemand meine Pisse oder auch nur meine klebrigen Fingerkuppen nach Gras untersuchen wollte. Ich versuchte also das Bild vom soliden Hochzeitsgast, der nur ein bisschen Kraut dabei hat, zu festigen und offenbar gelang mir das. Denn nachdem der Papierkram erledigt war, wünschten mir die Beamten, dass ich trotz dieser Eskapade die Feier genießen solle. Ich entschuldigte mich für den Papierkram, den ich Ihnen aufbrockte und durfte gehen, fahren, feiern. Unfassbares Glück.

Ich setze mich ins Auto, machte mir erst einmal eine Kippe an. Es war nicht das einzige Mal, dass ich ungeschoren davon gekommen bin. Aber zu der Zeit hatte sich in mir schon etwas verändert. Es war natürlich ein bisschen aufregend, ich hatte die Obrigkeit überlistet. Trotzdem, es musste sich was ändern. Ich konnte die Fete nicht richtig genießen. Es war eine tolle Party voller toller Menschen, die sich ehrlich mit und für ein tolles Paar freuten. Das tat ich auch, aber ich konnte nicht verdrängen, dass mein Leben zwar aufregend war, aber doch auch traurig. Ich war traurig. All die Spannung war doch unnötig. Ich trank ein halbes Helles mit den Jungs und stahl mich irgendwann gegen zwei Uhr morgens davon, um wieder heimzufahren. Mir wurden drei Couchen angeboten, ich habe ein angeregtes Gespräch mit der wunderschönen Portugiesin geführt, die ich immer nur auf Hochzeiten und anderen Events dieser Bayerntruppe sehe und dennoch fühlte ich mich beschissen.

Ich setzte mich also wieder in den Benz und fuhr die drei Stunden zurück. Das Gras hatten mir die Cops ja genommen und so hatte ich nichtmal Sorge, dass ich irgendwie illegal unterwegs war. Dabei war der letzte Joint ja erst sechs, sieben Stunden her. Ich hatte wahrscheinlich zehn Jahre ständig aktives THC im Blut. Zu Hause angekommen, dreht ich mir erstmal eine fette Tüte und legte mich mit ihr ins Bett. Mary und ich, wir waren kein Paar, dem andere zu ihrem Glück gratulierten, auf das sie neidisch schielten und bewunderten. Wir waren ein trauriges Paar. Es war höchste Zeit für eine Trennung. Heute bin ich nicht froh, dass ich damals nicht von den Cops gefickt wurde, sondern, dass ich Mary dann irgendwann endlich den Laufpass gab.

Was ist die Moral von dieser Geschichte? Kein Plan. Ich kiffe nicht mehr. Ich habe mich von einer Sucht befreit, die mein Leben bestimmte. So sehr, dass ich nicht einmal für eine Autofahrt zu einer Hochzeitsfeier klar bleiben wollte. Bekifft sein war einfacher, als mich damit auseinanderzusetzen, dass ich traurig über den Ausgang meiner letzten Partnerschaft war. Das ist alles Westentaschen-Psychologie, aber ist dennoch irgendwie logisch. Ich kiffte, um einfache Zusammenhänge zu verdrängen und das machte mich zum Süchtling. Jetzt bin ich clean und nur ganz langsam kann ich diese ganzen kleinen Zusammenhänge aufdröseln. Vier Monate bin ich jetzt dabei, in kleinen Schritten wieder zu einem glücklichen Franzl zu werden.

Weiter geht’s! Bleibt dran und bleibt sauber.

 

Gemeinsamkeiten. Glück. Und Shit.

Fuck, heute habe ich mal wieder einen gemischten Tag. Ich hab mich extra in Schale geworfen heute: neue Schuhe helfen mir ungemein mich wohler zu fühlen. Trotzdem hatte ich heute Mittag einen üblen Durchhänger und musste mal zwanzig Minuten die Augen zu machen. So langsam schlafe ich besser, aber meist montags mittags überfällt mich regelmäßig eine nervende Schlaffheit. Ich fühle mich dann körperlich ausgezerrt, zittere leicht und mache mir große Sorgen um meine Konstitution. An Konzentration ist nicht zu denken. Nach einer Stunde und einem ekligen Mittagessen ging es dann wieder.

Jetzt ist es vier und ich habe meine Pflicht-ToDos für heute abgehakt. Die Bonus-ToDos auf meiner Liste verschiebe ich mal getrost auf wannauchimmer. Grund für diesen Eintrag ist ein Bericht, den ich heute mittag während meiner Mattheit gelesen habe. Es war ein Forum-Thread eines promovierten Wissenschaftlers, der mit 45 Jahren seine Kiff-Sucht erkannt hat und vier Monate Tagebuch über seinen Entzug geschrieben hat. Erst mit 45 Jahren hat er entdeckt, dass er wirklich süchtig ist. Er beschreibt in seinen Beiträgen, wie er den Kampf angenommen hat und man erkennt über einen Zeitraum von vier Monaten genau, wie sich seine Einstellung verändert. Er entfernt sich immer mehr von dem Glauben an eine harmlose Gewohnheit hin zu einer Überzeugung, dass Cannabis Auslöser vieler verdrängter Probleme ist. Sehr spannend. Wer sich dafür interessiert, kann die Texte hier nachlesen. Der Thread endet abrupt im Januar 2010. Simon, ich hoffe es geht Dir gut und Du bist stark geblieben. Falls Du zufällig auf diesen Blog stößt, melde Dich mal kurz. Gerade in dieser Geschichte habe ich viele Parallelen zu meiner eigenen entdeckt. Erst nach mehr als drei Monaten entdeckt er seine Traurigkeit, so ging es mir auch. Leider endet die Geschichte auch zu dieser Zeit. Naja, ich schreibe nun meine auf und hoffe weiterhin Menschen zu inspirieren sich mit Ihrer Sucht auseinanderzusetzen. Mir hilft es ungemein von Erfahrungen zu lesen und meine eigenen aufzuschreiben.

Ich habe mittlerweile viele dieser Forenbeiträge gelesen und bin immer wieder erstaunt über die Gemeinsamkeiten, die uns Abstinenzler verbinden.

1. Schlafen und Träume

Es beginnt mit Schlafstörungen, die mal nach einer Woche vorbei sind oder sich auch mal Monate lang ziehen. Einschlafen ist bei den meisten schnell kein Problem mehr. Durchschlafen können wohl nur die wenigsten in dieser Phase. Ich habe ja bereits beschrieben, dass ich oft nachts aufgestanden bin, um im Wohnzimmer eine Kippe zu rauchen. Und das oft mehrfach. Das mache ich übrigens noch immer, aber meist nur noch einmal pro Nacht.

In dieser Zeit kommen dann auch die Träume wieder und mit Ihnen die Auseinandersetzung mit der eigenen Gedankenwelt. Wirre Träume, Albträume und Träume in denen die Abstinenz gebrochen wird wechseln sich ab. Diese Phase geht zu Ende, wann scheint individuell verschieden.

2. Traurigkeit und die Frage nach der eigenen Identität

Ist die erste Phase überwunden, kommt oft die Frage nach der eigenen Identität und Reue. Ich frage mich seit Wochen, warum ich so lange am Gras festgehalten habe. Ich habe viele schöne Erinnerungen aus dieser Zeit, aber die hätte ich natürlich auch, wenn ich nicht dauerstoned durch die Welt gelaufen wäre. Das Gefühl, so viel verpasst zu haben und mich nicht wirklich weiterentwickelt zu haben wurde immer stärker. All das führte zu einer tiefen Traurigkeit. Selbstmitleid hat mich oft geplagt. Ich armer Franzl. Warum habe ich es so schwer?

3. Wendung der eigenen Argumentation

Einhergehend mit der Reflexion des Selbst kommt meist auch ein Turnaround in der Argumentation. Der Glaube an die Harmlosigkeit von Gras schwindet und weicht der Erkenntnis, dass der langjährige Konsum doch Spuren hinterlassen hat. Ich bin immernoch der Meinung, dass Cannabis eine eher weiche Droge ist, aber ich rate jedem zur Vorsicht. Sucht ist übel und es ist ein langer und harter Prozess sich davon zu lösen. Es gibt sie, die Genuss-Kiffer. Aber auf jeden verantwortungsbewussten Kiffer kommen sicher 10 Süchtlinge, wie ich es bin.

Wie oft ich schon gesagt habe: Morgen ist Schluss und trotzdem habe ich mir tags drauf ein neues Paket Verdrängungskraut besorgt und den Verzicht auf wannauchimmer verschoben. Es geht mir noch schwer über die Tasten, aber ich glaube: nur komplette Abstinenz funktioniert für mich. Fuck. Werde ich nie wieder kiffen? So soll es sein!

4. Erkenntnis

Wie gesagt, ich habe mittlerweile viele Geschichte gelesen. Darunter Kids, die sich schon mit 15 alle Perspektiven verkifft haben. Sich den Schulabschluss verbaut haben, die erste Liebe verpassten und mit Anfang 20 sehr verzweifelt den Ausstieg versuchen. Viele Geschichten sind darunter gewesen, die sehr meiner eigenen gleichen. Jungs oder Mädels, die relativ spät anfingen und nach jahrelangem Konsum plötzlich merken, dass sie süchtig sind, Probleme haben und irgendwie traurig sind. Oder eben Erwachsene, die nach mehr als 20 Jahren die Erkenntnis überfällt, dass ihr Leben so irgendwie nicht funktioniert. Eins verbindet uns alle: eben diese Erkenntnis, dass wir ein bisschen aus der Spur geraten sind. Dabei spielen Alter, Geschlecht und Erfolg offenbar keine Rolle.

5. ? 

Ich weiß nicht, was jetzt noch kommt. Ich bin froh, nicht stolz, dass ich soweit gekommen bin und werde weitermachen.

Life is a bitch. Wir alle haben Tagträume und Erwartungen an unser eigenes Dasein, die meist nicht erfüllbar sind. Heute finde ich das okay. Ich bin bescheidener und realistischer geworden. Träume sind schön, aber die Erkenntnis, dass das Leben eben auch mal Scheiße ist darf uns nicht betrüben. Meine Reise durch Asien hat mir sehr die Augen geöffnet. Ich habe viele Vorteile genossen, allein dadurch, dass ich in Deutschland aufgewachsen sind. Viele Probleme, die viele Menschen auf der Welt jeden Tag erleben, habe ich nie kennenlernen müssen.

Auf der anderen Seite steht folgender Satz: Jemandem zu sagen, dass er nicht traurig sein soll, weil es viele Menschen auf der Welt schlechter haben ist genauso, als würde man argumentieren: du kannst auch nicht Glücklich sein, weil es viele Menschen besser haben.

Probleme und Traurigkeit sind real, egal welche Ausprägung sie haben. Meine Traurigkeit ist real. Ich kann sie nicht einfach abschalten. Trotzdem ist sie nicht unheilbar. Ich nehme mir viele Dinge vor. Einige Punkte auf dieser ToDo-Liste werde ich irgendwann abhaken können. Andere nicht. Shice drauf. Dann soll es eben nicht sein. Ich muss weiter nach meinem persönlichen Glück suchen.

An dieser Stelle mal was persönliches: Ich wünsche Euch allen von Herzen alles Gute. Kämpft Euren Kampf. Ich hoffe ihr findet, wonach ihr sucht. Ohne Sucht. Findet Glück und friede mit Euch selbst. Und Danke. Danke für Euer Feedback. Danke, dass ihr Eure Gedanken mit mir teilt. Danke.

Franzl, der Kiffer!

Wer bin ich eigentlich? Ich hatte immer ein klares Selbstverständnis. Als Kiffer war ich offen, hatte keine Schwierigkeit mit großen Gruppen. Habe ungehemmt fremde Leute angesprochen und stand oft im Mittelpunkt der Gruppe. Die letzten zehn Jahre war ich überall einfach der Kiffer. Der lustige Typ, der immer eine Idee im Kopf hat und halt zu jeder Gelegenheit seinen Utensilienbeutel rausholt und einen dreht.

Es gab wirklich keine Aktivität, die ohne Kiffen auskam. Vor dem Kino wurde selbstverständlich einer geraucht. Selbst im Kino habe ich schon gekifft. Auf Konzerten habe ich immer gekifft. Mitten in der Menge: wen stört das schon. Wer freundlich guckte, mit dem teilte ich den J auch immer gern. Ich kann mich an ein Fanta 4 Konzert erinnern. Vor der Halle in Halle fragte ich jemanden nach einem Blättchen. Meine waren schon aus. Und was passiert? Er machte eine Kippenpackung auf. Darin waren statt Kippen zehn Vorgedrehte und er bot mir einen an. Kiffer sind doch alle homies dachte ich damals und genoss den geschenkten Joint.

Ich war nie ein „Gamer“. Doch auf GTA Online bin ich mit meinen Kifferjungs eine zeitlang richtig hängengeblieben. Wir haben den ganzen Sonntag damit verbracht in Liberty City abzuhängen. An diesen Sonntagen habe ich oft mehr als zehn Tüten mehr oder weniger am Stück geraucht. Die ganze Zockerei war nur einen Rahmenprogramm für den sonntäglichen Kiffmarathon.

Jede Aktivität war nur „richtig“, wenn zwischendurch Zeit für einen Tüte war. Selbst als ich einmal mit dem Rad von Frankfurt nach Köln gefahren bin, zwei Tage à 120 Kilometer am Rhein entlang. Selbst auf dieser wunderbaren Tour habe ich unterwegs halt gemacht und gemütlich gekifft. Skiurlaube waren Kiffexzesse. Schon im Auto auf der Hinfahrt haben wir mehrere Tüten geraucht. Selbst im Sessellift habe ich gebastelt. Basketball im Sommer auf dem Freiplatz: klar kiffe ich zwischendurch einen. Besser gespielt habe ich dadurch sicher nicht.

Mein Leben bewegte sich von Joint zu Joint. Und ich merkte dabei überhaupt nicht, dass es sich im Kreis drehte. Ich habe mich keinen Millimeter weiterentwickelt. Unfassbar. Heute, nach drei Monate Abstinenz und intensiver Auseinandersetzung mit meinen Schwächen und Ängsten habe ich das Gefühl kein Selbstbewusstsein mehr zu haben. All diese oben beschriebenen Aktionen habe ich mit einem Lächeln auf dem Gesicht erlebt – mich gut und sicher dabei gefühlt.  Ich fühlte mich stets ein bisschen erhaben. Vom „gewöhnlichen Pöbel“ abgehoben. Sollten sie doch ihr steriles Leben führen.

Jetzt fühle ich mich schwach und allein. Traurigkeit bestimmt mich. Sie nimmt mich auch körperlich ein, ich fühle mich schwach und klein. Ich versuche meinen Körper zu kräftigen. Gesund zu essen. Viel Sport zu treiben. Ich bin ein starker 30-jähriger, doch ein Mann bin ich noch nicht. Die vielen Joints habe ich mich in meiner Entwicklung behindert, soviel ist klar. Ich bin finde mich auf einem Scheideweg, möchte nicht in Melancholie versinken, sondern wieder beginnen zu leben. Jetzt einen Joint zu rauchen, würde diese Traurigkeit manifestieren. Ich bleibe clean, aber ich muss einen Weg heraus finden. Ich muss mich neu erfinden. Nur: wer will ich sein? Ich weiß es noch nicht.

 

High and Low.

Gestern hatte ich einen Moment, den ich für wichtig halte. Die Nacht war kacke und ich hatte morges gleich einen unangenehmen Zahnarzttermin. Danch war ich ein bisschen dizzy von der Betäubung und wollte eigentlich nur noch ins Bett und mich unter der Decke verkriechen. Nicht weil die Sache beim Zahnarzt so schlimm war, sondern weil ich mich einfach beschissen fühlte. Das passiert häufiger. Ich möchte an der Stelle nicht von Depression sprechen, eher Melancholie. „Das Leben ist doof, ich schaffe das alles nicht, warum nur!?“ Ich bin sicher, mit diesen Gedanken bin ich nicht allein. Noch auf dem Stuhl beim Doc hab ich dran gedacht ins „Türkische Coffee Café“ zu fahren, mir einen Zwacki zu holen und einfach einen dicken J zu basteln, um…

Und genau hier kam der wichtige Gedanke. Ja, warum eigentlich? Um diese Traurigkeit zu manifestieren und gleichzeitig auszublenden. Das habe ich immer so gemacht in diesen Situationen. Dieses High und Low. Klar, die Dichtheit verdrängt die Klarheit der Traurigkeit und die Gedanken sind nicht mehr so erdrückend, aber warum sollte ich es dann tun. Ein bisschen Ruhe, oder frische Luft und die Auseinandersetzung damit sind die viel bessere Lösung. Nachmittags hatte ich einen beruflichen Termin, der Positivität zurück gebracht hat. Daraus könnte sich was entwickeln. Wir werden sehen.

Ich fühle mich momentan sehr oft so verdammt kraftlos. Aber das bin ich gar nicht. Es fühlt sich nur so an. Und Dichtheit hilft kein Stück. Es lindert, aber das auch nur kurzzeitig und ist definitiv die falsche Lösung. Gerade in diesem Moment läuft ein Song im Radio: Gotye mit Somebody that i used to know. Und darin die wirklich bezeichnende und wahre Zeite:

„You can get addicted to a certain kind of sadness!“

Sucht. Es wird für mich immer deutlicher: Es geht gar nicht um die Droge selbst, es geht um diese Traurigkeit. Vielleicht geht es nur mir so, aber ich denke, dass gerade Jungs um die 30 die Sinnlosigkeit des Alltags verwirrt. Ich möchte eine Familie, aber doch jetzt nicht. Ich baue noch kein Haus. Ich finde doch gerade erst meinen Platz auf dieser Welt. Klar habe ich durch die Kifferei viel verpasst, aber dennoch habe ich mein Umfeld beobachtet und nur die wenigsten Gleichaltrigen sind gefestigte Erwachsene.

Kein J gegen die Traurigkeit. Ich bin nichtmal bei 8 Wochen Abstinenz und diese Stimmungsschwankungen werden mich wohl noch einige Zeit begleiten, aber das ist okay. Ich habe was zu tun und ich bin gesund. Alles wird gut.

Fühlt Euch gedrückt, Franzl.

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